Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
Morgendämmerung
zwitscherte ein Vogel unbekümmert sein Frühlingslied. Ich stieß die
Terrassentüren weit auf. Elin erschien. Eine Kaskade der Gefühle rauschte durch
meine Seele.
Ah, sie haben es dir
erzählt.
Spürbar mitgenommen,
sichtbar durch ein leichtes Flackern ihres geschwächten Lichtes, setzte sie
sich mir gegenüber.
Wann und wo schläfst du
überhaupt?
Das entspricht nicht unserer
Art.
Ich hob die Augenbrauen.
Geh schlafen, Lilia, wehrte sie ab und ich fügte mich.
D er Schlaf brachte wirre
Albträume von schwarzen Monstern. Obwohl längstens vier Stunden im Bett
gewesen, flüchtete ich. Unten in der Küche stand mein Frühstück, allerdings war
mir der Appetit vergangen, zu vieles lag mir im Magen.
Elin, wie kann ich dir
helfen?
Zuneigung floss mir
entgegen. Die Zeit dafür ist noch nicht gekommen. Lerne, Lilia, das ist
deine Aufgabe.
Aber das hilft dir doch kein
bisschen!
Nun, wenn du die Magie
bezwingen lernst, dann schon.
Du meinst, dann musst du für
mich nicht ständig das Kindermädchen spielen? neckte ich.
Sie reagierte zwar
abwehrend, der Kern darin stimmte jedoch erkennbar. Seit Jahrhunderten mied
ich Menschenkontakte. So vergaß ich, wie verschieden unsere Seelen sind. Seit
allerdings deine Ur-Seele erwacht ist, erscheint sie scharfäugiger denn die
meine.
Das Kompliment tat gut. Also
erzählte ich Elin von meinem Horrortrip unter Menschenseelen.
Ihre Reaktion fiel drastisch
aus: Hat das Licht dich nicht gelehrt, deinen Geist zu verschließen?
Äh, nein?!
Genau dies vollführte die
Elbe nun abrupt, dennoch spürte ich irgendwie, dass sie den Sternelben ordentlich
den Marsch blies.
Geh noch heute in die
Kirche.
Das wollte ich ohnehin. Üben
wir vorher noch Magie? fragte ich hoffnungsvoll.
Nur wenn du endlich
frühstückst.
S päter löste ich den Vorsatz
aus der vergangenen Nacht ein und erkundete Stück für Stück mein Heim. Richtig
pingelig vom Keller bis ins Observatorium. Erwähnenswert ist an dieser Stelle
einzig die Sache mit dem verschlossenen Minizimmer im ersten Stock. Nach meiner
Erinnerung lag auf der Nordseite nur eine dunkle Abstellkammer. Die Tür
knisterte vor Magie! Ich befragte umgehend Elin. Hinter der Tür befand sich ihr
Zimmer! Empört und beschämt schimpfte ich wie ein Rohrspatz:
Du kannst es dir aussuchen,
entweder die Gästewohnung oder besser noch das Observatorium mit Sternenblick.
Etwas anderes kannst du dir aus dem Kopf schlagen, drohte ich mit einem wild in der Luft schlackernden Zeigefinger.
Sie zeigte sich gerührt,
doch erst als ich mit Essensverweigerung drohte, gab sie sich trällernd
geschlagen. Leichten Herzens ließ ich sie allein.
Sonnenschein und
Vogelgezwitscher empfingen mich vor dem Haus, der erste Frühlingstag. Ach,
jetzt müsste der Brunnen plätschern. Und Frühlingsblumen müssen ebenfalls
unbedingt her. Vielleicht finde ich morgen Zeit, ins Gartencenter zu fahren. Wozu stand schließlich ein Auto in der Garage. Kaum hatte ich den Brunnen
passiert, sprang darin Wasser melodisch über kleine Kaskaden. Danke, Elin!
A uf dem Weg zur S-Bahnstation
überlegte ich, wie sich das Innenleben der Fahrgäste in dem Zug am besten
ignorieren ließe. Verkrampft nahm ich einen Stehplatz mit Fensterblick ein und
versuchte energisch, meine Gedanken fest auf Santa Christiana zu richten.
Dennoch drangen auf mich Lust und Frust, Neugier und Apathie, Kummer und große
Hoffnungen ein. Zweimal stieg ich unterwegs bebend aus und holte zehn Minuten
mühsam Luft, bis der nächste Zug kam. Zu guter Letzt war mein Ziel mit übel
ramponierten Nerven erreicht.
Abgeschlossen, auch das
noch! Mir blieb nichts anderes übrig, als am Pfarrhaus zu
klingeln. Anstatt einem ‚Hallo, wie geht es Ihnen‘, schimpfte der öffnende
Priester: „Werfen Sie, salopp ausgedrückt, immer derart mit Geld um sich?“
Offensichtlich war meine Spende für die Orgel auf dem Konto eingegangen.
Schlagfertig gab ich zurück:
„Es heißt schließlich Geben und Nehmen und nicht Nehmen und Nehmen.“
„Da ich nun ganz unverschämt
zwei Mal genommen habe, wie sehen Ihre Forderungen an mich wohl aus?“ konterte
er schelmisch.
Gespielt erschienen tiefe
Furchen des Nachdenkens auf meiner Stirn. „Sie bekennen sich freiwillig
schuldig, also mildernde Umstände“, spannte ich ihn auf die Folter. „Wie wäre
es mit lebenslanger Freundschaft? Ja, ich denke, das wäre eine angemessene
Strafe.“
„Das ehrt mich zwar, scheint
mir aber ein geringer Preis.“
Eine vage
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