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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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in den Bäumen hocken, um einem von uns was anzutun.« Damit sprang er auf, rannte zu Lenz, warf sich neben ihn und spähte vorsichtig über die Motorhaube. »Komm!«, forderte er seinen Kollegen auf, öffnete die Fahrertür des Wagens und sprang hinein. Lenz hätte gerne darauf hingewiesen, dass er eigentlich schon im Urlaub war, doch er wusste, dass jetzt nicht der richtige Augenblick für Scherze war. Deshalb folgte er Hain, öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite und ließ sich auf die Rückbank fallen. In der Ferne heulte ein Motor auf. Der Oberkommissar startete mit eingezogenem Kopf den Wagen, presste den Wahlhebel der Automatik auf D und gab Gas.
    »Hast du irgendeine Ahnung, wo du hinwillst ?«, brüllte Lenz von hinten in den Krach des hochdrehenden Motors.
    »Was weiß ich?«, schrie Hain zurück. »Vielleicht sind sie noch mit dem schwarzen Lieferwagen unterwegs.« Er griff zum Funkgerät und wollte sich bei der Zentrale melden, doch das war nicht mehr nötig. Die Kollegen im und am Haus der Mälzers hatten schon alles Nötige veranlasst.
    Als der Oberkommissar aus der Einfahrt zum Gelände der Mälzers schoss, hätte er um ein Haar einen Kleinwagen torpediert, der auf der ruhigen Seitenstraße unterwegs war. Die Fahrerin zeigte dem Polizisten den auf der ganzen Welt gültigen Autofahrergruß, nämlich einen Stinkefinger .
    »Wo würdest du von hier aus hinfahren, wenn du schnellstmöglich aus der Stadt wolltest?«, rief Hain nach hinten.
    »Zum Autobahnanschluss Wilhelmshöhe «, erwiderte Lenz, richtete sich auf, beugte sich zwischen den Sitzen durch und schaltete die Sirene ein. Sein Kollege ließ die Scheibe heruntergleiten , griff nach dem Blaulicht in der Konsole und heftete es aufs Dach.
    »Also los, zur Autobahn«, stimmte er Lenz zu.

     
    *

     
    Es waren nicht viele Autos unterwegs an diesem Samstagnachmittag, deshalb kamen sie gut voran. Als sie etwa zwei Minuten später auf den Autobahnanschluss zurasten, stellte Hain nur eine Frage nach hinten: »Dortmund oder die andere Richtung?«
    Lenz musste nicht überlegen. »Die andere Richtung. Wo immer sie hinwollen, es liegt im Süden«, gab Lenz das Orakel. Der Oberkommissar warf einen skeptischen Blick in den Rückspiegel, vertraute jedoch seinem persönlichen Ratgeber und warf den Vectra mit wimmernden Reifen in die Kurve der Auffahrt Richtung Frankfurt. Dann war für etwa eine Minute Stille im Auto, weil es nichts zu sagen gab. Sie sahen in jedes Auto, das sie überholten, doch außer zwei Familien mit holländischen Kennzeichen auf dem Weg in den Urlaub und einem Sanitärhandwerker aus Kassel war die Autobahn leer. Erst als das Kasseler Südkreuz weit voraus auftauchte, blickte Hain hilfesuchend in den Rückspiegel.
    »Ich würde auf die A49 fahren«, schrie Lenz. »Aber ab jetzt ist es sowieso ein Vabanquespiel.«
    Wieder vertraute Hain auf den Instinkt seines Chefs, dem auf der Rückbank langsam schlecht wurde. Mit etwa 130 Stundenkilometern schoss der Opel an zwei Streifenwagen vorbei, die den Fahndungsring nach dem schwarzen Lieferwagen in Richtung Süden absicherten. Auf Höhe des VW-Werkes Baunatal überholten sie einen voll besetzten Reisebus aus Dänemark. Die Menschen, die darin saßen, spielten Karten oder schauten Fernsehen. Der nächste Wagen, der infrage kam, war etwa 300 Meter vor ihnen und fuhr wesentlich schneller als die an dieser Stelle erlaubten 100 km/h. Hain versuchte, das Gaspedal noch etwas weiter nach unten zu pressen, doch der Druck seines rechten Fußes wölbte ohnehin schon das Bodenblech nach außen. Langsam kamen sie dem Fahrzeug näher und erkannten, dass es sich um einen großen Audi- SUV mit Münchner Kennzeichen und Sichtschutzfolien in den hinteren Scheiben handelte. In der Senke nach der langen Geraden gegenüber von Kirchbauna hatten sie aufgeschlossen. Mit Vollgas zogen die beiden Wagen nebeneinander durch die Kurve. Hain reckte den Kopf zur Seite und versuchte, den Fahrer zu erkennen, doch dafür baute der SUV zu hoch. Lenz rutschte nach rechts und wollte hinübersehen , als die hintere Seitenscheibe herunterfuhr und der Lauf einer Pistole sichtbar wurde.
    »Brems, Thilo!«, schrie der Kommissar und warf sich nach links, doch für ein Ausweichmanöver war es bereits zu spät. In schneller Folge schlugen vier Kugeln in Tür, Seitenscheibe und Kofferraumdeckel des Dienstfahrzeuges ein, ohne jedoch einen der Polizisten zu treffen.
    »Fahr langsamer!«, brüllte Lenz erneut, doch Hain lupfte nur kurz

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