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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Eisfeldes, sondern weil die Vorstellung, Harry zu verlieren, sie erschütterte. Sie gab den Versuch auf, das Gleichgewicht zu bewahren, setzte sich auf das Eis und begann haltlos zu zittern.
     
    Nur Schneeflocken bewegten sich, fielen aus der Dunkelheit im Westen und in die Dunkelheit im Osten. Das einzige Geräusch war die verdrossene Stimme des Windes, die ein Klagelied sang.
    Harry hielt sich auch weiterhin am Schneemobil fest und zog sich hoch. Sein Herz hämmerte so heftig, daß es gegen seine Rippen zu schlagen schien. Er versuchte, im Mund etwas Speichel zu sammeln, um seine ausgedörrte Kehle zu befeuchten. Die Furcht hatte ihn so gründlich ausgetrocknet, wie es ein heißer Wüstenwind aus der Sahara kaum besser vermocht hätte. Als er wieder zu Atem kam, wischte er seine Brille ab und schaute sich um.
    Pete Johnson half Claude auf die Füße. Der Franzose stand auf wackligen Beinen, war offensichtlich aber nicht verletzt. Pete hatte nicht mal weiche Knie; vielleicht war er in der Tat so unverwüstlich, wie es immer den Anschein hatte.
    Beide Schneemobile standen aufrecht und waren unbeschädigt. Die Scheinwerfer leuchteten in die weite Polarnacht, enthüllten in dem brodelnden Meer aus windgetriebenem Schnee aber nur wenig.
    Aufgeputscht vom Adrenalin, kam Harry sich für einen Moment wieder wie ein Junge vor, rot vor Aufregung, aufgestachelt von der Gefahr, begeistert allein von der Tatsache, überlebt zu haben.
    Dann dachte er an Rita, und sein Blut floß plötzlich kälter durch seine Adern, als es der Fall gewesen wäre, wenn er nackt durch den gnadenlosen Polarwind gelaufen wäre. Das provisorische Lager war im Schutz einer gewaltigen Auffaltung errichtet worden, einer hohen Eiswand, die entstanden war, als sich einzelne, in Bewegung befindliche Eisschichten ineinander verkeilt hatten und von dem nachfolgenden Eis hochgeschoben worden waren. Normalerweise war das der beste Ort für so ein Zwischenlager. Aber bei den Erschütterungen, die sie gerade durchgemacht hatten, war diese Eiswand vielleicht zerbrochen...
    Der verwirrte Junge verblich in die Vergangenheit, in die er gehörte, er wurde in Harrys Kopf zu einer Erinnerung unter vielen anderen an die weiten Felder Indianas, an die zerlesenen Ausgaben vom National Geographer und an die Sommernächte, in denen er die Sterne und ferne Horizonte betrachtet hatte.
    Setz dich in Bewegung, dachte er, mitgerissen von einer Angst, die viel größer als die um sein eigenes Wohl war. Pack die Sachen zusammen, setz dich in Bewegung, fahr zu ihr.
    Er eilte zu den anderen Männern. »Jemand verletzt?«
    »Nur etwas durchgeschüttelt«, sagte Claude. Er war ein Mann, der sich nicht nur weigerte, sich einem Unglück zu ergeben, sondern davon tatsächlich mit neuem Mut erfüllt wurde. »Was für eine Karussellfahrt!« sagte er mit einem heitereren Lächeln, als er es den ganzen Tag zustande gebracht hatte.
    Pete warf Harry einen Blick zu. »Was ist mit dir?«
    »Mir geht es gut.«
    »Du blutest.«
    Als Harry seine Oberlippe berührte, blieben helle Klumpen aus gefrorenem Blut, die wie Splitter eines Rubins aussahen, an seinem Handschuh haften. »Nasenbluten. Hat schon wieder aufgehört.«
    »Ist ein todsicheres Rezept gegen Nasenbluten«, sagte Pete.
    »Was?«
    »Eis in den Nacken.«
    »Für diesen blöden Witz sollten wir dich hier einfach zurücklassen.«
    »Packen wir die Sachen zusammen und fahren los.«
    »Im Lager könnten sie in ernsthaften Schwierigkeiten sein«, sagte Harry und spürte, wie sein Magen sich erneut umdrehte, als er die Möglichkeit in Betracht zog, Rita vielleicht verloren zu haben.
    »Das dachte ich auch gerade.«
    Der Wind zerrte an ihnen, als sie sich an die Arbeit machten. Der Schnee fiel fein und dick. Der Sturm raste mit überraschender Heftigkeit heran, und in einer unausgesprochenen Ahnung der wachsenden Gefahr bewegten sich die Männer mit stiller Dringlichkeit.
    Als Harry das letzte Instrument auf dem Anhänger des zweiten Schneemobils festzurrte, rief Pete ihn zu sich. Er wischte sich die Brille ab und ging zum anderen Fahrzeug hinüber. »Was ist los?«
    »Während der Erschütterung ... haben die Schneemobile sich da stark bewegt?«
    »Ja, zum Teufel, sie sind auf und ab gesprungen, als wäre das Eis ein verdammtes Trampolin.«
    »Nur auf und ab?«
    »Weshalb fragst du?«
    »Gar nicht seitwärts?«
    »Was?«
    »Na ja, ich meine, sind sie vielleicht seitwärts gerutscht? Haben Sie sich gedreht?«
    Harry drehte dem Wind den Rücken

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