Eiszeit
dafür knochentrocken und er zitterte leicht.
» Mälzer-Bau-Consulting Kassel, guten Tag. Sie rufen leider außerhalb unserer Geschäftszeiten an.«
Ein verdammter Anrufbeantworter! Winterschied hörte dem Text nur mit halbem Ohr zu, denn die Situation überforderte seine kognitiven Fähigkeiten eindeutig.
Scheiße, dachte er, kann doch nicht auf den Anrufbeantworter quatschen.
Dann knackte es kurz in der Leitung und er hörte ein Schnauben.
»Jochen Mälzer«, dröhnte es in seinem Ohr.
29
Lenz stieg in seine Schuhe, warf sich das Sakko über die Schulter und wollte zur Tür gehen, als sein Mobiltelefon klingelte. Zuerst wollte er das Gespräch nicht annehmen, weil es eine unbekannte Nummer war, drückte dann aber doch die grüne Taste. Es war Beate Witte-Lappert .
»Guten Morgen, Herr Lenz. Ich hoffe, ich störe Sie nicht zu früh?«
»Nein, auf keinen Fall. Ich bin gerade auf dem Weg ins Büro. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich wollte Ihnen nur kurz sagen, dass mein Vater Bescheid weiß. Ich habe es ihm heute Morgen gesagt.«
»Und, wie geht es ihm damit?«
»Wie erwartet. Ich habe die Nacht hier im Krankenhaus verbracht. Die Ärztin hat dafür gesorgt, dass ich ein Bett in sein Zimmer gestellt bekommen habe, und so sind wir heute zusammen aufgewacht. Ich bleibe das Wochenende über hier bei ihm.« Sie stockte.
»Er hat nicht einmal geweint, aber ich glaube, das kommt noch.«
»Vermutlich, ja.«
»Haben Sie schon etwas erreicht?«
»Nein, leider nicht.«
»Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass Sie erfolgreich sind.«
»Manchmal brauchen die Dinge, auch wenn sie relativ klar erscheinen, einfach ihre Zeit. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Ich melde mich auf jeden Fall bei Ihnen, wenn es etwas Neues gibt.«
»Das ist nett, vielen Dank. Und ein schönes Wochenende für Sie.«
»Auch für Sie, Frau Witte-Lappert .«
*
Er verließ seine Wohnung, nahm den nächsten Bus, betrat eine halbe Stunde später das Polizeipräsidium und machte sich auf direktem Weg zu Uwe Wagners Büro. Der Pressesprecher saß hinter seinem Schreibtisch, las in der Lokalzeitung und futterte ein Croissant.
» Moin «, begrüßte er seinen Freund.
»Hallo, Uwe. Ich brauche einen Kaffee.«
Wagner deutete auf die Maschine.
»Gerade durchgelaufen. Bedien dich.«
Lenz befüllte einen Becher und setzte sich vor den Schreibtisch.
»Du siehst scheiße aus«, bemerkte sein Freund und legte die Zeitung zur Seite.
»Danke, deine aufbauende Art hilft mir immer.«
»Was ist los?«
»Ärger im Präsidium, Ärger mit Maria und ein Fall, der zum Kotzen ist.« Damit begann er, Wagner von seinem gestrigen Tag zu berichten.
»Junge, Junge, wenn ich so viel Mist an der Hüfte hätte, würde ich auch so aussehen wie du«, resümierte Wagner mit ernstem Gesicht, als Lenz fertig war. »Was willst du jetzt machen? Mit ihr nach Amerika fliegen?«
»Wie es aussieht, stehe ich morgen allein am Flughafen. Darauf hab ich zwar keine Lust, aber wegfliegen werde ich trotzdem. Schau ich mir halt New York an.«
»Und wenn Bartholdy dich in den nächsten drei Wochen hier erwischt, kannst du dich sowieso aufhängen.«
»Das ist mir auch klar. Ich mache ja Urlaub, nur vielleicht nicht den geplanten.«
»Das wäre aber echt schade. Ich hatte mir schon vorgestellt, wie du da oben hockst, runterguckst und eine Kotztüte nach der anderen vollmachst.«
»Ich sag ja, wenn man einen braucht, der …«
Das Klingeln seines Telefons unterbrach Lenz, der das Gespräch annahm und nur kurz ›ich komme runter‹ sagte.
»Thilo hat Neuigkeiten und Sehnsucht nach mir«, erklärte er Wagner, stand auf und verabschiedete sich von seinem Freund.
*
»Das Ergebnis der DNA -Analyse aus dem Transporter ist da«, wurde er von Hain empfangen. »Heini hatte recht, und das sogar in mehrfacher Hinsicht.«
»Nun mach mal langsam, Thilo. Erstens hab ich Urlaub, zweitens ziemlich wenig geschlafen und drittens üble Laune.«
»Ist mir egal. Ab heute bin ich der Boss. Und wenn du miese Laune hast, kannst du gleich wieder abhauen.«
»Na ja, so mies ist sie eigentlich gar nicht«, versuchte Lenz ihn zu beruhigen. »Was hat denn der gute Heini für uns?«
»Er hat drei verschiedene DNA -Materialien in der Kiste gefunden. Den Popel, zu dem es eigentlich nichts mehr zu sagen gibt. Dann hat er noch Haare gefunden und Blut und alles von der gleichen Person. Er ist sich sicher, dass jemand in der Kiste transportiert worden ist, der verletzt war.
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