El Silbador
geheimnisvoller zu. Dort wohnte Abdallah, der Zweite Offizier, dem der Kapitän nicht recht traute. Und dieser Abdallah schmiedete Pläne. In. seinem brennenden Ehrgeiz wollte er selbst Kapitän auf der »Medina« werden; denn er merkte seit langem, daß Abu Hanufa den Freibrief des Daj von Al-Dschesair nicht richtig auszunutzen verstand.
Der Kapitän hatte zwar einen großen Mund; aber es schien ihm an Mut zu mangeln. Er wollte gern reiche Beute machen, doch es fehlte ihm die Courage für draufgängerische Unternehmungen.
Abdallah hatte sich schon hundertmal ausgerechnet, was er selbst als Kapitän verdienen würde --und man mußte ja nicht unbedingt alles an den Pascha abliefern.
Abdallah war listig und verschlagen. Er verstand es, den Augenblick für sich zu nutzen. Diesmal würde es ihm ohne Zweifel gelingen, den Pascha von der Unfähigkeit Abu Hanufas zu überzeugen. Dazu sollten ihm diese spanischen Sklaven dienen. Wie konnte ein Korsarenkapitän annähernd hundertfünfzig Giaurs, die ihm wie ein Geschenk Allahs in den Schoß gefallen waren, ziehen lassen, um sich mit fünfen zu begnügen!
Abdallah sog an seiner Wasserpfeife und trank eine Unmenge Mokka in sich hinein. Ab und zu blinzelte er in die trüb brennende ölflamme, deren Rackern gespenstische Schatten auf die Wände warf.
Da erklang ein Klopfen an der Tür. »Barra!«
Ein gewöhnlicher Matrose trat behutsam ein.
»Hat dich niemand gesehen, Jussuf?« vergewisserte sich Abdallah.
»Nein, Sayd. Allah verlieh mir den Gang der Katze und die Ohren des Schakals. Darf ich mich setzen?«
Abdallah nickte.
»Ich hoffe, Allah verlieh dir auch den Mut des Löwen.« Jussuf zog den Mund schief.
. »Ich werde für dich den Schejtan aus der Hölle holen, Sayd, wenn--du mich entsprechend bezahlst.«
Der Offizier ging darüber weg.
»Hör zu, ich habe einen interessanten Auftrag für dich, der nicht allzu schwer auszuführen ist. Einer der Gefangenen, die unser kluger Kapitän — Allah möge ihm Glück und Segen schenken — gegen hundertfünfzig eintauschte, spricht, wie du vernommen haben wirst, unsere Sprache. Zu ihm mußt du vordringen. Du mußt mit ihm reden. Wenn ihn der Pascha vernimmt, so soll er behaupten, daß dieser deutsche Hauptmann die fünf Gefangenen überrumpelte, um sie gegen Wasser einzutauschen und dem Kapitän den Verbündeten vorzuspielen, worauf dieser auch prompt hereinfiel. In Wirklichkeit aber — und das ist es, was die Gefangenen aussagen sollen — gehörten die Spanier, der Franzose und diese Deutschen von jeher zusammen, waren also Freunde. Freunde, die wiederum ihre eigenen Freunde preisgaben, um selbst ungeschoren davonzukommen. Wenn der Pascha das erfährt, so ist Abu Hanufas letzte Stunde gekommen, verstehst du?«
Es klopfte.Sofort warf sich Jussuf auf die Erde. Abdallah ergriff eine Nilpferdpeitsche, schwang sie über dem vor ihm liegenden Jussuf und brüllte:
»Habe ich dir nicht gesagt, daß du meine Befehle gewissenhaft auszuführen hast, du Hundesohn, du schiefgeborener Bastard, du Läuseträger und Rattenschreck — — —« Die Tür öffnete sich. Abul Mahasin stand auf der Schwelle.
»Halt ein, Abdallah, du prügelst die Leute wahllos wegen irgendwelcher Kleinigkeiten! Laß Jussuf gehen. Er ist ein guter Matrose und ein noch besserer Geschäftsmann.« Abdallah ließ die Peitsche sinken und verneigte sich leicht vor dem Ersten Offizier. »Dein Wunsch ist mir wie ein Befehl des Propheten, o Abul Mahasin. — Hinaus, du faules Stinktier!« brüllte er dann Jussuf an, der sich schnell entfernte. Er hatte Mühe, sich ein Lachen zu verbeißen.
»Wie kann man einen solchen Fettwanst nur zu einem Offizier machen«, murmelte er vor sich hin. »Der Kerl hat doch einen Verstand wie ein grauer Spatz.«
»Kann ich etwas für dich tun, o Abul Mahasin?« fragte Abdallah mit unterwürfiger Schläue. »Schaff mir Kaffee, wenn du noch welchen hast. Mein Quantum ist schon seit Tagen alle. Wird Zeit, daß wir an Land kommen. Nun, ich denke, unser Kapitän hat seinen Landurlaub grad so gut verdient wie ich. Fünf kräftige Sklaven ohne einen Schuß. Allah hat ihn erleuchtet. Allah ist groß.«
Abdallah nickte mit der Miene eines Biedermannes und befahl seinem Diener, Kaffee für den Gast zu bringen.
Die vier Spanier im Kielraum blinzelten in das Licht einer Öllaterne. Jardin, Ojo und Deste richteten sich etwas auf. Kapitän Porquez war zu schwach dazu. In ihm war kaum noch Leben. »Essen und trinken«, sagte der eintretende
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