Elbenschswert
Ritter taumelte mit einem keuchenden Schmerzenslaut
zurück, stolperte und fiel mit hilflos rudernden Armen
nach hinten und im nächsten Augenblick war das Ungeheuer über ihm und drückte Braiden ohne geringste Mühe
mit den Vorderpfoten auf den Boden. Seine schrecklichen
Fänge öffneten sich und schnappten nach Braidens Gesicht. Der Ritter drehte mit einer verzweifelten Bewegung
den Kopf zur Seite und die fingerlangen gekrümmten Fänge des Ungeheuers rissen tiefe Furchen aus den Bodendielen, genau dort, wo einen halben Atemzug zuvor noch
Braidens Gesicht gewesen war.
Mittlerweile hatte sich Parzifal wieder erhoben und
dräng mit einem Schrei auf das Ungeheuer ein. Der Höllenhund heulte wütend auf, schnappte nach Parzifal und
hieb zugleich mit dem stachelbewehrten Schwanz nach
ihm. Auch diesmal verfehlten seine Fänge ihr Ziel, aber
der peitschende Schweif traf Parzifals rechtes Bein und
fegte ihn einfach von den Füßen.
Das Ungeheuer wandte sich nun wieder Braiden zu und
es sah aus, als könnten seine Kiefer ihr Ziel gar nicht verfehlen. Im buchstäblich allerletzten Moment riss Braiden
die rechte Hand in die Höhe und stieß sie dem Monstrum
tief in den Rachen. Die gewaltigen Kiefer der Bestie
schlossen sich um den schweren Eisenhandschuh und
zermalmten ihn so mühelos, als wäre es ein trockenes
Blatt. Braiden riss den Arm zurück und der zerfetzte leere
Panzerhandschuh blieb zwischen den geschlossenen Kiefern der Bestie hängen. Das Ungeheuer knurrte, riss den
Schädel in die Höhe und sah für einen Moment vollkommen verwirrt drein und Lancelot war mit einem einzigen,
weit ausgreifenden Schritt neben dem Ungeheuer, packte
das Schwert mit beiden Händen und rammte dem Ungeheuer die Klinge mit aller Gewalt in den Nacken.
Ein unheimliches Knirschen erscholl. Das Elbenschwert,
das Stahl so mühelos schnitt wie ein heißes Messer durch
Schnee glitt, schien im ersten Moment kaum in der Lage,
die Panzerplatten des Monstrums zu durchdringen, und
Lancelot erlebte einen fürchterlichen Augenblick, in dem
er vollkommen davon überzeugt war, dass seine Kraft
nicht ausreichen würde.
Dann aber fand die Schwertspitze eine Lücke zwischen
den schimmernden Panzerplatten und grub sich erbarmungslos hinein. Aus dem wütenden Knurren des Ungeheuers wurde ein gequältes Jaulen. Es ließ von seinem
Opfer ab, warf sich zur Seite und versuchte den Kopf herumzuwerfen, um nach dem Schwert zu schnappen, das
einen so entsetzlichen Schmerz in seinen Nacken gebracht
hatte. Seine wild um sich schlagenden Krallen rissen fingertiefe Furchen in den Boden und zerfetzten Braidens
Brustharnisch und das Kettenhemd, das er darunter trug,
und sein im Todeskampf peitschender Schwanz traf abermals Lancelots Beine und warf ihn zu Boden. Er stürzte,
ließ aber das Schwert nicht los. Noch einmal bäumte sich
das Ungeheuer auf, ließ ein schrilles Heulen hören – und
erschlaffte. Das unheimliche Feuer, das seine Augen bisher erfüllt hatte, erlosch und die Bestie kippte wie vom
Blitz getroffen zur Seite und riss Lancelot mit sich.
Er fiel, ließ endlich das Schwert los und rollte hilflos und
schwer atmend auf die Seite. Seine linke Hand schmerzte
unerträglich und er spürte, wie der kaum verheilte Schnitt
wieder aufbrach und heftiger denn je zu bluten begann,
und der Schmerz wurde so stark, dass ihm körperlich übel
wurde. Um ihn herum drehte sich alles und für einen Moment schwanden ihm die Sinne.
Es konnte nicht lange gewesen sein, denn das Nächste,
was er wieder bewusst wahrnahm, war Parzifals Gesicht,
das eine Handbreit über dem seinen schwebte und voller
Sorge und Schrecken auf ihn herabsah.
»Lancelot! Was ist mit Euch?«
Lancelot schüttelte mühsam den Kopf und versuchte sich
aufzurichten. Es gelang ihm erst beim dritten Mal.
Er wollte nach seinem Schwert greifen, zog den Arm
aber dann erschrocken wieder zurück. Er konnte aus den
Augenwinkeln erkennen, dass Parzifal die Augenbrauen
zusammenzog und ihn einen Herzschlag lang misstrauisch
ansah, ehe er sich vollends herumdrehte und die zwei
Schritte zu Braiden ging.
Lancelot konnte tatsächlich nicht lange ohnmächtig gewesen sein, denn auch Braiden lag noch in fast unveränderter Haltung da; auf dem Rücken und schwer atmend
vor Anstrengung. Unsicher richtete er sich jetzt auf, hob
den rechten Arm und starrte aus trüben Augen auf sein
Ende. Der weiße Stoff, mit dem er seinen Armstumpf
umwickelt hatte, begann sich an mehreren Stellen
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