Elben Drachen Schatten
möglich hielt«, sagte Keandir auf einmal laut, und sogleich verstummte der Disput seiner Vertrauten.
»Von wem sprecht Ihr?«, fragte Prinz Sandrilas.
»Von Xaror. Er wird uns in eine Falle laufen lassen, denn er sieht die möglichen Wege der Zukunft besser als selbst unsere Schamanen oder die in dieser Hinsicht besonders sensibel gearteten Elben. Er bestimmt das Schicksal nicht, aber er sieht es.«
In diesem Moment näherten sich einige der Äfflinge der »Tharnawn«, hielten dann aber einen Abstand von ungefähr drei Schiffslängen. Es waren etwa fünf Ouroungour, allesamt bewaffnet, aber Keandir zweifelte daran, dass sie tatsächlich vorhatten, das Schiff anzugreifen.
»Lasst uns gleich in aller Deutlichkeit zeigen, wer hier die überlegene Macht ist«, meinte Thamandor und zog eine seiner beiden Einhandarmbrüste.
Doch Keandir schüttelte den Kopf. »Steckt Eure Waffe wieder ein und spart den Bolzen, werter Waffenmeister. Sie wollen uns nur beobachten.«
»Hm … Wie Ihr meint, mein König«, grummelte Thamandor, deutlich unzufrieden darüber, seine Waffe nicht einsetzen zu können. Seinen Flammenspeer hatte er zu Hause in Elbenhaven zurückgelassen. Er war in einem der Verliese unter der Burg eingeschlossen.
Schließlich konnte man die Waffe während der Fahrt nach Naranduin nicht benutzen, und wenn man auf der Insel die Steine des Magischen Feuers fand, hatte man damit ja noch nicht eine einzige Unze des Naranduinitischen Steingewürzes, das man erst aus den Steinen herstellen musste.
Die Ouroungour drehten in einer weit ausholenden Flugbahn ab und kehrten zu ihrem Schwarm zurück, der über den wild wuchernden Urwald kreiste. Dann stürzten sie sich alle in die Tiefe und waren plötzlich irgendwo hinter den dichten Baumkronen verschwunden.
Lirandil holte sich seinen Bogen und einen Köcher voller Pfeile. Er schnallte er sich den Köcher auf den Rücken und überprüfte die Spannung des Bogens. Abgesehen davon war der grauhaarige, hagere Kundschafter noch mit einem Langschwert mit schmaler Klinge und einem Breitschwert bewaffnet, dessen Klingenlänge gerade mal eine Elbenelle betrug; diese Waffe benutzte Lirandil in erster Linie dazu, sich im dichten Unterholz bewaldeter Gebiete den Weg zu bahnen.
Er trat wieder neben den König an die Reling und deutete hinüber zum Festland. »Wir hätten uns früher um diese Insel kümmern müssen«, fand er. »Es war ein Fehler, so zu tun, als würde Naranduin gar nicht mehr existieren.«
Keandir nickte kaum merklich, dann sagte er: »Ich spüre Xarors Dunkelheit immer deutlicher. Sie ist überall auf der Insel, zwischen den Felsen und den wuchernden Pflanzen.«
»Und das eigenartige Verhalten der Äfflinge sollte uns eine Warnung sein«, ergänzte Lirandil.
Prinz Sandrilas umfasste den Griff seines Schwertes Düsterklinge. »Wir haben keine andere Wahl, als uns dieser Gefahr entgegenzustellen, denn ohne Nachschub an Naranduanitischem Steingewürz werden wir den Krieg gegen unsere Feinde verlieren. Und gewiss will niemand unter uns, dass König Keandir nicht nur der erste, sondern auch der letzte König Elbianas ist!«
Ein schmaler Sandstrand umsäumte die Bucht, in die die drei Elbenschiffe eingefahren waren. Sie ankerten und ließen Barkassen zu Wasser, um an Land zu gelangen; der Hornbläser Pasadanir, den man auch Pasadanir den Durchdringenden nannte, ließ vom Bug der »Tharnawn« aus die entsprechenden Signale erklingen. Zu den Ersten, die mit ihrer Barkasse an Land gelangten, gehörten neben dem König und seinem engeren Gefolge, das in diesem Fall aus Lirandil, Siranodir mit den zwei Schwertern, Thamandor dem Waffenmeister und Prinz Sandrilas bestand, auch Kriegsheiler Eónatorn und Uéndorn der Starke, der schon in der Schlacht um den Elbenturm seinen Mut und seine Kampfkraft unter Beweis gestellt hatte. Hauptmann Yintaril der Scharfäugige, der die Wachmannschaft auf dem Elbenturm kommandiert hatte, gelangte an Bord einer anderen Barkasse an den Strand, zusammen mit einem Trupp Elbenkriegern, darunter der Wachmann Shorindorn; seitdem dieser als Erster die Armada der Riesenfledertiere entdeckt hatte, bevor diese den Elbenturm angriffen, nannte man ihn auch Shorindorn den Schattenspäher.
Auch von den Schiffen der Herzöge Isidorn und Asagorn wurde Barkassen zu Wasser gelassen. Insgesamt zweihundert Elbenkrieger gingen an Land – viele von ihnen mit Einhandarmbrüsten bewaffnet. Davon abgesehen gab es zahlreiche Bogenschützen, denn natürlich
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