Eiszeit
linken Hand in ihre Brusttasche, zog eine kleine LED -Taschenlampe heraus und richtete sie auf seine Verletzungen.
»Wie lange ist es her, dass Ihrem Mann dies beigebracht wurde?«, wollte sie von Veronika Lappert wissen, ohne ihren Blick vom Gesicht des Mannes zu nehmen.
»Etwa vier Stunden.«
Ohne auf die Antwort zu reagieren, setzte die Ärztin ihre Untersuchung fort. Ein paar Augenblicke später richtete sie sich auf, atmete tief durch, steckte die Lampe zurück in den Kittel und griff nach Lapperts Hand.
»Wir reinigen jetzt noch einmal ganz gründlich Ihr Gesicht, danach tragen wir eine Creme auf und legen einen Verband an. Den werden wir alle sechs Stunden wechseln. Natürlich müssen Sie hierbleiben .«
Der Architekt nickte dankbar. »Aber das geht doch sicher alles wieder weg, oder?«
»Darüber reden wir, wenn die Wunden, die Sie haben, abgeheilt sind. Ich will Ihnen aber ehrlicherweise keine allzu großen Hoffnungen machen, dass die Farbe von allein verschwindet. Es gibt seit ein paar Jahren gute und erprobte Methoden, um Tätowierungen zu entfernen, allerdings nicht in diesem frischen Stadium.«
Sie gab der Krankenschwester einen Wink. »Noch einmal richtig säubern. Danach dünn Hametum auftragen und verbinden. Wenn er was gegen die Schmerzen braucht, geben Sie ihm bitte Dipidolor . Ich gehe rüber und rufe oben an, damit sie ein Bett herrichten.«
Damit nahm sie die verdutzte Veronika Lappert am Arm und schob sie ins Nachbarzimmer.
»Und Sie erzählen mir jetzt, was sich da heute Nacht bei Ihnen abgespielt hat.«
Die Frau des Architekten kämpfte mit den Tränen, doch dieser Kampf war für sie nicht zu gewinnen. Schluchzend schlug sie die Hände vor das Gesicht und ließ sich auf einen Hocker fallen. Die Ärztin griff in die rechte Tasche ihres Kittels, zog ein Päckchen Zigaretten heraus und steckte sich eine in den Mund. Mit zitternden Fingern angelte sie nach dem Feuerzeug und erst jetzt wurde ihr scheinbar klar, dass sie in dem Behandlungszimmer nicht rauchen konnte. Missmutig warf sie die Zigarette in einen großen Mülleimer in der Ecke, trat neben die leise wimmernde Veronika Lappert und legte ihr einen Arm um die Schulter.
»Beruhigen Sie sich, bitte. Ich muss wissen, was da bei Ihnen passiert ist.«
»Es waren zwei Männer. Sie … kamen nach Mitternacht, als wir … schon schliefen, sind in unser Haus eingebrochen … und haben uns überfallen.«
»Einfach so?«, fragte die Ärztin nach. »Die sind einfach so bei Ihnen eingebrochen, haben Sie überfallen, ausgeraubt und Ihren Mann so übel zugerichtet?«
Frau Lappert nickte.
»Haben Sie schon die Polizei verständigt?«
»Nein. Wir mussten uns erst von den Fesseln befreien, die sie uns angelegt hatten. Danach sind wir hierher gefahren.«
»Was ist mit Ihnen? Hat man Ihnen auch Gewalt angetan?«, wollte die Medizinerin wissen.
»Nein, nein. Es ging nur um meinen Mann.«
»Aber Sie wissen bestimmt, dass wir in so einem Fall die Polizei verständigen müssen, dazu sind wir verpflichtet. Mein Kollege Dr. Rainer hat es vermutlich schon veranlasst.«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»Das macht nichts. Sie wollen doch sicher auch, dass die Täter gefasst werden, oder?«
Veronika Lappert nickte schwach. »Ja, natürlich.«
»Und dann sehen wir zu, dass wir das Gesicht Ihres Mannes wieder …«
Sie wurde vom Klopfen an der Tür unterbrochen. Das Gesicht von Dr. Rainer wurde sichtbar. »Die Herren von der Polizei sind da und würden gerne mit Ihnen sprechen, Frau Lappert . Sie warten im Aufenthaltsraum.«
*
Die Frau des Architekten wurde von Dr. Rainer ans Ende des Flurs gebracht. Dort öffnete er eine Tür, trat zur Seite und machte eine einladende Geste. »Bitte sehr.«
Im Innern lehnten ein Polizist und eine Polizistin mit dem Rücken an einer Anrichte. Offenbar wurde der Raum von den Bediensteten des Krankenhauses als Teeküche benutzt. Die Beamtin kam auf die Frau zu, hielt ihr die rechte Hand entgegen und lächelte.
»Mein Name ist Ritter, guten Morgen. Das ist mein Kollege Berger«, erklärte sie mit einem Blick in Richtung des Beamten. Veronika Lappert drückte ihre Hand und stellte sich ebenfalls vor. Die Polizistin zog einen kleinen Notizblock aus der Brusttasche ihrer Uniformjacke und klappte ihn auf.
»Das Krankenhaus hat uns informiert, dass Sie und speziell Ihr Mann die Opfer eines Verbrechens geworden sind. Können Sie mir Einzelheiten dazu erzählen?«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn
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