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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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langen Leben durchlebt und durchlitten habe.« Der Fürst ballte die Hände zu Fäusten. Der Schmerz wollte sich für einen kurzen Augenblick in seinen wie gemeißelt wirkenden Züge manifestieren, doch dann zeigte es doch wieder nur jenem maskenhaften Ausdruck, mit dem sich der Fürst davor schützte, allen Umstehenden seine Befindlichkeit zu offenbaren.
    Gerade unter älteren Elben – vorzugsweise jenen, die den größten Teil ihres Lebens noch in der Alten Heimat verbracht hatten und dementsprechend geprägt worden waren ― galt es als extrem unhöflich, anderen die eigenen Empfindungen über Gebühr zuzumuten. Man hielt sich unter Kontrolle, so schwer es auch manchmal fiel, und teilte seinen Schmerz und seine Trauer nicht.
    Keandir wusste dies. Er selbst gehörte zu jenen Elbengenerationen, denen die Alten oft mangelnde Selbstdisziplin vorwarfen. »Kann man ein Volk beherrschen, wenn man nicht einmal in der Lage ist, sich selbst zu beherrschen?«, hatte sich Fürst Bolandor ihm gegenüber einmal geäußert. Lange war das bereits her; Keandir war damals noch ein Kind gewesen. Ein Kind, das ausgebildet und auf seine große Aufgabe als Königssohn hatte vorbereitet werden müssen. Der uralte Fürst hatte sich natürlich nicht lange bitten lassen und seinen Teil dazu beigetragen.
    »Ich weiß nicht, was Euch Prinz Sandrilas bereits über das Schicksal Eures Sohnes berichtet hat …«, nahm Keandir das Thema noch einmal auf, denn es lag ihm viel daran, diese Angelegenheit hinter sich zu bringen, bevor die Flotte die grüne Küste ansteuerte und die Elben deren fruchtbaren Boden betraten. Nichts von dem bösen Zauber dieser Insel, nichts von den Flüchen Xarors sollte die Elben in das neue Land begleiten.
    Doch Fürst Bolandor ergriff das Wort, bevor Keandir weitersprechen konnte, und sagte: »Mein Dank für Euer Mitgefühl, König Keandir. Doch sprecht mich darauf nie wieder an. Ich trage meine Trauer in Stille für mich, eingeschlossen in einer der hintersten Kammern meiner Seele. So lässt sich dieses unfassbare Leid am besten ertragen.«
    »Fürst Bolandor, ich muss Euch dazu noch etwas sagen …«
    »Erlaubt mir, mich zurückzuziehen.«
    »Nein.«
    Ein Moment des Schweigens entstand, und auf einmal blickten alle an Deck der »Tharnawn« zu ihnen herüber. Der König hatte sein »Nein« keineswegs besonders laut gesprochen. Er hatte mit leiser, aber in sehr bestimmten Tonfall gesprochen, so wie es seine Art war. Und doch war darin eine Nuance enthalten gewesen, die sämtliche Elben an Deck hatte aufhorchen lassen. Eine Nuance, die auch jene aufhorchen ließ, die eigentlich gedanklich mit ganz anderen Dingen beschäftigt gewesen waren.
    Alle starrten sie ihren König an und den Mann, der einer der ältesten lebenden Elben war, ein Relikt aus einer vergangenen Epoche, wie viele Seegeborene hinter vorgehaltener Hand über ihn urteilten. Doch der als äußerst konservativ und steif geltende Bolandor hatte sich davon nie angegriffen gefühlt. Mit einem Achselzucken hatte er Derartiges stets hingenommen.
    »Der Schmerz ist groß genug«, sagte er nun in einem versöhnlich klingenden Tonfall, »und vielleicht ist es besser, nicht mehr davon zu reden.«
    Er wollte nicht hören, was vorgefallen war, wurde Keandir klar. Weil er es längst wusste. Bolandor musste gespürt haben, was geschehen war. Vielleicht hatte er die letzten Augenblicke im Leben seines Sohnes sogar innerlich miterlebt. Man erzählte sich wahre Wunderdinge über die geistigen Fähigkeiten sehr alter Elben. Das Alter galt als Phase der Weisheit, nicht als eine Zeit des Verfalls und der Auflösung. Fürst Bolandor lag es fern, mit seinen enormen Fähigkeiten zu prahlen oder sie auch nur besonders herauszustellen. Nur ab und zu ließ er davon etwas aufblitzen.
    Keandir öffnete halb den Mund, aber er zögerte, noch einmal das Wort an den Fürsten zu richten. War es tatsächlich besser, die schreckliche, tragische Wahrheit einfach unausgesprochen zu lassen? Vielleicht war es der leichtere Weg, aber Keandir hatte nicht das Gefühl, dass es auch der richtige war.
    Seine Hände hallten sich unwillkürlich zu Fäusten. »Ich war es, der Euren Sohn erschlug, Fürst Bolandor!«, sagte er heftig. »Das solltet Ihr wissen. Nicht aus freiem Willen tat ich es, sondern unter dem Einfluss des Augenlosen Sehers, einer Kreatur aus uralter Zeit. Die …«
    »Genug!«, dröhnte Fürst Bolandors Stimme dazwischen. »Es ist schlimm genug, dass ich meinen Sohn verlor. Musstet

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