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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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sich gekehrt, hat seine anfängliche Heiterkeit verloren. Bisher hat er kein einziges Wort über das ominöse Treffen verloren. Gut so. Martina hofft, daß die Angelegenheit inzwischen in Vergessenheit geraten ist. Hier unter den Menschen im Hotel fühlt sie sich sicher.
    Als es draußen zu dämmern beginnt, fragt sie besorgt, ob es nicht besser wäre aufzubrechen, um nicht zu spät nach Erfurt zurückzukehren.
    „Wir haben Zeit, unser Zug fährt erst später“, ist seine kurze Antwort. Doch Augenblicke danach entschließt er sich: „Gut, laß uns gehen, wir machen noch einen Spaziergang, ehe es dunkel wird!“
    Gegen 17.15 Uhr brechen sie auf. Eine Angestellte des Hotels hält die große Pendeltür am Eingang zurück, damit Martinas Rollstuhl ungehindert passieren kann. Draußen übernimmt Dieter wieder die Führung. Er steuert Martina durch den kleinen Ort bergan bis zu einem Waldweg, in den er einbiegt.
    „Es wird bald dunkel“, bemerkt Martina nach einer halben Stunde und will wissen, wann der Zug fährt.
    „Wir haben noch fast drei Stunden Zeit“, beruhigt er sie.
    Plötzlich erhöht er das Tempo, schiebt den Rollstuhl eilig vor sich her und biegt unerwartet in einen schmalen, abwärts führenden Trampelpfad ein, der durch dichtes Unterholz führt. Die Gegend wird immer unwegsamer. Unsanft holpert der Rollstuhl über Wurzeln und Steine.
    „Was soll das, spinnst du“, schimpft Martina verärgert und fordert Dieter auf, umzukehren.
    „Wir fahren jetzt hier entlang“, entgegnet er in barschem Ton. Doch Martina gibt nicht auf und schreit ihn an: „Fahr mich auf der Stelle zurück!“
    Er ignoriert Martinas Aufforderung und schiebt keuchend das Gefährt weiter durch das knöchelhohe Laub. Dann herrscht er sie an: „Du machst jetzt, was ich will!“
    Jetzt ahnt Martina Schlimmes. Sie zittert am ganzen Leib. Angstvoll jammert sie: „Was hast du vor?“
    „Bis zum bitteren Ende bleiben wir zusammen“, stößt Dieter hervor und schiebt Martina durch das Dickicht bis zu einer kleinen Lichtung.
    Sie spürt die akute Bedrohung, will sich wehren und versucht zu schreien. Vergeblich: Die Angst lähmt ihre Stimme. Verzweifelt schlägt sie mit den Armen um sich. Ihr Widerstand jedoch ist schwach, ihr erbärmliches Wimmern beeindruckt Dieter nicht. Er hebt Martina unsanft aus dem Rollstuhl und setzt sie auf den kalten Waldboden.
    „Bitte laß mich! Tu mir nichts“, fleht sie ihn an. Während er mit einer Hand Martinas Arme festhält, holt er blitzschnell mit der anderen eine etwa zwei Meter lange Leine aus der Manteltasche und schlingt ein kurzes Ende um ihren Hals.
    „Laß mich leben“, ächzt sie gequält.
    Dieter hat sich inzwischen auf sie gelegt, um sie an einer ernsthaften Gegenbewegung zu hindern und zieht den Strang mit beiden Händen zu. Tiefer und tiefer gräbt sich die Leine in Martinas Hals, während er tränenvoll, verzweifelt schluchzt: „Ich liebe dich doch!“
    Aber Martina hört ihn nicht mehr. Der Druck in ihren Ohren verhindert jede Wahrnehmung. Sie versucht, nach Luft zu schnappen. Dieter läßt nicht locker. Er verknotet die Schlinge an der Vorderseite ihres Halses derart fest, daß Martinas Zungenbein zerbricht. Er bleibt so lange auf dem Körper seiner Freundin liegen, bis kein Lebenszeichen zu spüren ist. Mit Mühe richtet er sich dann auf. Wie in Trance klappt er Martinas Rollstuhl zusammen, knüpft das lange Ende der Leine an einem Baum, als wolle er die Tote daran hindern, davonzulaufen. Mit einer zweiten, kurzen Leine will er sich nun selbst erhängen. In Kopfhöhe befestigt er den Strang am Stamm. Doch er zögert, sich die Schlinge um den Hals zu legen. Schluchzend und kraftlos sackt er vor dem Baum zusammen: Seine Tötungsenergie ist aufgebraucht.
    Es dauert eine Weile, bis er sich wieder faßt. Jetzt wird ihm das Ausmaß des entsetzlichen Geschehens klar. Panische Angst engt seine Sinne ein. Nur ein Gedanke beherrscht ihn: weg von diesem Ort. Eilig zwängt er sich durch das Dickicht bis zum Trampelpfad, irrt lange im unwegsamen Gelände umher, bis er den Waldweg nach Oberhof findet. Er ordnet seine Kleidung und geht betont gemächlich in Richtung Bahnhof. Die Dunkelheit bricht bereits herein, als er gegen 19.00 Uhr am „Ernst-Thälmann-Haus“ vorübergeht.
    Kurz vor Mitternacht nimmt er an der Rezeption des Interhotels „Erfurter Hof“ seinen Zimmerschlüssel in Empfang. Die Dame hinter dem Tresen blickt ihm nach, als er den Lift besteigt. Sie wundert sich, daß die junge

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