Elbenschswert
oder – was das Naheliegendste gewesen wäre, ihn, Lancelot, und Gwinneth,
also alle Beteiligten an dieser unseligen Geschichte, auf
der Stelle festnehmen und in Ketten legen, er nahm ganz
im Gegenteil die Hand vom Schwert, presste die Lippen
zu einem dünnen Strich zusammen und fuhr mit erstaunlich gefasster Stimme fort: »Ich hoffe, Ihr seid Euch über
die Schwere der Anschuldigung im Klaren, die Ihr hier
vorbringt, Sir Mandrake. Aber egal wie schwer sie auch
sein möge, im Moment ist nicht die richtige Zeit, darüber
zu reden. Camelot steht vor dem Untergang. Sobald der
Kampf vorüber ist, werdet Ihr Gelegenheit bekommen,
Eure Anschuldigungen vor einem offiziellen Gericht vorzubringen und zu beweisen. Bis dahin verbiete ich Euch,
auch nur noch ein einziges weiteres Wort über diese Sache
zu verlieren oder irgendetwas zu tun, was nichts mit der
Verteidigung der Stadt zu tun hat. Habt Ihr mich verstanden?«
Mandrake nickte knapp. Er sagte nichts.
»Dann verlasse ich mich auf Euer Wort, Euer Schwert so
treu und zuverlässig wie immer an meiner Seite zu finden,
wenn der Feind zum Sturm auf die Stadt ansetzt«, fuhr
Artus fort. »Und auch an der Lancelots, wenn es sein muss
– so wie auf sein Wort, auch für Euch einzustehen, sollte
es sich als notwendig erweisen.«
Auch Lancelot nickte und Artus, der keine andere Antwort erwartet zu haben schien, machte eine auffordernde
Geste in Mandrakes Richtung. »Ihr werdet die Königin
zurück in die Burg begleiten«, sagte er. »Ihr seid mir persönlich dafür verantwortlich, dass sie in ihre Gemächer
geht und auch dort bleibt. Danach erwarte ich Euch hier.«
Gwinneth stieß ein ungläubiges Keuchen aus und wollte
widersprechen, aber Lancelot warf ihr einen fast flehenden
Blick zu und sie besann sich im letzten Moment eines
Besseren, drehte sich auf dem Absatz herum und war mit
zwei schnellen Schritten zurück bei ihrem Reittier. Das
Einhorn scheute, als sie sich mit einer zornigen Bewegung
auf seinen Rücken schwang und die Zügel knallen ließ,
und Sir Mandrake musste sich beeilen, um zu ihr aufzuschließen und Artus’ Befehl nachzukommen. Auch Lancelot wollte sich entfernen, aber Artus hielt ihn mit einer
herrischen Geste zurück.
»Bleibt!«, sagte er. Lancelot verharrte gehorsam mitten
in der Bewegung und Artus ging mit ruhigen Schritten
zurück zur Treppe, die hinauf zum Wehrgang führte.
Rasch eilte er einige Stufen nach oben, blieb auf halber
Höhe stehen und wartete, bis Lancelot nachgekommen
war.
»Mylord, ich versichere Euch, dass mir dieser Vorfall
unendlich –«, begann Lancelot.
Artus unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln. »Ich will
nichts von Euch hören, Sir Lancelot«, sagte er – und allein
die Wahl seiner Worte ließ Lancelot einen eisigen Schauer
über den Rücken laufen. Etliche Sekunden standen sie nur
da und starrten aneinander vorbei ins Leere, und als Artus
endlich weitersprach, war seine Stimme kaum mehr als ein
Flüstern und er sah Lancelot nicht an.
»Nur eine einzige Frage, Lancelot«, sagte er. »Und ich
bitte Euch, sie mir wahrheitsgemäß zu beantworten. Ihr
habt nichts zu befürchten. Egal wie diese Antwort ausfällt.
Darauf habt Ihr mein Wort.«
Lancelots Herz begann zu klopfen. »Welche Frage, Mylord?« Als ob er sie nicht selbst wüsste!
Wieder vergingen einige Augenblicke, bevor Artus die
Kraft fand, zu reden. »In jener Nacht im Wald«, sagte er.
»An dem Morgen, nachdem Ihr Gwinneth aus Morgaines
Gewalt befreit hattet, da hat Mandrake Euch im Wald gefunden. Arm in Arm.«
»Das ist wahr«, gestand Lancelot.
Die Dunkelheit in Artus’ Augen nahm zu, auch wenn er
Lancelot immer noch nicht direkt ansah. »Sagt mir, dass
nichts passiert ist«, murmelte er. »Sagt mir, dass nichts
zwischen Euch war. Dass Sir Mandrake nicht Recht hat.«
Das also war es, dachte Lancelot. Wieso war er eigentlich überrascht? Hatte er wirklich geglaubt, dass Mandrake
dieses Geheimnis für sich behalten würde? Wenn, dann
war er noch naiver, als er ohnehin selbst schon von sich
dachte. »Ich gebe Euch mein Wort, dass nichts zwischen
uns vorgefallen ist«, beruhigte er. »Weder in dieser Nacht
noch davor.«
»Wie gerne würde ich Euch glauben«, sagte Artus.
»Aber Sir Mandrake hat mich noch nie belogen.«
»Und das hat er auch jetzt nicht«, bestätigte Lancelot.
»Er hat die Situation missgedeutet, das ist alles.«
»Was ist daran misszudeuten, einen jungen Mann und
eine junge hübsche Frau halb nackt,
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