Elben Drachen Schatten
tauchte nicht mehr auf.
"Ich frage mich, was wir eigentlich in Bedin wollen", sagte Krasi nachdenklich an Edro gewandt.
"Retned ist dort! Nur er vermag es, uns in unsere eigene Welt zurückzubringen!", war Edros Antwort.
"Wir kämpfen gegen einen Gott, Herr Edro! Bedenkt dies!"
"Ein alter Zauberer aus Ylland sagte mir einst, die Götter seien unsterblich. Es würde solange Götter geben, wie es Menschen gäbe", erklärte Mergun.
"Diese Welt stirbt, Freunde und mit ihr werden auch ihre Götter sterben", brummte Krasi.
"Hoffen wir`s!", knurrte Mergun.
Langsam tauchte nun eine düstere Kuppel aus dem Nebel auf. Das musste Bedin sein, die Nebelstadt des Rattengottes! Wie ein riesiges Ungeheuer thronte jene Stadt an den Ufern des NebelFlusses. Die Leute dieser Stadt trachteten danach, dem Untergang dieser Welt entgehen zu können. Standen ihre Chancen wirklich so schlecht, wie es aussah? Schließlich hatten sie einen Gott auf ihrer Seite! Das Boot wurde nun am Ufer festgemacht und Edro und die Seinen sprangen an Land. Vor ihnen lag jene schreckenerregende Steinkuppel, welche die Residenz Retneds war. Vielleicht der einzige Ort in dieser sterbenden Welt, an dem es noch eine größere Ansammlung von Lebenden gab.
"Diese Stadt kann wahrhaftig nur die eines Gottes sein - wenn auch eines wahnsinnigen Gottes!", rief Sorin voller Bewunderung aus. Die kleine Gruppe umrundete jetzt die Kuppelstadt. Sie suchte nach einem Eingang. Schließlich fanden sie eine Art Tor. Aber es war geschlossen. Fester, unüberwindbar scheinender Stahl verstellte ihnen nun den Weg. Wie wunderten sie sich aber, als das Tor sich von allein öffnete! Edro wechselte zunächst einen misstrauischen Blick mit Mergun, aber dann betraten sie doch die Stadt des wahnsinnigen Gottes. Hinter ihnen schloss sich das riesige Stahltor von selbst. Ein letztes Mal wandte Edro sich um, um die blauen Nebelschwaden zu schauen. Es mochte gut sein, dass er sie nun zum letzten Mal gesehen hatte.
*
Grimmon war ein Dieb. Er war vermutlich sogar der beste Dieb von ganz Bedin. Der Erfolgreichste war er auf jeden Fall. Man nannte ihn Grimmon den Unsichtbaren und das hatte seinen guten Grund. Grimmons Vater war Grilujun Seonojim gewesen, einer der berühmtesten Magier dieser Welt. Und es schien so, als habe er einen Teil von dessen Zauberkraft geerbt. Jedenfalls besaß Grimmon die sehr nützliche Fähigkeit, sich unsichtbar machen zu können. Diese Fähigkeit kam ihm natürlich bei seinem `Beruf` sehr zu statten. Eigentlich gab es keine Konkurrenz, die er hätte fürchten brauchen. Und dennoch war die Ausübung des Räuberhandwerks in Bedin, der Stadt an den Ufern des breiten NebelFlusses, keine ganz leichte Sache - selbst wenn man es verstand, sich unsichtbar zu machen. Bedin wurde nämlich von einem Gott beherrscht - Retned, der sich in vielerlei Gestalt zu zeigen pflegte und dessen wahres Gesicht erst wenige gesehen hatten. Und Retned entkommen zu wollen, dass war ein unter Umständen tödliches Unterfangen - auch für den unsichtbaren Dieb Grimmon. Ein Wesen wie Retned sah alles! Und es war ihm ein leichtes, jemanden wie Grimmon aufzuspüren. So kam es bei Grimmon mitunter zu überstürzten Fluchten aus der Stadt. Aber das hört sich schlimmer an, als es ist, denn Grimmon besaß ja die Schlüssel für das große Stahltor, durch das man die riesige Kuppel verlassen konnte, unter der Bedin erbaut war. Aber der Unsichtbare war dazu gezwungen, immer wieder nach Bedin zurückzukehren, denn Bedin war weit und breit die einzige Stadt, von der man noch mit Bestimmtheit wusste, dass Leben in ihr war. Die Welt starb - blauer Nebel hatte die Menschen hingeschlachtet und man wusste nicht, ob dieser Nebel sich nicht auch eines Tages durch die dicke Kuppel von Bedin fressen würde. Dieses alles war auch Grimmon bekannt, und manchmal fragte er sich auch, ob es überhaupt noch Sinn habe, weitere Reichtümer anzuhäufen, wo er doch unter Umständen gar keine Zeit mehr besitzen würde, diesen Reichtum zu genießen. Aber wenn Grimmon dann irgendwo wieder ein lohnendes Objekt erblickte, so vergaß er all seine Gedanken wieder. Er vermochte es einfach nicht, der Versuchung zu widerstehen. Im Laufe der Jahre hatte der Unsichtbare mindestens hundert Verstecke eingerichtet, in denen er seine Beute aufbewahrte. Einige Dutzend dieser Verstecke hatte er längst vergessen und hin und wieder stieß er auf einen dieser vergessenen Schätze. Mit der Zeit wurde es für Grimmon zur Gewissheit, dass
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