Eiszeit
begrüßte sie ihn freundlich. »Ich dachte nicht, Sie so schnell wiederzusehen .«
»Ich auch nicht, aber wir müssten Ihrem Vater ein paar Fragen stellen, wenn es irgend möglich ist.« Er deutete auf seinen Begleiter. »Das ist übrigens mein Kollege, Thilo Hain.«
Die Frau warf dem Oberkommissar ein Lächeln zu und wandte sich dann wieder an Lenz.
»Er ist vor ein paar Minuten eingeschlafen, aber ich bin sicher, dass er bald wieder aufwacht. Im Moment …«
»Er schläft nicht«, unterbrach Lapperts knarzige Stimme sie.
»Du bist wach?«
Der Architekt drehte sich vorsichtig auf den Rücken und sah seine Besucher an.
»Sie sind von der Polizei?«, fragte er nuschelnd.
»Ja, wir sind von der Mordkommission.«
Beim letzten Wort von Lenz’ Antwort riss der Mann die Augen auf.
»Soll das heißen, meine Frau wurde …?«
»Nein, nein«, beeilte Lenz sich zu antworten.
»Zunächst möchten wir Ihnen unser tief empfundenes Beileid aussprechen, Herr Lappert . Und wir können Ihnen versichern, dass kein Dritter am Tod Ihrer Frau beteiligt war, auch wenn das für Sie ganz sicher keinen Trost darstellt.«
»Nein«, erwiderte er und schloss wieder die Augen. »Das ist wirklich kein Trost für mich.«
»Trotzdem gibt es ein paar Dinge, über die wir gerne mit Ihnen sprechen würden. Fühlen Sie sich dazu in der Lage?«
Lappert warf seiner Tochter einen ratlosen Blick zu, die aufmunternd mit dem Kopf nickte.
»Warum erzählst du den Kommissaren nicht das, was du mir vorhin erzählt hast? Das würde ihnen bestimmt weiterhelfen. Und dir auch.«
»Wie du meinst. Irgendwann muss es ja sowieso raus. Kommen Sie näher, meine Herren, damit ich mich nicht so sehr anstrengen muss. Das Sprechen fällt mir wegen des Verbandes ziemlich schwer.«
Die Polizisten griffen sich jeder einen Stuhl, trugen ihn ans Bett und setzten sich Lappert gegenüber. Hain zog seinen Notizblock aus der Innentasche seiner Jacke.
»Angefangen hat das alles schon vor ein paar Jahren«, begann der Architekt, um den Kommissaren in der nächsten halben Stunde die Geschichte seiner Geschäftsbeziehung zu den Mälzers detailliert darzulegen. Lenz stellte manchmal Zwischenfragen, doch in der Hauptsache sprach Lappert . Dann kam er auf den Überfall zu sprechen. Er erzählte den Polizisten von dem fingierten Treffen, der Fahrt in dem Lieferwagen, eingesperrt in die Kiste, und dem Fake mit der Bombe. Als er zu den Ereignissen der vorletzten Nacht in seinem Haus kam, stockte seine Stimme ein ums andere Mal. Trotzdem hielt er durch bis zu dem Moment, an dem seine Tochter ihm die Nachricht vom Tod seiner Frau überbracht hatte.
»Und nun liege ich hier im Krankenhaus, bin Witwer und dieser gemeine Mensch lacht sich ins Fäustchen, weil er mal wieder gewonnen hat. Wie immer.«
»Wenn Sie uns helfen, Herr Lappert , wird er diesmal nicht davonkommen. Die Chancen dafür stehen gut.«
»Was wollen Sie denn machen, Herr Kommissar? Es gibt keine Beweise, dass er der Auftraggeber gewesen ist.«
»Bis jetzt nicht, da gebe ich Ihnen recht. Aber wir werden weiterarbeiten und irgendwann macht auch der Klügste und Gerissenste einen Fehler.«
»Der nicht. Glauben Sie mir, ich kenne den Mann. Der hat genug Geld, um sich für jedes Problem die richtige Lösung kaufen zu können.«
»Sind Sie da so sicher? Es gibt Gerüchte, dass die Mälzer-Bau-Consulting vor der Pleite stehen soll.«
Der Architekt deutete eine Geste der Verwunderung an.
»Wer sagt das?«
»Es gibt, wie gesagt, Gerüchte. Wir gehen dem nach, aber das ist, wie Sie sich denken können, nicht einfach.«
»Mälzer ist nicht pleite, glauben Sie mir das. Der Mann hat Geld, viel Geld. Wie, glauben Sie, sollte er sonst das Outlet-Center hochziehen. Dafür braucht er mindestens 60 Millionen Euro, eher 80 bis 100.«
»Ich weiß es nicht, Herr Lappert . Und ich kann Ihnen nicht mehr bieten als Gerüchte. Immerhin steht er auch bei Ihnen in der Kreide.«
»Aber nicht, weil er kein Geld mehr hätte, sondern weil ihm solche Dinge einfach Spaß machen. Er hat mich ausgenutzt, und als er mich nicht mehr brauchte, hat er mich gnadenlos fallen gelassen.«
»Haben die Männer, die Sie entführt haben«, mischte Hain sich ein, »irgendwann Mälzers Namen erwähnt?«
»Nein«, erwiderte Lappert . »Gesprochen hat mit mir sowieso nur einer, sowohl im Wald als auch zu Hause.«
»Meinen Sie, die anderen konnten kein Deutsch?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Und wie haben die Männer sich
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