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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Drogenstrich …« Jagmetti ratterte eine ganze Liste mit Namen herunter. »Und ich hab gedacht, in Zürich gibt’s nur Banken. Die Hacken hab ich mir abgelaufen, also ehrlich!«
    »In Bern waren es ein paar weniger«, erwiderte Lenz trocken.
    »Die meisten haben mit den Namen eh nichts anfangen können oder sie versteckten sich hinter dem Datenschutz. Und beim Treffpunkt Züri hab ich vor verschlossenen Türen gestanden. Stell dir vor, die haben zugesperrt, vor einer Woche oder so. Das hat mir dieser Typ erzählt …« Jagmetti sah in seinen Notizen nach: »Joel Crisovan hieß der, ein dickgesichtiger Geistlicher … der ist mir zufälligerweise über den Weg gelaufen. Von der Mission St. Martin, hat er gesagt. Die führen jetzt das Ganze.«
    »Und die Alten?«, wollte Lenz wissen. »Diejenigen, die das früher gemacht haben. Wo sind die?«
    »Das hab ich auch gefragt. Aber er wusste es nicht. Hat nur gemeint, dass jetzt alles renoviert und dann dieser Mission übergeben würde … von neuen Ufern hat er geredet. Ich bin dann gleich mit ihm rein.« Wieder sah er in sein Notizbuch. »Das war an der Selnaustrasse, dort gleich beim Lauschuli’s Karaoke Bistro. So heruntergekommen sah die Bude gar nicht aus. Trotzdem, es war kaum noch was da. Nur ein paar Stühle und Tische. Wie bei meiner Großmutter, nachdem sie gestorben war und die Leute vom Trödelmarkt fast alles abgeholt hatten.«
    »Das ist allerdings interessant.« Lenz nickte bedächtig. Innerhalb einer Woche sollte der Treffpunkt wieder eröffnet werden. Ein Haufen in Leder gebundene Bibeln hatte im Büro gelegen. »Als ich ihn gefragt habe, ob er es denn richtig findet, dass man bei minus achtzehn Grad den Laden dichtmacht, hat er tatsächlich geantwortet, Jesus würde auch mir den Weg noch zeigen. Also ehrlich, mich hat’s gefroren.«
    Während der nächsten zwei Stunden versuchten sie sich von der Lage ein Bild zu machen. Der Alte hatte einen großen Pappkarton an die Wand genagelt und notierte mit farbigen Filzstiften darauf, was sie herausgefunden hatten.
    Für sieben von den achtzehn Namen auf der Liste hatten sie eine heiße Spur. Es war im Wesentlichen Pfarrer Sieber zu verdanken, dass sie überhaupt so weit gekommen waren. Sieber, der sich mit einer privaten Stiftung seit Jahren um die Bedürftigen der Stadt kümmerte, war auch der Grund gewesen, weshalb sich Jagmetti verspätet hatte. Nachdem der Polizist die städtischen Häuser durchhatte, war ihm die Idee gekommen, den Pfuusbus des Pfarrers aufzusuchen. Zum Glück.
    »Der bärtige Alte hat Hochkonjunktur. Seine zwei ausrangierten Campingbusse und die Holzbaracke, die er auf einem leer stehenden Gelände bei Albisrieden betreibt, quellen über. Der ist völlig verzweifelt, sag ich dir … weiß gar nicht, wo er mit allen hinsoll.« Jagmetti machte ein nachdenkliches Gesicht. »Das ist mir unter die Haut gegangen. Wenn du siehst, wie sich der Achtzigjährige für die ganzen Leute aufopfert. Ich bin mir ziemlich nutzlos vorgekommen, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Ich kann dir’s gut nachfühlen«, sagte Lenz. »Wenn man so nah draufhockt und einem die Leute in die Augen schauen, dann sieht alles anders aus.«
    »Genau. Jedenfalls habe ich lange warten müssen, bis sich der Pfarrer die Zeit genommen und sich die Sache mit der Liste und den Namen angehört hat. Aber es hat sich gelohnt. Er kennt die Leute, die mit nichts in der Tasche auf der Straße leben. Wenn er von ihnen spricht, ist es, als spräche ein Schäfer über seine Herde. Sein wilder Bart, die weißen Haare, die ihm an der Stirn kleben, und dann dieser lange Mantel aus Lammfell … also ich hatte den Eindruck, dass er diesen Vergleich geradezu provozieren will.«
    Jagmetti hatte alles in sein Notizbuch geschrieben und zusammen mit Lenz versuchte er nun, die Details in ein größeres Ganzes zu stellen.
    »Fassen wir zusammen«, sagte der Alte. »Die fünf Namen von Sieber, die zwei Personen, auf die Eschenbach gestoßen ist, und der alte Mann, den ich in Bern ausfindig gemacht habe … Wir wissen nun, dass hinter den Namen auf der Liste real existierende Menschen stehen.«
    »Und dass sie tot sind, das wissen wir auch«, sagte Jagmetti.
    »Nicht in allen Fällen. Nur dort, wo wir eine Leiche haben. Aber es dürfte kein Hexenwerk sein, die restlichen Personen abzuklären.«

    Jagmetti nickte.
    »Wir haben Jung und Alt, Frauen, Männer … alle Klassen, alle Kategorien.« Lenz zupfte an seinem Schnurrbart. »Und doch muss

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