Elben Drachen Schatten
Staub! Es dauerte nur wenige Sekundenbruchteile, und das tote Einhorn war nur noch Staub - der gleiche Staub übrigens, der den Boden bedeckte, auf dem sie standen. Ein lautes Stöhnen ging von Drolsthor und den Seinen aus. Fluchend traten sie auf den Staub, zu dem das Untier geworden war.
"Wir werden verhungern!", rief eine Frau. Eine andere Frau versuchte, den Staub zu essen, doch das führte nur dazu, dass sie sich übergeben musste. Nachdem sich die Fremden ein wenig von ihrem Schrecken erholt hatten, fragte Lakyr: "Seid Ihr bereits anderen Menschen begegnet, Herr Drolsthor?" Doch der Gefragte schüttelte den Kopf.
"Die einzigen lebenden Wesen, denen wir bis jetzt begegnet sind, sind dieses Einhorn und einer äußerst seltsamen Katze."~
"Eine Katze?"
"Ja."
"Was war so seltsam an ihr?" Ein wenig Hoffnung kam in Lakyr auf. Es mochte gut sein, dass die Zweiköpfige hier irgendwo im Chaos des blauen Nebels umherirrte. Jedenfalls wurde das Gesicht Drolsthors finster und sein Mund verzog sich.
"Sie hatte zwei Köpfe! Es muss ein Dämon gewesen sein!" Er schluckte.
"Sie hat Gidhalla getötet - meine Frau!", stieß er hervor und wandte sich ab.
"Wir wollten auch sie essen, aber keine Waffe vermochte etwas gegen sie auszurichten! Ich kann Euch nur vor ihr warnen!"
"Ich will nach der Katze suchen", erklärte Lakyr selbstbewusst. Drolsthor wirbelte herum.
"Seid Ihr lebensmüde?", stieß er schreckensbleich hervor.
"Die Katze wird mir nichts tun."
"Woher wollt Ihr das wissen, Herr? Warum seid Ihr Euch da so sicher?"
"Ich weiß es!" Der Anführer der Fremden wich einige Schritte zurück. Er und die Seinen zogen wieder ihres Weges und Lakyr und Gialbeth waren wieder allein in den blauen Nebelschwaden, die von einem eisigen Wind in Bewegung gehalten wurden.
"Gehen wir in die Richtung, aus der die Fremden kamen", bestimmte Lekyr.
"Aber die Katze...", sprach Gialbeth und dachte an die Worte des großen Hulkin, die ihm jetzt nicht mehr einfallen wollten.
"Habt Ihr Angst?" Gialbeth zuckte mit den Schultern.
"Jedenfalls verspüre ich kaum Lust dazu, von der Zweiköpfigen in Stücke gerissen zu werden", konterte er.
"Wenn man ihr nichts tut, so reißt sie einen auch nicht in Stücke!"
"Sie ist ein Tier, Herr Lakyr. Ein Tier, bedenkt dies..." Lakyr schwieg. Er rückte sein Schwert zurecht und sah den Zwerg scharf an.
"Wenn Ihr nicht mit mir gehen wollt, so ist das Eure Sache. Ich für mein Teil werde nach der Zweiköpfigen suchen!"
"Es könnte Euch das Leben kosten!"
"Ach was!"
"Was wisst Ihr schon davon, mit welchen Mächten und Wesenheiten sie hier Kontakt hatte, die unter Umständen dazu in der Lage wären, sie zu verändern!"
"Ich werde gehen - ohne Euch oder mit Euch, mein Zwerg, das spielt für mich lediglich eine untergeordnete Rolle!"
"Ich werde Euch begleiten, Lakyr, aber falls diese Bestie mir etwas tut, so tragt Ihr die Schuld!"
"Es war Euer freier Entschluss, mit mir zu gehen. Das Risiko ist also Euer!" Schweigend zogen sie los. Der kalte Wind blies ihnen von vorn ins Gesicht. Nach ihm vermochten sie sich ein wenig zu orientieren. Wäre er nicht gewesen, so wäre es für die beiden Wanderer schier unmöglich gewesen, eine bestimmte Richtung zu halten. Und auch so war es noch schwierig genug. Nachdem sie eine Weile durch den Nebel geirrt waren, bemerkte Lakyr auf dem Boden etwas, was ihn mit großer Freude erfüllte. Katzenspuren! Deutlich und fein waren sie auf dem staubigen Boden zu sehen, Sie mussten noch frisch sein, denn sonst hätte sie der ewige, kalte Wind längst verweht. Lakyr legte ein immer größeres Tempo vor, so dass Gialbeth Mühe hatte, mit dem Thorkyraner Schritt zu halten. Da verdüsterte ein riesenhafter Schatten den Nebel! Als die beiden weiter vordrangen, stellte sich heraus, dass es sich um eine alte, verfallene Burg handelte. Sie war schwarz und düster. Ob dies die schreckliche Burg Retneds war? Lakyr erschrak, als er sah, dass die Fußspuren der zweiköpfigen Katze durch das offene Burgtor führten!
"Ich hoffe nicht, dass Ratned in dieser Burg wohnt", sagte Gialbeth etwas ängstlich. Aber Lakyr lachte schallend.
"Ihr hofft das falsche, Freund Gialbeth! Je eher wir auf Retned treffen, desto besser! Nur durch ihn können wir wieder in unsere Heimatwelt gelangen!"
"Vielleicht wusste dies auch die Zweiköpfige!", meinte der Zwerg, wobei er auf die von dem Tier hinterlassene Fährte deutete.
"Möglich!", brummte Lakyr, wobei er seinen Weg fortsetzte. Gialbeth folgte ihm
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