Eiszeit
zuerst müssen wir wissen, woher er die Informationen überhaupt hat. Und wenn diese verschissene Detektei nicht bald zu Potte kommt, entziehe ich ihr den Auftrag. Es gibt nur fünf Menschen, die infrage kommen, und diese Amateure sind wohl trotzdem nicht in der Lage herauszufinden, wer es ist.«
»Vergiss nicht, dass sie extrem diskret vorgehen müssen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Außerdem sagt Robert Braun, dass sie die Besten seien. Und die Skrupellosesten.«
»Die Besten! Die Skrupellosesten! Robert hat leicht reden, der kann sich immer hinter seinen Paragrafen verstecken. Das sind alles Phrasen, die uns einen Haufen Geld kosten, das wir nicht haben, und die bis jetzt überhaupt nicht verifiziert sind.«
»Wie bist du mit dem Anrufer verblieben?«
»Er meldet sich. Einen Übergabetermin wollte er komischerweise noch nicht machen. Aber der klang überhaupt nicht wie der andere. Nicht so professionell, eher wie eine aufgeregte Dumpfbacke.«
»Das kann ja nur von Vorteil für uns sein, oder?«
Er überlegte einen Moment.
»Nein, ganz und gar nicht. Mit einem Profi macht man ein Geschäft, dann hat es sich. Dieser Typ, mit dem ich eben telefoniert habe, ist kein Profi, deshalb ist er unberechenbar. Also ist er eher gefährlicher als der andere. Und wenn …«
Er wurde vom Klingeln des Telefons auf seinem Schreibtisch unterbrochen, nahm den Hörer ab und meldete sich. Während des kurzen Gespräches sagte er nur einmal kurz ›das wurde aber auch Zeit‹. Dann legte er auf.
»Wer war das?«
»Diese Detektei. Angeblich haben sie etwas, worüber sie mit uns reden wollen. Dieser Vogel ist in 20 Minuten hier.«
*
»Ich grüße Sie, Frau Mälzer«, sülzte der klein gewachsene Besucher etwa eine halbe Stunde später und deutete einen Handkuss bei Molina Mälzer an. Ihrem Mann reichte er die Hand und machte eine tiefe Verbeugung.
»Setzen Sie sich«, forderte Mälzer ihn auf.
»Danke. Und danke, dass Sie so kurzfristig an einem Samstag Zeit für mich gefunden haben.«
»Das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Molina Mälzer charmant.
»Wobei Sie uns schon ziemlich lange warten ließen«, relativierte Mälzer die Bemerkung seiner Frau.
Der Mann räusperte sich und holte tief Luft.
»Natürlich sind unsere Informationen vorläufig und der komplette Bericht über unsere Arbeit dauert noch ein paar Tage. Die Sache ist jedoch so eindeutig, dass ich es für nötig befunden habe, Sie umgehend in Kenntnis zu setzen und …«
»Schön, das wissen wir jetzt«, unterbrach Mälzer ihn ungeduldig, »aber nun lassen Sie hören, was Ihre Leute herausgefunden haben.«
»Sie hatten uns insgesamt fünf Zielpersonen genannt, bei denen Ihrerseits Zweifel an deren Loyalität bestehen. Nach Auswertung aller Erkenntnisse, einer vierwöchigen Rund-um-die-Uhr-Observation, der Ausspähung ihrer Wohnungen sowie der permanenten Telefonüberwachung dieser Personen sind wir zu dem Schluss gekommen, dass nur Ihre Angestellte, Franziska Faust, die gesuchte Person sein kann.« Er griff zu einer braunen Ledertasche, nahm einen Schnellhefter heraus und klappte ihn auf.
»Zunächst: Die anderen Zielpersonen sind völlig unauffällig. Keine der übrigen Personen hatten irgendeinen Kontakt, der uns irritiert hätte, noch wurden verdächtige Telefonate geführt. Ganz anders bei besagter Franziska Faust. Die Dame hatte sowohl Kontakte, die wir als eindeutig bewerten, als auch Telefonate, die auf sie als undichte Stelle in ihrem Unternehmen hinweisen, und zwar ziemlich massiv.«
»Franziska?«, warf Molina Mälzer ungläubig ein. »Das glaube ich nicht. Sie hat bei uns gelernt, also ihre Ausbildung gemacht. Wir kennen sie seit mehr als …«
»Würdest du dich bitte mit deinen unqualifizierten, emotionalen Einwürfen ein wenig gedulden, Molina ?«, pfiff ihr Mann sie zurück, »und Herrn Vogel das tun lassen, wofür wir ihn bezahlen.«
Sie schwieg.
»Also, dann fahre ich mal fort«, machte Vogel auf Schönwetter. »Frau Faust hat in den letzten Wochen etwa ein Dutzend Telefonate mit einem Anschluss in Kassel geführt. Während dieser Gespräche ging es immer wieder um ›diese große Sache‹ und darum, dass er bitte keinen Fehler machen solle. Pass auf dich auf, sagte sie beispielsweise während eines Telefonats am Mittwoch vor zwei Wochen. Auch in der Zeit, in der sich der Kontakt in ihrem Haus aufgehalten hat, wurde öfter über ›diese große Sache‹ gesprochen, allerdings haben die beiden die Angewohnheit,
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