Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
Eingebung
verleitete mich zu dem mit Nachdruck vorgetragenen Satz: „Unterschätzen Sie
echte Freundschaft nicht, sie könnte Ihnen Ungeahntes abverlangen!“
Von meiner plötzlichen
Ernsthaftigkeit überrumpelt, brachte Pater Raimund lediglich ein zustimmendes
Nicken auf die Reihe. Ich lächelte sanft. Das ermutigte ihn wiederum: „Und der
zweite Preis?“
„Na, Sie nehmen es aber ganz
genau. Also gut: Jederzeit Zugang zur Kirche?“
„Abgemacht. Sie erhalten den
Zweitschlüssel.“
Mein neuer Freund verschwand
und tauchte wenige Augenblicke später mit dem Schlüssel auf. „Allerdings dürfen
Sie ihn nicht verlieren, sonst komme ich in Teufels Küche.“
Lass ihn hier, rieten
die Lichtwesen.
„Ein sicheres Versteck an
der Kirche wäre mir lieber.“
Gemeinsam gingen wir hinüber
und wählten schließlich eine unauffällige Stelle, wo sich ein Ziegelstein aus
dem Mauerwerk gelöst hatte.
„Leisten Sie mir zur
Belohnung nachher Gesellschaft bei einer Tasse Tee?“ Sein interner Ringkampf
aus brennender Neugier und priesterlicher Demut brachte mich ungewollt zum
Schmunzeln.
„Sicher, dass es sich bei
einer Tasse Tee mit mir um eine Belohnung handelt? Dann bis nachher.“
Damit öffnete ich die
Kirchentür und ließ ihn perplex zurück.
L ilia,
wie schön, dass du gekommen bist, empfingen sie mich säuselnd.
Ups, das klang fast nach
einem schlechten Gewissen der Sternelben.
Dir Qualen zu bereiten lag
uns fern, bitte verzeih.
Schon okay, vielleicht waren
die dramatischen Erfahrungen mit menschlichem Seelenleid gar nicht so verkehrt.
Eure Hilfe nehme ich dennoch dankbar an. Diese günstige
Gelegenheit musste beim Schopf gepackt werden : Wo wir gerade beim Thema sind,
könntet ihr mir beim Erlernen der Magie auch ein bisschen unter die Arme
greifen?
Die Magie wohnt dir inne, du
musst sie lediglich erkennen lernen.
Eine herbe Enttäuschung. Ich
möchte Elin doch furchtbar gerne helfen, kommentierte ich gequält.
Du sorgst dich um sie, stellten sie fest.
Ja, sehr.
Die Sternelben nahmen das in
mir stetig wachsende Gefühl einer unbestimmten Bedrohung auf.
Lerne, Lilia, das ist unser
bester Rat an dich . Schon bald wirst du eine Aufgabe
erhalten, die dir den Sinn vergegenwärtigt.
Ungeniert ratterte ich auf
ihr Stichwort hin die nächste Wunschliste herunter: Bis dahin benötige ich
ganz sicher mehr Geschicklichkeit und Schnelligkeit – und perfektes Englisch,
um meine Allgemeinbildung aufzumöbeln, und…
Halte ein! Doch die Lichtwesen erfreuten sich an meinem Bestreben, das Beste aus mir zu
formen. Leider gehörten dazu gerade nicht jene Wünsche, die sie als Top Ten für
eine Halbelbe favorisierten.
Aus dem Buch „Inghean“
Das Menschenkind mag noch so lernwillig sein,
niemals wird es den Fähigkeiten einer Elbe auch nur nahe kommen.
A ufgetankt mit lichterner
Energie strebte ich dem avisierten Tee entgegen. Die Haushälterin öffnete.„Willkommen,
der Herr Pfarrer telefoniert, aber ich soll Sie schon mal reinbringen. Mögen
Sie Aprikose-Nusskuchen?“ Ohne Punkt und Komma redete sie fröhlich weiter. Es
sprudelte sozusagen aus ihrem guten Herzen, welches garantiert durch nichts so
schnell zu erschüttern war.
„Lilia, ich dachte schon, du
kommst nicht mehr vorbei.“
Wie leicht ihm das Du jetzt
über die Lippen kommt! „Ich hatte eine Menge zu klären.“
Raimund fixierte mich. „Du
tust es. Richtig? Du redest mit ihm.“
Sein Gefühlscocktail
entlockte mir ein Lächeln: halb ohnmächtig, halb ehrfürchtig, gewürzt mit einer
klitzekleinen Prise Neid.
„Nein, mit ihnen.“
Der Groschen fiel bei ihm
mit der gedehnten Langsamkeit eines kippenden Mühlsteins. Die Wucht des
Aufpralls kam für uns beide überraschend.
„Ihnen?“ japste er.
Totenstille, ich ließ ihn
begreifen, saß reglos da, bis der Duft des Kuchens jegliche Zurückhaltung
fahren und mich zulangen ließ.
„Ihnen?“ wiederholte er
tonlos.
Was soll ich ihm sagen?
Sehr behutsam die Wahrheit.
Erst nachdem mir die Sternelben mehrfach versichert
hatten, dass Raimund weder durchdrehen noch sonstige Dummheiten anstellen
würde, verließ ich das Pfarrhaus. Zweifel nagte an mir.
Habe ich wirklich das
Richtige getan?
Ja, Lilia, er musste es
erfahren.
Warum?
Weil der Priester einer der
wichtigsten Menschen in deinem Leben sein wird.
Die Wahrheit hat ihn hart
getroffen, bedauerte ich.
Er wird daran wachsen.
Versprochen?
Im Namen des Lichtes!
E lin war bereits fort, noch
ein Kummer mehr. Das
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