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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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Platz.
    Die Bemerkung frisst sich durch Zoe. Sie ist sich eigentlich sicher. Der Spruch war einer der blöden Sprüche von Julian. Oder einer der üblen Scherze von Carl. Eine seiner Provokationen.
    Sie ist sich fast sicher.
    Vielleicht aber hat Julian das wirklich gesagt. Der Gedanke bohrt sich wie eine ganz feine, ganz spitze Nadel in ihren Kopf.
    Alle wissen, dass sie miteinander befreundet sind.
    Viele haben das schon mit doofen Bemerkungen kommentiert.
    Hat Julian sich vielleicht wirklich irgendwann gebrüstet? Hat er behauptet, er habe sie rumgekriegt? Sie flachgelegt? Hat Julian es nötig, so eine Bums-Geschichte zu erzählen?
    Und wenn ja: Wie kann er erklären, dass sie kein Paar sind? Klar. Nur, indem er sagt, er wolle sie nicht. Weil sie so eine Niete sei. Ein Sitzsack.
    Sie guckt zu Julian rüber. Hält sich mit beiden Händen am Stuhl fest. Am liebsten würde sie genau jetzt gerne aufstehen, zu ihm gehen, sich sehr nah vor ihn hinstellen und ihn fragen: Du findest also, dass Sex mit mir so spannend ist wie mit einem Sitzsack? Woher weißt du das? Wie oft hast du denn deinen Sitzsack schon gevögelt? Legst du dazu auch eine CD mit heißem Gestöhne auf? Darf der Sack auch mal oben liegen oder hast du Angst dann zu ersticken? Und wie kriegst du hinterher die Flecken wieder raus? Rubbelst du mit der Hand? Das passt ja.
    »Zoe, kommst du bitte nach vorne.«
    Sie starrt den Berg an. Was will er? Was soll sie machen? Sie sieht, dass der Mathelehrer ihr erwartungsvoll ein Stück Kreide hinhält. Langsam erhebt sie sich von ihrem Stuhl, geht nach vorne. Die Finger tun ihr weh, so fest hatte sie sich an ihren Stuhl gekrallt. An der Tafel stehen Zahlen. Zoe hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass der Unterricht schon angefangen hat. Geschweige denn, um was es gerade konkret geht.
    »Zoe? Alles in Ordnung? Ich habe dich gebeten, das vorzurechnen.« Der Berg klingt überrascht. Das müsste doch ein Leichtes für Zoe sein.
    Die Zahlen verschwimmen vor ihren Augen. Nicht, weil da Tränen drin sind. Die Wut flackert in ihr. Sie wischt sich mit der Hand kurz übers Gesicht, versucht, die Zahlen zu verstehen. Es scheint um Potenzen zu gehen.
    Um Potenz. Ihr wird leicht übel. Der Gedanke an Julian ist wieder da.
    »Zoe?« Der Berg geht einen Schritt auf sie zu.
    »Mir ist schwindelig. Kann ich kurz rausgehen?«
    Der Lehrer nickt kurz, guckt ihr besorgt nach. »Soll jemand mitkommen?«, fragt er, als sie in der Tür ist.
    »Geht schon«, flüstert sie und verschwindet schnell.
    Auf der Toilette trinkt sie gierig kaltes Wasser. Sie muss einen klaren Kopf bekommen. Sie muss Carls Stimme aus ihren Ohren bekommen. Sie muss jegliches Gefühl zur Seite schieben, kühl analysieren.
    Sie kann und will sich nicht vorstellen, dass Julian das wirklich gesagt hat. Aber Zoe traut niemandem. Noch nicht mal sich selber. Es hat längst geklingelt und sie hält sich immer noch am Waschbecken fest. Als die Tür aufgeht und Kim reinkommt, freut Zoe sich kurz. Die Freundin hat sie wohl gesucht. Vielleicht kann sie sogar mit Kim darüber reden. Den blöden Streit vergessen. Doch sie sieht sofort, dass Kim sie nicht gesucht hat, eher überrascht ist, Zoe hier zu treffen. Kim geht wortlos weiter, schließt sich in einer Kabine ein. Zoe hört sie pinkeln.
    Zoe geht raus, setzt sich wieder auf ihren Platz, holt das Deutschbuch aus der Tasche. Den Vormittag überstehen. Das ist jetzt das oberste Ziel. Sie schafft es irgendwie, ist am Mittag völlig erschöpft davon, die ganze Zeit über niemanden angeguckt zu haben.
    Nicht Kim, nicht Saskia. Nicht Carl. Erst recht nicht Julian. Sie hat auf ihre Bücher geguckt, die Haare rechts und links wie einen Vorhang nach unten fallen lassen. In letzter Zeit trägt sie die Haare immer offen. Es nervt sie ein bisschen.
    Aber sie weiß, dass Carl das gut findet. Jetzt merkt sie, dass sie auf diese Weise auch ein gutes Versteck hat.
    Zuhause setzt sie sich an den Schreibtisch. Macht eine Liste.
    1 . Ich glaube Carl nicht. Ist Schwachsinn. Julian ist und bleibt mein Freund.
    2 . Ich glaube Carl und stelle Julian zur Rede.
    3 . Ich glaube Carl und ignoriere Julian ab sofort.
    Sie starrt auf ihre Möglichkeiten. Eigentlich glaubt sie Carl nicht. Eigentlich. Und dieses »Eigentlich« zerstört ihre Freundschaft zu Julian. Sie weiß, dass sie diesen Funken Misstrauen niemals ersticken kann. Aber wenn sie also Carl glaubt, kann sie Julian dann zur Rede stellen? Was wird er sagen? Dass es stimmt? Wenn er einmal so

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