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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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wegen des Feierabendverkehrs an diesem Freitag fast eine halbe Stunde. Dann hielt der elfenbeinfarbene Passat vor einem kleinen Fachwerkhaus. Der Polizist bezahlte, ließ sich eine Quittung ausstellen, stieg aus und trat an das Gartentor.
    ›Wolfgang Witte und Beate Witte-Lappert
    Dipl.-Ingenieure für Architektur‹
    stand auf einem Holzschild. Daneben hing das gleiche Schild noch einmal, darauf stand
    ›Beate, Wolfgang und Paula‹.
    Lenz schob die Holztür auf, stieg die vier Stufen nach oben zur Haustür und legte den Finger auf die Klingel. Ein Hund bellte und keine zehn Sekunden später öffnete eine etwa 30-jährige Frau mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm die Tür.
    »Ja, bitte?«, fragte sie freundlich und wippte dabei das giggelnde Kind. Der Hund, ein wuscheliger Mischling, schnupperte an den Hosenbeinen des Kommissars.
    Lenz stellte sich vor.
    »Die Polizei? Hoffentlich haben wir nichts verbrochen, Paula«, meinte sie zu ihrer Tochter gewandt. Das Kind griff ihr in die Haare, sah dann den Polizisten an und giggelte weiter.
    »Was können wir für Sie tun, Herr Lenz?«, fragte Beate Witte-Lappert , nun ein klein wenig ernster.
    »Wenn Sie die Tochter von Heinrich und Veronika Lappert sind, würde ich Sie gern sprechen. Es ist sehr wichtig.«
    Lenz hatte das schon öfter erlebt. Allein der Tonfall, mit der er um einen Moment ihrer Zeit bat, vertrieb bei den meisten Menschen jeglichen Humor. Hier war es genauso.
    »Die beiden sind meine Eltern, ja. Kommen Sie bitte herein.«
    Sie stellte das Mädchen auf seine Füße, das sofort ins Haus flitzte. »Können wir in die Küche gehen? Die Kleine hat morgen Geburtstag und ich habe einen Kuchen im Ofen.
    »Natürlich, gerne.«
    Sie ging voraus und führte ihn in eine mit viel Liebe zum Detail eingerichtete, große, sonnendurchflutete Wohnküche mit integriertem Esszimmer.
    »Bitte setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken?«
    »Nein, vielen Dank«, antwortete Lenz, obwohl er eine trockene Kehle hatte, und blieb stehen. Der Hund war ihm gefolgt und sah ihn an, als ob er auf eine Hand warten würde, die ihn streichelte.
    »Also, was kann ich für Sie tun? Ich habe es eben richtig mit der Angst zu tun bekommen, weil Sie so ernst gewesen sind.«
    Lenz schluckte.
    »Der Grund meines Besuches ist auch ernst, Frau Witte-Lappert . Sehr ernst. Es geht um Ihre Eltern.«
    Sie musterte ihn schweigend.
    »Ich muss Ihnen leider die traurige Nachricht überbringen, dass Ihre Mutter heute Nachmittag verstorben ist.«
    In diesem Augenblick stürmte das kleine Mädchen mit einem riesigen Teddybär auf dem Arm in die Küche und klammerte sich an den Oberschenkel ihrer Mutter. Die Frau griff sanft nach ihr, löste sich und schob sie sanft von sich weg.
    »Schatz, die Mami und der Onkel müssen mal was besprechen.« Sie deutete auf den Teddy. »Willst du so lange mit Bobo in den Garten gehen und spielen, ja?«
    Das Kind nickte, gab einen erfreuten Laut von sich und rannte aus dem Raum. Über Beate Witte-Lapperts Gesicht lief eine Träne, als sie zum Herd ging und die Regler des Backofens auf null stellte. Dann kam sie zurück zum Tisch, zog sich einen Stuhl zurecht und setzte sich.
    »Was ist passiert?«
    »Ihre Eltern sind in der vergangenen Nacht Opfer eines Überfalls geworden«, begann Lenz. »Die Details dazu möchte ich Ihnen gerne später erklären. Ihr Vater liegt im Krankenhaus. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut und er ist nicht in Lebensgefahr.«
    Sie zog eine Packung Papiertaschentücher aus der hinteren Tasche ihrer Jeans, nahm eins heraus, schloss die Augen und fing hemmungslos an zu weinen.
    »Ihre Mutter hat Ihren Vater heute Morgen ins Krankenhaus gebracht und ist auch noch eine Weile dort geblieben. Irgendwann zwischen 13 und 14 Uhr ist sie zu Hause angekommen. Danach ist sie, wie es aussieht, in den Keller des Hauses gegangen und hat sich das Leben genommen.«
    Die Frau nahm das Taschentuch von ihrem Gesicht, das die gleiche Farbe wie der Zellstofflappen angenommen hatte, und begann zu stammeln.
    »Meine … Mutter … hat sich … umgebracht? Das ist unmöglich. Das … will ich nicht glauben.«
    Lenz versuchte, so sachlich wie möglich zu bleiben, und gleichzeitig so emotional, wie er es aushalten konnte. Am liebsten hätte er mit der Frau zusammen losgeweint.
    »So leid es mir tut, Frau Witte-Lappert , aber es besteht kein Zweifel. Jegliche Beteiligung Dritter ist ausgeschlossen.«
    Sie legte die Arme auf den Tisch, ließ den Kopf darauf fallen

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