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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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könnte jetzt mit einem beleidigten »Wann denn?« kontern, tut sie aber nicht. Ihre Mutter hätte sofort ein schlechtes Gewissen.
    »Ich habe mich mit der Weimarer Republik im Allgemeinen und der Naivität der Menschen im Besonderen befasst. Glaub mir, das willst du nicht hören.«
    Sonja Kessler grinst, ist beruhigt. »Wahrscheinlich nicht.«
    Natürlich hat Zoe gelogen. Die Mathehausaufgaben hat sie längst. Sie fängt wieder an ihr Zimmer aufzuräumen, das eigentlich schon ordentlich war. Sie schiebt Bücherstapel über den Schreibtisch, ordnet Hefte neu, platziert den Laptop um. Am liebsten würde sie jetzt raus, sich Johnny schnappen und ihn wieder ins Gartenhaus sperren. Sie würde durchs Fenster zuschauen, was er macht.
    Ob er sich vor die Tür legt, um gleich zu entwischen, wenn die aufgeht?
    Ob er sich ängstlich unter der Bank versteckt mit eingezogenem Schwanz?
    Ob er an der Tür kratzt, um sich selber zu befreien?
    Sie war lange nicht mehr so erschrocken über ihre Gedanken. An die meisten hat sie sich im Laufe der Jahre gewöhnt. Die Heftigkeit, mit der sie ihre bösen Ideen überfallen, ist neu.
    Sie fährt den Rechner hoch. Sie muss jetzt etwas tun. Als sie sich im Chat anmeldet, wird sie von Kim gleich stürmisch begrüßt.
    Da bist du ja , schreibt sie.
    Stimmt. Da bin ich. Was geht?
    Hier geht nichts. Saskia und ich schreiben an unserem Referat, aber irgendwie kommen wir nicht weiter.
    Ihr schreibt am Referat? Komisch, ich hatte gerade den Eindruck, ihr chattet , schreibt Zoe zurück und hängt schnell noch einen Smiley dran.
    Wir haben einfach gehofft, dass wir hier irgendjemanden finden, der uns weiterhelfen kann , erklärt Kim.
    Klar, der Chatroom hier heißt ja auch Weimarer-Fans.
    Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir dich hier treffen.
    Aha.
    Wir brauchen nur ein paar Tipps. Da wären wir schon super dankbar.
    Was ist denn euer Thema und was habt ihr schon?
    Nachdem die beiden das berichtet haben, überlegt Zoe kurz. Passt auf, ich schicke euch was. Wird aber ein bisschen dauern. Dafür habe ich was bei euch gut.
    Müssen wir dafür dein Zimmer putzen? Oder willst du eine Woche jeden Tag ein Eis?
    Weder noch. Vielleicht brauche ich irgendwann mal eine kleine Ausrede. So was wie ein Alibi. Das müsstet ihr mir dann geben.
    Es kommt nichts.
    Zoe ahnt, wie Saskia und Kim jetzt diskutieren. Was denn wohl dahinter steckt, was das soll? Doch beiden fällt kein einziger Grund ein abzulehnen. Dafür ist ihre Notlage zu groß.
    Perfekt. Danke , schreibt Kim endlich und Zoe stürzt sich ins Internet. Fast zwei Stunden recherchiert sie, findet immer neue Quellen, kopiert alles in ein Dokument. Als sie endlich fertig ist, hat sie fünf Seiten zusammen.
    Sie schickt es Kim mit dem Kommentar: Bitte formuliert wenigstens ein ganz kleines bisschen um .
    Sofort kommt Du bist ein Schatz. Küsschen zurück.
    Zoe fühlt sich müde. Doch in ihrem Kopf ist immer noch keine Ruhe. Sie schiebt sich die Ohrstöpsel rein, versucht die Gedanken mit Bässen zu verjagen. Doch dieses Kribbeln bleibt. Wie ein Jucken unter der Schädeldecke.
    Als sie an der Wohnzimmertür vorbeikommt, hält ihre Mutter gerade die zweite Version des bereits gehörten Monologs. Immerhin ist ihr Mann ein besserer Zuhörer als Zoe. Er streut verständnisvolle Laute ein, nickt interessiert. Zoe geht weiter in den Keller, steigt aufs Fitnessrad. Fünfundvierzig Minuten später ist sie klatschnass, sie wackelt leicht, als sie absteigt. Ihren Beinen ist vom Trampeln schon ganz schwindelig. Nach einer heiß-eiskalten Dusche hat sie das Gefühl, wieder Herr im eigenen Körper, im eigenen Kopf zu sein. Sie hat Carl ausgeschwitzt, abgewaschen.
    Vorerst zumindest.

Ein Date?
    D ie anderen klopfen anerkennend mit den Händen auf die Tische. Carl zwinkert Zoe zu. Die Trumm kommt auf die beiden zu mit einem faszinierten Gesichtsausdruck. Als hätte ihr gerade jemand gesagt: ›Grau steht Ihnen wirklich sehr gut.‹ Es ist einfach super gelaufen. Zoe und Carl hatten sich – auf Carls ausdrücklichen Wunsch – schon um sieben auf dem unteren Schulhof getroffen, um einen Probelauf des Referats zu halten. Nach der Generalprobe war Zoe so aufgeregt wie noch nie vor einem Referat gewesen. Dieser Kacktyp machte einen Aufstand als ginge es hier um einen Doktortitel. Jetzt lächelt Zoe kurz Carl an, schnappt sich ihre Zettel und geht zu ihrem Platz.
    »Ihr seid echt ein gutes Team«, sagt Saskia und Zoe weiß nicht, ob sie das höhnisch meint. Direkt danach sind

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