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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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sind allesamt vergebens.«
    »So schnell pflege ich nicht aufzugeben, geliebte Cherenwen.«
    Ein Lächeln flog über ihr Gesicht, das in letzter Zeit so blass geworden war. Wie Elfenbein wirkte ihre Haut. Es schmerzte Branagorn, zu sehen, dass diese feingeschnittenen Züge so voll grundloser Traurigkeit waren.
    Sie seufzte leise. Ein Seufzer, der Branagorn zutiefst erschaudern ließ – vermittelte er doch einen Eindruck der abgrundtiefen inneren Schwäche und Mutlosigkeit, die Cherenwen erfasst hatte.
    »Ihr wisst, dass es kein Heilmittel gegen den Lebensüberdruss gibt, Branagorn. Und selbst Eure Liebe, die mein Herz erwärmt, vermag nur hin und wieder die alte Flamme der Zuversicht zu entzünden. Eine Flamme, die nicht mehr als ein flackerndes Licht im Wind ist, die der leiseste Hauch bereits wieder löschen kann.«
    »Und Ihr glaubt nicht, dass sich Euer Befinden vielleicht ändert, wenn Ihr zukünftig nicht mehr an Bord eines Schiffes, sondern an der fruchtbaren Küste des neuen Kontinents lebt? Glaubt Ihr nicht, dass fester Boden unter Euren Füßen auch Eurer verwundeten Seele wieder Festigkeit und Halt geben könnte?«
    »Ist das denn schon entschieden?«, fragte Cherenwen.
    Branagorn schüttelte den Kopf. »Nein – und es wird gewiss heftigen Widerstand der Traditionalisten geben, die glauben, dass es ein Verrat an uns selbst und dem elbischen Erbe ist, wenn wir dem großen Ziel entsagen.«
    Cherenwen seufzte abermals, ihre schmalen Schultern hoben sich, und sie schaute gedankenverloren zu jener Küste hinüber, an der das neue Elbenreich entstehen sollte. »Es tut mir leid, Branagorn, ich empfinde nichts bei dem Gedanken, dass in Zukunft nicht mehr die schwankenden Planken dieser uralten Schiffe unsere Heimat sein werden. In letzter Zeit werden sämtliche Empfindungen schwächer, und diese Beobachtung beängstigt mich.«
    Das Schwächerwerden von Empfindungen aller Art war ein deutliches Zeichen für einen sich verschlimmernden Lebensüberdruss, wie er schon so viele Elben letztlich dazu bewogen hatte, ihrer Existenz ein Ende zu setzen. Daher verstörte Branagorn diese Eröffnung zutiefst.
    Vielleicht hatte er einfach viel zu lange den Blick vor der Wahrheit verschlossen und nicht sehen wollen, wie tiefgreifend die Veränderungen waren, die mit Cherenwen schon seit geraumer Zeit vor sich gingen. Dass das Abschwächen ihrer Empfindungsfähigkeit auch das Schwächerwerden ihrer Liebe zu ihm mit einschloss, lag für Branagorn auf der Hand. Er fragte jedoch nicht ausdrücklich danach. Der Schmerz war so schon groß genug.
    »Es gibt kein Mittel gegen dieses Leiden«, flüsterte Cherenwen. »Und für Euch, mein lieber Branagorn, wäre es sicher besser, Ihr würdet Euch nicht weiterhin mit mir befassen. Vielleicht könnt Ihr Eure eigene Seele vor dieser Krankheit schützen, indem Ihr Euch von mir fernhaltet.«
    »Sagt so etwas nicht, Cherenwen«, widersprach Branagorn. »Ich liebe Euch von ganzem Herzen und könnte es niemals verwinden, würdet Ihr Euch von mir abwenden.«
    »Oh, Branagorn!«, stieß die Elbin hervor, und Tränen glitzerten in ihren Augen. Mit der Hand berührte sie behutsam sein Gesicht, so als wäre sein Antlitz etwas sehr Zerbrechliches. Mit den Spitzen ihrer schmalen Finger fuhr sie seine Wange entlang und legte die Hand anschließend ganz sanft auf seine Schulter. »Es liegt mir fern, Euch wehzutun. Alles, was ich im Sinn habe, ist, Euren Schmerz zu verringern.«
    »Und doch vergrößert Ihr ihn nur«, entgegnete Branagorn, doch er sagte es nicht hart, sondern im sanften, mitleidigen Tonfall.
    Es war nicht die erste Unterhaltung dieser Art, die er mit seiner Geliebten führte. In der Vergangenheit hatte er immer das Gefühl gehabt, sie wieder ein Stück von dem Abgrund wegziehen zu können, der vor ihr gähnte und in den sie sich zu stürzen gedachte. Aber dies fiel ihm zunehmend schwerer. Der Drang, dieses Leben zu verlassen, war bei Cherenwen mit der Zeit immer stärker geworden.
    »Ihr wisst so gut wie ich, dass dieses Leiden unheilbar ist, Branagorn«, flüsterte sie, und der Klang ihrer Stimme wurde beinahe von dem Schlagen der Wellen gegen die Wandungen der »Tharnawn« verschluckt. Einem schwachen Wispern glich der Klang ihrer Stimme noch – eine Stimme, die dereinst voller Lebendigkeit, Energie und Lebensfreude gewesen war. »Ihr solltet mich vergessen, Branagorn.«
    »Nein, das ist unmöglich«, erwiderte er auf einmal heftig und fasste sie bei den Schultern. Der Blick, mit dem er

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