El Silbador
Jeden Gegenstand, der sich in seinem Zentrum befindet, nimmt er mit und trägt ihn mit einer Schnelligkeit von oft hundert Seemeilen davon. Wenn er sich vom Meer auf das Land hinzieht, so wird jedes Schiff an den Klippen zerschellen und ist rettungslos verloren. Ein solcher Wirbelsturm stand also in dieser Nacht bevor.
»Hola, hombres, adelante, auf die Wanten! Mindert und bergt die Segel! Großmars- und Bramsegel nieder! Alle Großsegel reffen und Gaitaue einholen!« brüllte der Steuermann, der auf dem Kommandokastell neben dem Kapitän stand und dessen Anweisungen an die Leute weitergab.
Gerade, als die kleinen Sturmsegel gesetzt waren, kam der erste Wind auf.
»Nehmt selbst das Steuer, Senor Virgen«, befahl der Kapitän. »Ich werde hier oben schon allein fertig.«
Der Steuermann schickte noch einen Blick zum Himmel, der sich mit zunehmender Schnelligkeit bewölkte.
»Gleich geht's los, Capitan. Die Mannschaft soll sich anbinden!«
»Bueno«, antwortete der Kapitän unruhig. Dann aber brüllte er mit fester Stimme: »Alle Leute, die nicht unbedingt gebraucht werden, unter Deck. Die übrigen festbinden. Mann über Bord kann nicht gerettet werden. Ausguck freimachen!«
Ein Matrose stieg eilends aus dem Mastkorb herab. Als er auf halber Höhe war, hielt er plötzlich inne. Dann kam seine Stimme, schrill und durchdringend:
»Schiff backbord voraus. Führt britische Flagge. Befindet sich am Rand des Zentrums!« Der Kapitän hatte ihn noch gehört. Schnell setzte er sein Glas an; aber er konnte nichts mehr erkennen.
Dieses Schiff erhöhte die Gefahr beträchtlich. Man mußte unerhörtes Glück haben, wenn der Sturm die beiden Fahrzeuge nicht aneinanderkrachen ließ.
Der Wind wurde stärker und stärker. Und jetzt brach das Unwetter mit tosender Wucht über die »Trueno« herein. Die Masten bogen sich wie Streichhölzer. Die Planken stöhnten. Die See kochte, brodelte und zischte. Es war ein Höllentanz.Pedro Virgen ließ das Steuer fahren. Das Schiff drehte sich um sich selbst. Es war besser, man ließ das Ruder am Heck hin- und herflattern; denn wenn man es festhielt würde es dem Druck der Wellen nicht widerstehen können und brechen.
Michel hatte sich an der Vertäuung festgebunden. Er wollte nicht unter Deck.
Niemand konnte mehr etwas tun. Man mußte dem Schicksal seinen Lauf lassen. Vielleicht kam man mit einem blauen Auge davon.
In diesem Moment drang ein Schrei an Michels Ohr. Drüben am Aufgang, der zum Zwischendeck führte, wurde eine Gestalt sichtbar. Es war Marina, die aufs offene Deck wollte. Michel, wickelte sich ein Tauende um den Leib und kämpfte sich bis zu der Frau durch den Sturm.
»Geht hinunter, Gräfin«, schrie er sie an.
»Nein — nein«, zeterte sie angstvoll. »Es ist unheimlich dort unten. Ich will bei Euch bleiben.« Er packte sie und stieß sie in die Luke zurück, daß sie ein paar Stufen hinunterstolperte. Aber in Sekundenschnelle erschien sie wieder und wollte zu Michel, der ein paar Schritte weiter draußen, ungeschützt, nur von dem Seil gehalten, mitten im Sturm stand. Als Marina den windgeschützten Winkel verließ, wurde sie augenblicklich vom Luftwirbel erfaßt und gegen Michel geschleudert, der sie nur mit letzter Kraft zu halten vermochte. Sie hinter sich herziehend, kämpfte er sich erneut bis zur Luke durch und drängte Marina abermals die Stufen hinunter. Dann löste er sich das Tau vom Körper und sprang ihr nach.
»Ich will nicht hier unten bleiben«, wimmerte Marina, »man erstickt in dieser dumpfen Luft.« »Redet keinen Unsinn, Gräfin. Der Kapitän hat befohlen, daß sich nur die notwendigen Leute an Deck aufhalten sollen. Wir haben ein ziemlich festes Schiff, und wenn es der Vorsehung recht ist, werden wir die Sache überleben.«
Michels Gegenwart schien beruhigend auf Marina zu wirken. Sie kauerte sich im Kojengang auf den Boden.
»Ich bleibe hier, wenn Ihr mich nicht verlaßt. Sonst gehe ich wieder hinauf. Bitte, setzt Euch zu mir.«
Widerstrebend erfüllte er ihren Wunsch. Was hätte er auch tun sollen?
Da legte sie unvermittelt den Arm um seine Schulter und drängte sich dicht an ihn.
»Küßt mich«, flüsterte sie leise durch das Sausen des Sturms. »Denkt nicht mehr an die Vergangenheit. Wer weiß, ob wir die nächste Stunde überleben werden.«
Und mit einem kraftvollen Ruck riß sie Michels Kopf zu sich nieder.
Michel zog die Stirn in Falten. Dann stieß er plötzlich einen durchdringenden Pfiff aus.
Erschrocken ließ sie ihn
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