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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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dieser Augen.
    Mergun hatte gleich erkannt, dass diese Gestalt zum Volk der Gnome gehörte, das in den eisigen Tundren des Nordostens lebte.
    „Hast du einen Augenblick Zeit?“, fragte der Gnom plötzlich.
    Mergun spürte die tiefe Melancholie, die aus der Stimme des anderen sprach.
    „Zeit? Wofür soll ich Zeit haben?“, fragte Mergun zurück.
    „Zeit, um dich mit mir zu unterhalten, Fremder! Komm, setz dich zu mir!“
    Mergun zuckte die Achseln.
    Warum nicht?
    Er war müde und schon seit Stunden unterwegs, ohne eine Pause gemacht zu haben. So setzte er sich zu dem Gnom.
    „Es ist nicht so, dass ich deine Zeit in Anspruch nehmen will, ohne dass du etwas dafür bekommst“, erklärte der Gnom und Mergun zog beide Augenbrauen in die Höhe.
    Der Kleine sah nicht gerade so aus, als könnte er viel abgeben. Er schien (ebenso wie Mergun) nur das zu besitzen, was er am Leibe trug. Ein spöttisches Lächeln spielte um den Mund des Wanderers.
    „Was willst du mir geben?“, fragte er mit ironischem Unterton.
    Das düstere Gesicht des Gnoms hellte sich für den Bruchteil eines Augenblicks etwas auf.
    „Kommt ganz darauf an, was du haben willst.“
    „Behalte es lieber für dich, Kleiner! Du siehst mir nicht gerade wie ein Reicher aus.“
    „Ich bin ein Gott.“
    Mergun runzelte die Stirn, als er dies hörte.
    Er sah den kleinen Gnom mit den traurigen Augen erstaunt an.
    „Du hast dich keineswegs verhört, mein Freund! Ich bin Shaykaliin, der kleinste unter den Göttern. Und dein Name, fremder Wanderer? Wie lautet dein Name?“
    „Man nennt mich Mergun.“
    „Also gut, Mergun. Hast du einen Wunsch? Nun? Was ist? Möchtest du einen Beutel voller Goldmünzen? Oder eine neue Hose? Einen neuen Gürtel?“
    „Nun“, meinte Mergun, „wenn das so ist... Ich habe einen Bärenhunger!“
    „Was willst du essen? Früchte? Fleisch? Möchtest du Wein?“
    „Fleisch!“
    Und plötzlich befand sich in Shaykaliins Hand eine Platte mit dampfendem Fleisch.
    Er reichte sie Mergun.
    Dieser konnte kaum fassen, was er soeben mit eigenen Augen gesehen hatte.
    „Iss, Mergun. Iss und versprich mir zuzuhören. Ich brauche jemanden, der mir zuhört. Jemanden, der mich wenigstens für den Augenblick so akzeptiert, wie ich bin.“
    „Ich werde dir zuhören“, versprach Mergun und schob sich den ersten Bissen in den Mund. „Aber sage mir zuvor, warum du nicht auf dem Berg der Götter weilst. Schließlich bist du doch ein Gott!“
    „Oh, die Götter verlassen ihren Berg sehr oft - und dies nicht nur, um Krieg und Unfrieden unter die Menschen zu bringen, obwohl das natürlich sehr häufig vorkommt. Viele der Götter waren früher einmal Menschen und von Zeit zu Zeit erinnern sie sich ihrer Menschlichkeit und mischen sich unter die, die von den Göttern als die Sterblichen bezeichnet werden.“
    „Dann sind die Götter recht seltsame Geschöpfe“, brummte Mergun.
    „Das ist allerdings wahr. Sie sind jedoch nicht nur seltsam, sondern auch von äußerster Grausamkeit.“
    „Du musst es wissen, Shaykaliin. Schließlich bist du ja einer von ihnen.“ Mergun zuckte mit den Schultern, während er dies sagte.
    „Ach“, sagte Shaykaliin da, „ich wünschte, ich wäre kein Gott! Aber wie es scheint, werde ich an meinem Zustand wohl nichts ändern können.“
    „Aber warum wünschst du das, Shaykaliin? Warum? Fast alle Sterblichen sehnen sich danach, ein Gott zu sein.“
    Der Gnom zuckte mit den Schultern und wandte den Blick ab.
    „Mag sein“, sagte er. „Ich bin dennoch unglücklich.“ Er seufzte. „Die anderen Götter nehmen mich nicht ernst, weil ich weniger Macht besitze als sie.“
    Mergun schaute von seiner Fleischplatte auf und sah die Verzweiflung in den Augen des anderen.
    „Wie kommt es, dass du weniger Macht besitzt, als die anderen?“
    „Ich weiß es nicht. Aber ich brauche Macht! Wenn ich mehr Macht hätte, so würde man mich respektieren! Die anderen Götter waren dazu gezwungen!“
    Der kleine Gott grinste verwegen und hässlich.
    Und Mergun meinte: „Nun, wenn du hier herumsitzt, wirst du wohl kaum zu mehr Macht kommen!“
    „Ich hatte einst gehofft, im Buch der Götter einen Zauber zu finden, mit dem man mehr Macht erlangen kann“, erklärte Shaykaliin dann.
    Mergun spürte die ganze Verzweiflung und Ohnmacht, die den Gnom plagte.
    „Und?“ fragte der Wanderer. „Hast du einen solchen Zauber nicht gefunden?“
    „Nein.“
    „Erzähl mir mehr von jenem Buch!“
    „Was kümmert dich das Buch der Götter.

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