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Eiszeit in Bozen

Eiszeit in Bozen

Titel: Eiszeit in Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rueth
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strapaziert, dass wir uns bis
zur Pensionierung mit Handtaschendiebstählen rumschlagen dürfen.«
    Vincenzo musste schmunzeln. Es war ein gutes Gefühl, einen Kollegen
zu haben, der es sogar in dieser Situation schaffte, ihn ein wenig
aufzuheitern. »Oder mit Cantuccini-Diebstählen. Direkt aus meiner Schublade.
Stellen Sie sich das vor, Ispettore!«
    »Malen Sie nicht den Teufel an die Wand, Commissario!«, erwiderte
Marzoli im Tonfall tiefer Empörung.
    ***
    Alfredo dal Monte verlor die Fassung. »Was erzählst du da?
Gianna soll entführt worden sein? Bist du wahnsinnig?«
    Davor hatte sich Vincenzo gefürchtet. Warum sollten Giannas Eltern
anders reagieren als er? Für sie alle war es eine Katastrophe. »Ich kann es
noch nicht mit Bestimmtheit sagen, Alfredo. Wir haben noch keine
Lösegeldforderung und auch keinen anderen Beweis, aber es ist die einzig
logische Erklärung. Geh bitte zur nächsten Polizeidienststelle und melde
Giannas Verschwinden, damit offizielle Maßnahmen eingeleitet werden können. Wir
haben uns in der Questura aufgeteilt. Ich kümmere mich in erster Linie um
Gianna, Marzoli um den Mord. Selbstredend arbeiten wir zusammen, weil wir
vermuten, dass beides zusammenhängt. Wir haben die volle Rückendeckung von
Baroncini.«
    »Warum sollte jemand Gianna entführen? Wollen die Geld? Das können
sie haben. Hörst du?«
    Vincenzo hatte Alfredo weder von dem ominösen Brief noch von Giannas
Halskette erzählt. Er wusste auch jetzt nicht, wie viel er Alfredo sagen
durfte. Giannas Eltern hatten ein Recht, alles zu erfahren, was mit der
Entführung zu tun hatte. Andererseits wollte Vincenzo sie nicht zusätzlich in
Panik versetzen. Es war schlimm genug, dass er selbst befürchtete, jeden Moment
durchzudrehen. »Wir müssen abwarten, bis sich jemand meldet, Alfredo. Wir
sollten versuchen, einen klaren Kopf zu bewahren. Alles andere hilft uns nicht weiter.
Gib eine Vermisstenanzeige auf, erläutere den Hintergrund. Sieh zu, dass du
Nadia beruhigst. Die meisten Entführungen verlaufen glimpflich. Gianna wird
bald wieder da sein, glaub mir.«
    Vincenzo hatte es mit seiner demonstrativen Gelassenheit geschafft,
Alfredo, den sonst so kühlen, strategisch denkenden Rechtsanwalt, halbwegs zu
besänftigen. Aber er selbst war alles andere als gelassen. Er war in heller
Aufregung, ihm war, als bräche die ganze Welt um ihn zusammen.
    Er hatte keine Ahnung, wie er nun vorgehen sollte. Es gab nicht den
kleinsten Hinweis auf Giannas Aufenthaltsort. Alles, was sie hatten, waren eine
grausam zugerichtete Leiche eines Unbekannten mit Giannas Kette um den rechten
Fuß, ein seltsamer Brief des mutmaßlichen Entführers, in dem er Vincenzo ein
abstruses Spiel aufzwang, einen im Hochsicherheitstrakt eingesperrten
psychopathischen Serienmörder und eine bislang ergebnislose Fahndung nach
Michael Oberrautner.
    Das Telefon läutete. Im Display erkannte Vincenzo die Nummer des
Empfangs, Paolo Verdi. »Es ist wieder was für dich abgegeben worden, ein Paket
diesmal. Holst du es dir oder soll ich es bringen?«
    Vincenzo holte sich die Sendung am Empfang ab. Das Päckchen war
nicht groß, ungefähr DIN-A 5-Format. Es wog wenig,
war nicht adressiert – eine weitere Nachricht des geheimnisvollen Spielers? Auf
dem Rückweg ins Büro besorgte er sich eine große Kanne Kaffee. Er hatte die
ganze Nacht kaum ein Auge zugetan, allmählich war er mit seiner Kraft am Ende.
Vielleicht half wenigstens Koffein.
    Vorsichtig öffnete er den braunen Pappumschlag. Zum Vorschein kamen
ein Handy nebst Ladekabel und ein weißer Briefumschlag, den er mit zitternden
Händen sofort öffnete. …  achte auf meine Zeichen …
    Lieber Vincenzo,
    ich freue mich, dir mitteilen zu können,
dass unser Spiel begonnen hat. Ich hoffe, du hast meinen ersten Hinweis
gefunden. Verstehst du ihn zu deuten? Bitte verzeih, dass du dir meinetwegen
Sorgen machen musst. Doch ich befürchte, anders funktioniert das Spiel nicht.
Keine Angst, ab jetzt läuft die Uhr rückwärts. In absehbarer Zeit ist es
vorbei, es gibt einen Gewinner und einen Verlierer.
    Zu den Regeln:
    Ich bin der Spielführer. Meine Funktion
besteht u.a. darin, dir Aufgaben zuzuteilen, die du im Rahmen der Spielregeln
erfüllen musst. Gelingt es dir, gibt es Punkte für dich. Wenn nicht: Punkte für
mich, eine Strafe für dich. Für diesen Zweck – und nur dafür! – ist das Handy
bestimmt, das ich dir mitgeschickt habe. Es ist dein Spielstein, der
ausschließlich dazu dient, Anweisungen des

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