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Eiszeit in Bozen

Eiszeit in Bozen

Titel: Eiszeit in Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rueth
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Weise
bekannt vor.
    Auf dem Weg in die Questura rief er Hans Valentin an, um ihm eine
Personenbeschreibung von Michael Oberrautner durchzugeben. Für den
unwahrscheinlichen Fall, dass er ihm auf einem abgelegenen Gletscher begegnete.
    ***
    Um zehn Uhr saß Vincenzo im Büro des Vice-Questore. Zuerst
sprachen sie über die Ergebnisse der Spurensicherung in Zabatinos Wohnung. Das
Resultat war überraschend. In der gesamten Wohnung fanden sich lediglich drei
verschiedene Fingerabdrücke. Zwei stammten von Anneliese Kössler und Edoardo,
dem Hausmeister. Der dritte musste folgerichtig zu Zabatino gehören. Das
bedeutete, dass dieser Mensch ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt in seiner
Wohnung gehaust haben musste, was bemitleidenswerte Rückschlüsse auf den
Seelenzustand des Psychiaters zuließ. Für die Ermittlungen war dieser Befund aber
nutzlos.
    Die Nerven zum Zerreißen angespannt, starrten beide dann schweigend
auf das Telefon. Marzoli hatte Filippo Garoffolo morgens aus seiner Zelle
geholt und ihm mitgeteilt, er werde aus Platzgründen nach Brixen verlegt. Sie
hatten vereinbart, dass Marzoli die Staatsstraße 12 nehmen sollte, die an
der Grenze zu Österreich in die alte Brennerstraße überging. Hier gab es mehr
abgelegene Parkmöglichkeiten. Sabine Mauracher stand bereit, um augenblicklich
mit der Observierung zu beginnen. Sie konnten nur hoffen, dass ihnen Garoffolo
keinen Strich durch die Rechnung machte, indem er auf die exzellente
Fluchtmöglichkeit verzichtete.
    Nach zwanzig Minuten klingelte der Apparat endlich. Baroncini
blickte zu Vincenzo hinüber, dann nahm er ab.
    Maurachers Plan war aufgegangen. Wie von Baroncini angeordnet,
meldete sie sich umgehend, um mitzuteilen, dass Garoffolo geflohen sei und
erwartungsgemäß Richtung Bozen laufe. Auf der Höhe von Kardaun hatte Marzoli
behauptet, dringend austreten zu müssen, war rechts rangefahren und aus dem
Wagen gehechtet. Er ließ sich gut zwei Minuten Zeit. Als er wiederkam, war
Garoffolo verschwunden.
    Für Vincenzo folgte nun der unangenehmste Teil dieser Aktion im
Grenzbereich der Legalität. Er musste Fernando Fasciani, den Reporter der »Dolomiten«,
informieren und sich dabei einer Notlüge bedienen, eine Verhaltensweise, die
ihm zutiefst zuwider war. Er zog sich in sein Büro zurück und griff zum
Telefon. » Buongiorno , Signor Fasciani.« Dann
unterrichtete Vincenzo Fasciani über die Flucht von Garoffolo, bat darum, ein
Bild von ihm zu veröffentlichen, um die Suche nach ihm zu unterstützen, und
gestand kleinlaut die Pannen seitens der Polizia di Stato ein.
    »Mir stellt sich die Frage, Commissario Bellini, warum Sie Garoffolo
nicht persönlich nach Brixen gebracht haben. Immerhin hat er in Bozen
ziemliches Unheil angerichtet. Warum haben Sie damit einen einfachen Ispettore
beauftragt?«
    Am liebsten hätte Vincenzo, der seinen Kollegen Guiseppe Marzoli
menschlich wie beruflich über alle Maßen schätzte, in den Hörer gebrüllt: »Weil
er ein toller Polizist und Kollege ist. Da staunen Sie, was?« Aber er wusste,
was der Entführer morgen in der Zeitung lesen wollte, und schwieg.
    Sie unterhielten sich noch eine Weile, und dabei kam Vincenzo ein
befremdlicher Verdacht. »Signor Fasciani, wollen Sie mir eigentlich zwischen
den Zeilen irgendetwas sagen? Wissen Sie mehr, als Sie zugeben?«
    »Commissario, woher sollte ich Informationen haben, wenn nicht von
Ihnen? Ihr Gefühl trügt Sie.«
    Vincenzo legte auf. Sie hatten die Forderungen des Entführers
erfüllt. Eine nicht machbare, eigentlich illegale Aktion, sie hatten sie
durchgezogen. Was kam als Nächstes? Das ganze widerwärtige Spiel zielte darauf ab, dass Vincenzo samt seiner Spielsteine einen Spielzug nicht schaffte. Es ging darum, ihn und
die Bozener Polizei zu demütigen.
    Der Rest des Tages verlief unspektakulär. Der Entführer meldete sich
nicht, von Hans gab es nichts Neues, die Fahndung nach Michael Oberrautner
blieb erfolglos. Heute konnte Vincenzo nichts mehr ausrichten. Da sich das
Wetter hielt, fuhr er früh nach Hause, um den Tag mit einem längeren Lauf
ausklingen zu lassen. Er blieb in der Nähe von Sarnthein und lief mit dem Handy
des Spielführers in der Hand.

14
    Bozen, Dienstag, 12. Oktober
    Normalerweise ließ sich Vincenzo von Paolo Verdi jeden Tag
die aktuelle Ausgabe der »Dolomiten« geben, sobald dieser sie ausgelesen hatte.
Heute dauerte es ihm zu lang. Er hatte sich eine eigene Zeitung gekauft und
verschwand samt einer Kanne Kaffee damit in seinem

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