Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
Angstschweiß gebadeten Mann nieder.
    »Oh, Senor, macht Euch keine Gedanken. Ich bin schon wieder ganz gesund«, antwortete der mit fieberheißer Stirn; denn der Vorschlag des »Arztgehilfen« hatte ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt.
    »Rede kein dummes Zeug, hombre«, meinte Michel streng. »Es sieht doch ein Blinder, daß es dir schlecht geht.« »Aber der Senor Medico sagte, ich verstelle mich nur. Es wäre mein Tod, wenn man mich jetzt ins Wasser tauchte. Ich leide wahnsinnige Schmerzen.«
    »Zeig mir die Stelle genau.«Der Mann deutete auf die Blinddarmgegend.
    »Verdammt, amigo, das ist schlimm.«
    »Werde ich sterben müssen?« fragte der Kranke ängstlich. »Was habe ich?« Michel blickte Marina mit zusammengekniffenen Augen an. Dann sagte er auf französisch: »Ich hätte nie für möglich gehalten, daß man so entmenscht sein kann wie Ihr, Monsieur Arztgehilfe.«
    Marina lief rot an vor Zorn.
    »Was wollt Ihr«, antwortete sie in derselben Sprache. »Ich bin kein Chirurg und kann nicht operieren. Man weiß bei diesen Burschen nie, ob sie wirklich krank sind oder ob sie sich verstellen.«
    »Auf den Gedanken, die Leute mit dem Kranken zu mir zu schicken, seid Ihr wohl bisher noch nicht gekommen.«
    »Pah, Ihr seid nicht der Schiffsarzt. Über die Kranken an Bord bestimme ich. Packt Euch!« Michel wandte sich an Diaz Ojo.
    »Wollt Ihr mir Euern companero zur Behandlung übergeben? Ich weiß nicht, ob ich ihm werde helfen können; aber den Versuch will ich wagen. Ich bin Arzt.« Diaz Ojo kratzte sich vor Verlegenheit hinterm Ohr.
    »Bueno, Senor, aber ich weiß nicht recht; nicht, daß jemand von uns was gegen Euch hätte; aber der Kapitän — — ich weiß nicht, Senor — — —«
    »Muy bien«, sagte Michel entschlossen, »lassen wir den Patienten selbst entscheiden. Nun, companero, wie ist's, soll ich dich in die Kur nehmen?«
    Der Kranke, dem alles recht war, nickte schwach. Zumindest entging er damit einer Behandlung, wie sie der »Medico« angeordnet hatte.
    Michel sah sich in der Arztkoje um. Bald hatte er einen kleinen Koffer mit wenigen Instrumenten entdeckt. Sehr gut ausgerüstet war Doktor Garcia nicht gewesen. Eine Sonde gab es da, ein scharfes Messer, viel zu groß, als daß man damit sorgfältig hätte operieren können, eine stumpfe Knochensäge und Binden zum Abschnüren der Venen, doch kein einziges schmerzlinderndes Medikament. Michel packte die »Instrumente« wieder in den Koffer. Zu jener Zeit kannte man die heute sehr einfache Blinddarmoperation noch nicht. Damals gehörte eine Blinddarmentzündung zu den gefährlichsten Darmerkrankungen und war, wenn überhaupt, dann nur durch eine langwierige innere Behandlung zu heilen.
    Michel schickte die Leute, die den Kranken gebracht hatten, fort und befahl dem Arztgehilfen in unfreundlichem Ton, lauwarmes Wasser heranzuschaffen.
    Widerwillig fügte sich Marina diesem Befehl. Sie glaubte sich immer noch unerkannt von Michel und wollte es deshalb nicht auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen. Michel verfertigte sich mittels eines ausgetrockneten Ziegendarms eine Art Klistierspritze, die er dem Kranken in den Darm einführte. Marina mußte aus einem Topf durch einen Trichter langsam lauwarmes Wasser in den Darm gießen.
    Der Kranke stöhnte auf wie ein Gefolterter. Der Druck auf seinen Leib verstärkte sich durch das erbarmungslos nachfließende Wasser bis zur Unerträglichkeit. Auf einmal konnte er nicht mehr an sich halten und entleerte sich mit einem solchen Strahl, daß Marina über und über mit Exkrementen bespritzt wurde. Wie eine Furie warf sie den Wassertopf auf den Kopf des unglücklichen Opfers, drehte sich tobend um, ergriff eine in der Nähe liegende Peitsche und schlug sie dem stöhnenden Patienten vor Wut über den nackten Rücken.
    Das alles war viel schneller geschehen, als man es beschreiben kann. Michel, der nur Augen für seinen Patienten hatte, bemerkte den Wutausbruch des »Arztgehilfen« zu spät. Gerade, als die Peitsche zum zweitenmal auf den Rücken des Unglücklichen niedersauste, packte Michel das unbeherrschte Weib am Kragen und schüttelte sie hin und her.
    »Ihr seid des Teufels, Gräfin«, rief er laut, jegliche Vorsicht außer acht lassend. »Was kann der arme Mensch dafür, daß Ihr eine so schlechte Krankenschwester seid? Ihr seid hier als Arztgehilfe auf dem Schiff und habt Euch als solcher auch damit abzufinden, wenn es mal ein wenig schmutziger zugeht, als Ihr es gewohnt seid.«
    Marina war

Weitere Kostenlose Bücher