Ekel / Leichensache Kollbeck
hängende kunstlederne Jacke untersuchen. Schon eine erste Besichtigung ergibt, daß im Ärmelfutter unzählige Bruchstücke grüner Wollfasern haften, deren mikroskopische Betrachtung eine frappierende Übereinstimmung im Material und Farbton ergibt. Die Motorradjacke wird beschlagnahmt und verschwindet in der sterilen Plastiktüte, die Schönborn bereithält.
Nun gibt sich Korges zufrieden. Und Essenbach wird festgenommen.
Schönborn und die Kriminaltechniker ziehen sich mit ihrer Beute in das Polizeilabor zurück. Dort untersuchen sie die Faserstücke vom Tatort und der Bekleidung des Mädchens mit speziellen mikroskopischen Verfahren, messen ihre Dicke und fertigen für jede Spur sogenannte Durchlässigkeitskurven an. Dann analysieren sie die grünen Fasern aus der Motorradjacke auf dieselbe Weise und vergleichen die Ergebnisse mit denen der Tatortspuren. Ihre Schlußfolgerung ist von hoher Beweiskraft: alle Fasern sind artgleich. Weil aber die grünen Schafwollfasern weder in der Bekleidung der Marlies Stenzel noch im Futter der Motorradjacke Essenbachs verarbeitet wurden, müssen sowohl die Innenseite der Jacke, die Bekleidung des Opfers und das Holunderstrauchwerk am Fundort der Leiche mit dem gleichen grünfaserigen Wollprodukt in Kontakt gekommen sein. Dieser schlüssige Beweis führt zum Erlaß eines Haftbefehls gegen Hartmut Essenbach.
In der Beschuldigtenvernehmung am 24. November 1969 gesteht Essenbach, dem Mädchen in den Morgenstunden des 12. Oktober am Busbahnhof in Karl-Marx-Stadt begegnet zu sein, als er nach seiner Tochter Ausschau hielt. Er habe Marlies auf seinem Motorrad mitgenommen. Unterwegs sei es zu einem Streit mit ihr gekommen. Dadurch sei er so in Rage versetzt worden, daß er das Mädchen blindlings erwürgt habe, ohne dies zu wollen. Aus Angst vor den rechtlichen Konsequenzen habe er die Leiche zwischen den Holundersträuchern am Lichtenwalder Weg versteckt.
Korges wertet diese Einlassungen nur als Teilgeständnis, das im Kern lediglich eine Täterschaft Essenbachs beweist, aber die Spurenlage völlig ausklammert. Erst nachdem Essenbach zwei Gerichtsärzten vorgestellt wird, die an Hand seiner Konstitution, Körpermaße und der Form und Länge seiner Fingernägel den geschilderten Tathergang rekonstruieren und mit den objektiven Befunden an der Leiche vergleichen, werden die Ungereimtheiten deutlich.
Dann erst entschließt er sich zu einer wahrheitsgemäßen Darstellung des Tatablaufs.
In Wahrheit ist Essenbach in den Morgenstunden des 12. Oktober mit seinem Motorrad in Karl-Marx-Stadt gewesen, um seine Tochter Katrin zu suchen. Am Busbahnhof begegnet er Marlies Stenzel, der Freundin seiner Tochter. Bereitwillig bietet er dem Mädchen an, es heim nach Frankenberg zu fahren und arglos willigt das Mädchen ein. Immerhin ist seine Familie mit der ihrigen seit Jahren befreundet. Am Lichtenwalder Weg täuscht Essenbach einen leichten Defekt an seinem Motorrad vor, den er scheinbar behebt, die Rast aber gleichzeitig zu einer Zigarettenpause nutzt. Großzügig bietet er dem Mädchen eine Zigarette an. Er tritt einige Meter weit zwischen die Holunderbüsche. In einer kleinen Lichtung entledigt er sich seiner dunkelbraunen Motorradjacke und breitet sie unter sich aus. Er präsentiert Marlies seinen grünen Rollkragenpullover. Marlies findet, daß ihn der Pullover kleidet und sportlich macht. Essenbach kniet sich mit einem Bein auf die ausgebreitete Jacke. Den Fuß des anderen Beines richtet er so aus, daß Unter- und Oberschenkel mit seinem Körper jeweils einen rechten Winkel bilden. Scherzend bietet er Marlies an, auf seinem Oberschenkel Platz zu nehmen. Und scherzend macht sie davon Gebrauch. Dann rauchen sie.
Schnell lenkt er das Gespräch auf sexuelle Themen. Immer intensiver gleiten dabei seine Hände über ihren Körper, bis er ohne Umschweife zwischen ihre Beine faßt und einen Geschlechtsverkehr mit ihm verlangt. Marlies springt auf, doch Essenbach ist sofort bei ihr, grapscht mit groben Händen an ihre Brüste. Mehrmals versucht er, das Mädchen zu Fall zu bringen. Marlies verbittet sich diese Anzüglichkeiten und droht, seiner Familie diese plumpen sexuellen Annäherungen zu offenbaren. Mit äußerster Roheit fällt er über sie her. Verzweifelt schlägt sie um sich, doch unter seinem festen Würgegriff erlahmen ihre Kräfte schnell. Opfer und Täter sinken zu Boden. Und während Marlies in den folgenden Augenblicken ihr Leben aushaucht, reagiert sich Essenbach zwischen ihren
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