Eiszeit
Italien.«
Lenz nickte. Er wollte nach Hause.
»Und jetzt haben Sie Probleme?«
»Ja, Herr Kommissar. Große Probleme sogar. Vor zwei Jahren hat der Eigentümer des Hauses gewechselt. Der alte Verpächter war ein ganz feiner Mann, aber eben schon ziemlich alt, und ist vor drei Jahren gestorben. Die Erben haben sich ein Jahr lang furchtbar gestritten und dann an den jetzigen Eigentümer verkauft, Jochen Mälzer. Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört.«
Und ob Lenz von Jochen Mälzer gehört hatte. Immer wieder tauchte der Name des Großinvestors und Projektentwicklers in der Zeitung auf.
»Ja, ich kenne natürlich den Namen. Aber welche Schwierigkeiten macht Mälzer Ihnen denn genau?«
»Wie gesagt, große. Es hat alles damit angefangen, dass er direkt nach dem Kauf in mein Eiscafé gekommen ist und mir 30.000 Euro auf die Theke geknallt hat. Einfach so. ›Nehmen Sie das und verschwinden Sie, mehr werden Sie nie mehr kriegen‹, hat er gesagt. Aber ich hatte gerade für 40.000 Euro eine neue Eismaschine gekauft, außerdem ist allein die Theke das Doppelte wert. Also habe ich nein gesagt, und das hat ihn, glaube ich, sehr verärgert. Seitdem habe ich einen Prozess nach dem anderen von ihm an den Hals gehängt bekommen, dazu gab es ein Mahnschreiben nach dem anderen.«
Er atmete tief durch. »Und immer war es unbegründet. In der ganzen Zeit hat er nicht einmal gegen mich gewonnen vor Gericht.«
»Das tut mir leid für Sie, Herr Iannone , aber gegen solche Methoden kann ich leider nichts tun. Am besten nehmen Sie sich einen Anwalt, der Ihre Interessen vertritt.«
Iannone hob abwehrend die Hände.
»Seit der Streit mit Mälzer losgegangen ist, habe ich vier Anwälte verschlissen, Herr Kommissar. Und jeder einzelne hat sein Mandat niedergelegt, weil er sich vor Mälzer gefürchtet hat. Jetzt habe ich einen jungen, der sich traut, diesem Mann die Stirn zu bieten, aber in einem Punkt kann er mir trotzdem nicht helfen.«
»Und?«, machte Lenz, nachdem der Italiener nicht weitersprach .
»Ich glaube, Mälzer will mir etwas antun.«
Lenz musterte ihn irritiert.
»Und was bringt Sie zu diesem Schluss, Herr Iannone ?«
Der Mann starrte zur Decke und blickte Lenz danach lange in die Augen.
»Ich weiß, es klingt ziemlich dumm, wenn ich Ihnen das so sage, aber es ist mehr ein Gefühl. Außerdem bekommen meine Frau und ich seit ein paar Tagen nachts anonyme Anrufe.«
»Und was will der Anrufer?«
»Er sagt nichts. Er atmet in den Hörer, bis wir auflegen.«
Lenz war sichtlich bemüht, sachlich zu bleiben.
»Aber direkt gedroht hat Herr Mälzer Ihnen nicht?«
Iannone lächelte schief.
»Das würde er nie machen, Herr Lenz, dafür ist er viel zu schlau. Aber er hat seine Methoden, das können Sie mir glauben.«
Nun musste der Kommissar den Italiener ein wenig bremsen. »Das, was Sie hier unterstellen, ist ein schwerer Vorwurf, Herr Iannone , und es braucht zur Beweisführung schon etwas mehr als eine vage Vermutung oder Intuition, wie Sie es nennen.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich würde gerne etwas für Sie tun, aber ich sehe keinen Ansatzpunkt. Ihre zivilrechtlichen Differenzen müssen Sie vor Gericht ausfechten, und wenn jemand Sie konkret bedroht, schreitet die Polizei natürlich ein, jedoch sicher nicht wegen einer bloßen Vermutung oder ominösen nächtlichen Anrufen.«
Iannone nickte.
»Ich kann verstehen, dass es Ihnen schwerfällt , mir zu glauben. Aber Sie können sicher sein, dass meine Vermutung nicht aus der Luft gegriffen ist.«
»Was macht Sie denn so sicher?«
»Mälzer hat die Genehmigung, das Haus, in dem sich unser Eiscafé befindet, abzureißen, weil er dort ein riesiges Outlet-Center hinstellen will. Mit allen anderen Mietern hat er Vereinbarungen getroffen, die sind schon ausgezogen. Wir wollen das aber nicht, wir wollen unser Eiscafé an dieser Stelle behalten.« Er lächelte erneut. »Ich weiß sogar aus sicherer Quelle, dass er schon einen Vertrag mit einem Italiener wegen einer Eisdiele in dem Neubau geschlossen hat.«
»Haben Sie sich denn um einen neuen Vertrag bemüht?«
»Das musste ich nicht, denn meiner läuft noch fast fünf Jahre. Danach wollen meine Frau und ich zurück nach Italien. Wir haben keine Kinder und freuen uns auf einen Lebensabend im warmen Sizilien, wo ein Großteil unserer Freunde und Verwandten lebt.«
Lenz kratzte sich am Kinn und schielte dabei verstohlen auf die Wanduhr hinter dem Kopf des Italieners.
»Wenn ich Sie richtig verstehe, kann
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