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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Dort gab es eine verschließbare Bodentreppe.
    »Da oben ist sie nicht. Komm, Thilo, wir müssen in den Keller.«
    Damit hastete er die Treppe hinunter, sah sich im Hausflur um und entdeckte die Kellertür. Mit ein paar Sätzen war er dort, schlug auf die Klinke und hetzte die Stufen hinab. Im Keller roch es nach einer Mischung aus Weichspüler und gelagertem Holz. Hain öffnete eine Milchglastür. Der Vorratsraum. Jede Menge Dosen, aufgehängte Würste und bunte Einkochgläser. Hinter der nächsten Tür verbarg sich die Waschküche. Eine Waschmaschine, ein Trockner und ein Waschbecken, aber keine Spur von Veronika Lappert . In einem weiteren Raum fanden die Beamten zwei Fahrräder, diverse Gartengeräte und eine kleine Werkbank mit allerlei Utensilien darauf. Dann standen sie vor einer Feuerschutztür. Hain drückte die Klinke herunter und zog daran, doch es war abgeschlossen. Er drehte sich suchend um seine eigene Achse, aber nirgendwo lag oder hing ein Schlüssel.
    »Komm, Paul, sie ist nicht hier. Lass uns hochgehen und dem Uniformierten die Leviten lesen.«
    Lenz deutete auf die Tür. »Kriegst du die auf?«
    Sein Kollege sah ihn entgeistert an. »Ist Paris ’ne Stadt? Ist der Papst katholisch? Klar krieg ich die auf, aber muss das wirklich sein?«
    »Es muss.«
    Hain zog sein kleines braunes Etui aus der Sakkotasche, nahm einen Drahthaken heraus und wollte ihn ins Schloss einfügen.
    »Da steckt was drin«, erklärte er seinem Chef verwirrt, bückte sich und lugte ins Schlüsselloch.
    »Mist, der Schlüssel steckt von innen.«
    Lenz hob die Arme und schlug so kräftig gegen die Metalltür, dass Hain erschreckt zurückwich.
    »Frau Lappert , wir sind von der Polizei!«, schrie er, so laut er konnte. Bitte machen Sie keinen Unsinn, Ihr Mann braucht Sie dringender denn je. Bitte öffnen Sie die Tür.« Sie warteten, aber es kam keine Reaktion.
    »Mach sie auf, sofort!«, forderte Lenz seinen Kollegen etwas zu forsch auf.
    Hain rannte zu dem Raum, in dem die Werkbank stand, und fing an, nach etwas zu suchen. »Ich brauche eine Spitzzange. Los, hilf mir suchen.«
    »Was ist eine …?«, wollte Lenz zurückfragen, doch Thilo Hain rannte schon mit etwas in der Hand an ihm vorbei, bückte sich vor der Tür zum Heizungskeller und begann zu arbeiten. Ein paar Augenblicke später hörte man im Innern einen Schlüssel zu Boden fallen.
    »Das wars «, schnaubte Hain, stand auf und griff wieder zu seinem gebogenen Draht. Mit fliegenden Fingern führte er ihn ins Schloss ein, drehte ein paar Mal hin und her, zog ihn heraus, schlug auf die Klinke und stürmte in den dunklen Raum.

     
    *

     
    Veronika Lappert hing an einem silbern schimmernden Heizungsrohr neben einem umgeworfenen Korbstuhl. Ihr schlaffer, aufgedunsener Körper schwang ganz leicht hin und her, aus dem dunkelblau angelaufenen Kopf glotzten zwei riesige, weit aufgerissene Augen die Kommissare teilnahmslos an.
    »Meine Fresse«, stöhnte Hain, sprang auf die Frau zu und hob sie ein wenig in die Höhe.
    »Vergiss es, Thilo«, bremste Lenz seinen Kollegen. »Sie ist tot.«
    »Dann schneid wenigstens das Seil durch«, keuchte der Oberkommissar.
    Lenz entdeckte eine Gartenschere und durchtrennte damit das gelbe Kunststoffseil. Sofort knickte der Oberkörper der Frau ein und ihr Busen schlug dem schwankenden Hain ins Gesicht. Gemeinsam griffen die Beamten sich den Leichnam und legten ihn auf dem Boden ab.
    Der Hauptkommissar schluckte, griff nach der rechten Hand der Toten und nahm sie hoch.
    »Wahrscheinlich ist sie ohne Umweg in den Keller, nachdem sie hier ankam. Der Körper ist schon abgekühlt.«
    Hain griff zu seinem Mobiltelefon, wählte und veranlasste das Notwendige.
    »Und was machen wir mit dir?«, wollte er im Anschluss von seinem Kollegen wissen.
    »Was wollen wir schon mit mir machen?«, fragte Lenz zurück.
    »Na, ja, immerhin hat der Chef persönlich dich von dem Fall abgezogen. Das sieht schon ein bisschen komisch aus, wenn wir beide die Leiche jetzt hier finden.«
    »Von welchem Fall sprichst du?«
    Hain überlegte. »Mein lieber Mann, das gibt garantiert fetten Ärger, aber du hast recht. Die Sache hier hat bis jetzt überhaupt nichts mit den Italienern und dem Berber zu tun gehabt.«
    »Das wird aber vermutlich nicht so bleiben, Thilo.«

     
    *
    Lenz betrachtete den Leichnam der Frau und hätte seinen Körper für eine Zigarette verkauft.
    »Ich denke immer wieder das Gleiche, wenn ich auf eine Leiche schaue«, murmelte er kaum

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