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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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ausgewaschen. Und genau dieses Glück hat Herr Lappert gehabt. Die haben sich einfach nicht ausgekannt. Oder sie haben es absichtlich so gemacht.«
    »Wie auch immer, es freut mich auf jeden Fall für den Mann. Wie geht es ihm denn?«
    »Besser, als es vermutlich jedem von uns gehen würde. Er trauert, aber das macht er gut. Und seine Tochter ist ihm eine große Stütze.«
    Es entstand eine Pause, weil Lenz nicht wusste, was er noch sagen sollte.
    »Ich muss dann auch wieder zurück«, ließ sie ihn wissen. »Wenn Sie in der Nähe sind, können Sie mich gerne besuchen, ich würde mich freuen.«
    »Ja«, erwiderte Lenz ohne jeglichen Enthusiasmus, » wenns passt, komme ich gerne mal wieder vorbei. Bis dahin.«
    »Ja, bis dahin.«
    Nachdem er die rote Taste am Telefon gedrückt hatte, fasste er einen Entschluss. Er würde sich einfach überraschen lassen, ob Maria zum Flughafen käme. Trotz aller Liebe zu ihr war er noch immer mächtig angefressen wegen ihres blöden Anrufs. Und trotzdem würde er, wenn sie denn auftauchen würde, voller Freude mit ihr in Urlaub fliegen. Mit einem Knopfdruck schaltete er sein Mobiltelefon aus, nahm die Akkus aus dem Mobilteil des Festnetzanschlusses und legte sich schlafen.

     
    *

     
    Am nächsten Morgen wachte er um halb sechs auf. Mehr als zehn Stunden Schlaf, dachte er erfreut, hatte ich schon ewig nicht mehr. Obwohl es nicht nötig gewesen wäre, duschte er noch einmal, zog sich in aller Ruhe an und trank dabei einen doppelten Espresso. Danach orderte er ein Taxi, ließ sich zum Fernbahnhof Wilhelmshöhe bringen und stieg in den nächsten ICE nach Frankfurt. Um Viertel vor elf betrat er Terminal 1 des gigantischen Airports und sah sich mit feuchten Händen um. Nach einer kurzen Suche hatte er den richtigen Schalter gefunden, stellte sich jedoch nicht in die Reihe der Fluggäste, die auf die Abfertigung warteten, sondern setzte sich auf einen freien Platz inmitten einer Horde tobender Kinder, etwa 20 Meter entfernt.

     
    *

     
    Sie kam, als die meisten Passagiere bereits eingecheckt hatten und er schon befürchtete, seine erste Flugreise allein antreten zu müssen. Mit wackligen Knien ging er auf sie zu. Maria suchte in ihrer Handtasche nach etwas und nahm ihn erst wahr, als er sie ansprach.
    »Suchen Sie eine nette Begleitung für die nächsten zwei Wochen?«
    Erschreckt ließ sie ihre Handtasche fallen.
    »Was fällt dir ein, dich so anzuschleichen? Ich sollte dir eine runterhauen«, erwiderte sie und bückte sich nach ihren Utensilien, die wild verstreut auf dem Boden lagen. Als sie alles wieder verstaut hatte, kam sie hoch, fiel ihm um den Hals und küsste ihn innig.
    »Ich hab schon gedacht, du hättest diesmal wirklich genug von mir und meinem kapriziösen Charakter. Verstehen könnte ich es. Und entschuldigen will ich mich auch bei dir. Ganz ehrlich.«
    Lenz sah sich in der Halle um und machte sich von ihr frei. »Wenn uns jemand erkennt, Maria.«
    Sie griff wieder nach seinem Hals und küsste ihn noch einmal.
    »Das, mein Lieber, ist mir heute so was von egal. Aber wenn du noch einmal deine ganzen Telefone abschaltest und ich dich nicht erreichen kann, bringe ich dich um. Auch ganz ehrlich.«

     
    *

     
    Als der Airbus abhob, bekam Lenz feuchte Finger. Doch mit jedem Meter, den das riesige Flugzeug an Höhe gewann, wurde er zu seiner großen Überraschung ruhiger. Er genoss den Blick auf die unter seinen Füßen verschwindende Stadt und fühlte sich großartig. Mit dem Signal, das die Anschnallpflicht aufhob, drehte er sich um, wo Maria drei Reihen hinter ihm saß, und warf ihr einen liebevollen Blick zu.
    Ich freue mich auf dich, dachte er.

     

     
    E N D E

     

     

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