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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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über seinem Arm baumelte.
    »Das ist schwierig. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich besser an seine Frau, das haben Ihre Kollegen auch schon gemacht.«
    Der Polizist schluckte. »Darum geht es eben. Kann ich Sie einen Moment sprechen, bitte?«
    Die Ärztin nickte freundlich. »Aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, wenn Sie das erwarten sollten«, gab sie ihm zu verstehen und bedeutete ihm, ihr zu folgen.
    »Setzen Sie sich, Herr …?«
    »Lenz. Hauptkommissar Paul Lenz.«
    »Und Sie haben also Fragen an den armen Herrn Lappert , die Ihren Kollegen bei der Vernehmung seiner Frau nicht eingefallen sind?«
    »Nein, das nicht«, erklärte er mit Falten auf der Stirn.
    »Sie wirken auf mich, als würden Sie sich in Ihrer Haut nicht wohlfühlen . Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Nicht wirklich, nein, und das ist der Grund, warum ich Sie gerne sprechen wollte.«
    Er massierte seine Fingerknochen. »Herrn Lapperts Frau hat sich heute Nachmittag das Leben genommen.«
    Die Ärztin zeigte keine Reaktion. Es kam Lenz für einen Moment so vor, als hätte sie ihn nicht verstanden. Dann legte sie die rechte Hand vor den Mund. »Mein Gott!«
    »Ich bin bis jetzt nicht mit dem Verbrechen an den Lapperts beschäftigt gewesen und nur über eine Querverbindung auf die beiden gestoßen. Jetzt aber muss ich erstens Heinrich Lappert die traurige Nachricht überbringen und ihn zweitens vernehmen.«
    »In dieser Reihenfolge?«
    »Was meinen Sie?«
    »Das können Sie vergessen. Ich sage Ihnen jetzt ein paar Dinge zu dem armen Mann, obwohl ich das gar nicht dürfte, aber das ist mir egal. Irgendjemand hat ihm das Gesicht tätowiert, und wie es, wird ihm das bis ans Ende seiner Tage erhalten bleiben, was nichts anderes heißt, als dass er entstellt ist. Außerdem hat er eine recht schwere Verletzung am Hinterkopf, über die er nicht mit uns sprechen will, die aber etwas älter sein muss als die Verletzungen im Gesicht. Meine Vermutung ist, dass ihn ein ziemlich heftiger Schlag getroffen hat, aber, wie gesagt, er will nicht darüber sprechen. Unter uns gesagt, sieht er schrecklich aus. Er ist psychisch labil, seit er ernsthaft realisiert hat, was mit ihm passiert ist. Wir überwachen ihn und hätten ihn ganz sicher schon in die Psychiatrie überwiesen, wenn seine Verletzungen das zuließen, was jedoch leider nicht der Fall ist. Und da kommen Sie daher und wollen ihm erklären, dass er seine Frau durch Suizid verloren hat? Das ist absurd.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    Sie überlegte einen Moment. »Zu verheimlichen ist es nicht, da gebe ich Ihnen recht. Aber wenn Sie jetzt rübergehen und diesem Mann erzählen, dass seine Frau tot ist … Zumal er leicht sediert ist und die Erkenntnis vermutlich erst mit ein paar Tagen Verzögerung voll durchschlägt.«
    »Sie meinen, es wäre besser, damit zu warten?«
    »Auch das geht schlecht, weil er darauf wartet, dass sie ihn besucht. Wenn ich es richtig einschätze, verbindet die beiden eine wirklich tief gehende, innige Liebe. Zumindest hatte ich den Eindruck.«
    »Also wählen zwischen erhängen und erschießen, wenn ich Sie richtig verstehe.«
    »So ähnlich, ja.« Wieder dachte sie einen Moment nach. »Vielleicht sollten wir einen Psychologen hinzuziehen. Ich persönlich bin mit der Situation hoffnungslos überfordert.«
    Lenz nickte und sie griff zum Telefonhörer. Ein paar Minuten später betrat ein junger, dunkelhaariger Mann den Raum, stellte sich als Max Hauptmann vor und setzte sich zu den beiden.
    »Ich bin Diplom-Psychologe«, klärte er Lenz auf und wandte sich dann an die Frau im weißen Kittel. »Was kann ich für Sie tun, Frau Kollegin?« Sie schilderte ihm die Ereignisse um die Lapperts der letzten zwölf Stunden und endete mit dem Suizid von Veronika Lappert . Hauptmann hörte aufmerksam zu, nickte hier und da und zog dann die Augenbrauen hoch.
    »Das ist die Wahl zwischen erhängen und erschießen.«
    Er nahm seine Brille ab, zog ein Putztuch aus der Hose und polierte die Gläser.
    »Leider habe ich noch keinen Kontakt mit Herrn Lappert aufgenommen, das steht für morgen früh in meinem Kalender. Allerdings verändert der Suizid seiner Frau die Sachlage selbstverständlich enorm. Ich halte es für unabdingbar, ihn über das Ereignis möglichst zeitnah zu informieren, bin jedoch nicht sicher, ob es noch heute sein muss. Hat er Radio oder Fernsehen im Zimmer?«
    »Nein, er liegt in einem Einzelzimmer ohne Radio und Fernsehen und ist außerdem sediert .«
    »Aha«, machte der

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