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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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war die Darbietung einer Gruppe von zehn männlichen Akrobaten, die ihre Kunststücke auf fünf herbeigezauberten Geysiren vollführten, die bis zu zwanzig Meter hochspritzten. Sie ließen sich von den Wasserstrahlen in die Höhe katapultieren, schlugen Salti und Spiralen, fingen sich weit oben in der Luft gegenseitig auf oder ließen sich von anderen einander zuwerfen – es sah unendlich viel komplizierter aus als an einem Trapez. Raik und drei Assistentinnen lieferten eine Zaubershow, die alles in den Schatten stellte, was Svenya jemals im Fernsehen gesehen hatte, und bei einem Bogenschießwettbewerb auf magisch bewegte Ziele brillierte Hagen. Doch während Svenyas Gäste durch diese Darbietungen ganz schnell von dem Zwischenfall mit dem Drachen abgelenkt waren – vermutlich, weil sie an solche Zwischenfälle gewohnt waren und sich von ihnen nicht abhalten lassen wollten, Nächte wie diese in vollen Zügen zu genießen –, war es ihr selbst beinahe unmöglich, Begeisterung wenigstens zu spielen. Ihr Kopf war zu voll mit den Dingen, die Oegis ihr eingeflüstert hatte, und allein schon dafür verfluchte Svenya ihn. Am meisten aber verwünschte sie ihn dafür, dass sie sich selbst dabei beobachtete, wie sie ihre Freunde einen nach dem anderen betrachtete, um herauszufinden, wer sie in Kürze würde töten wollen.
    Den vorhergesagten Verrat lastete Svenya Nanna an – denn ihre ehemalige Köchin hatte von allen den stärksten Grund, sie zu Fall bringen zu wollen. Wenn Nanna aber die Verräterin war, wer würde dann, wenn es laut der Prophezeiung zwei verschiedene Personen waren, der Mörder oder die Mörderin sein?
    Svenyas Blick fiel auf Wargo. Schon den ganzen Abend brütete er still vor sich hin. Nach ihrem Gespräch in dem Hotelzimmer konnte Svenya nur zu gut verstehen, dass ein Teil von ihm nicht wirklich begeistert war von der Tatsache, dass sie jetzt wieder hier war. Sie zweifelte keinen Moment daran, dass seine Gefühle für sie wirklich so stark waren, wie er behauptet hatte, und ahnte, wie schwer es daher für ihn sein musste, sie jetzt doch wieder Tag für Tag hier zu sehen. Aus dem gleichen Grund hatte sie auch davon abgesehen, ihn statt Yrr wieder zum Hauptmann ihrer Leibgarde zu machen. Sie hoffte, dass er irgendwann einmal darüber hinwegkommen würde, aber was war mit jetzt? War der einzige Weg, die Frau, die er liebte und begehrte, ohne dass sie ihn in dem Maße zurückliebte, das er sich wünschte, aus seinen Gedanken zu verbannen, der, sie zu töten? Traute sie ihm das überhaupt zu? Aber genau das war ja das Problem: Svenya traute es keinem ihrer Freunde oder Vertrauten zu – und doch würde es einer von ihnen sein.
    War es vielleicht Raegnir? Er war zwar kein Freund im engeren Sinne, aber auf jeden Fall ein Vertrauter. Andererseits: Welchen Grund sollte er haben, sie töten zu wollen? Er leitete mit dem ihren einen der größten Haushalte in ganz Elbenthal und verfügte über ihr Vermögen, als wäre es das seine. Im Grunde genommen lebte er durch Svenya wie ein Fürst, niemandem weisungsgebunden außer ihr, Hagen und Alberich. Durch ihren Tod würde er all das verlieren. Unwahrscheinlich also, dass er als zukünftiger Täter in Frage kam.
    Raik vielleicht? Oder Yrr? Oder gar Hagen? Soweit Svenya das beurteilen konnte, hatte keiner von ihnen ein Motiv – und jeder Einzelne von ihnen hätte sie schon viel früher um die Ecke bringen können, in all der Zeit, in der sich ihre Kräfte noch nicht entfaltet hatten.
    Loga fiel ebenfalls aus – als Oegis seine hellseherische Eingebung hatte, kannte sie den Gargoyle noch gar nicht. Außerdem war er auch nicht ihr Freund oder Vertrauter.
    Vielleicht Alberich selbst? Aber auch ihn würde sie nicht zu ihren Vertrauten oder gar Freunden rechnen. Er war ihr König.
    Und so drehten sich Svenyas Gedanken den ganzen Rest der Nacht im Kreis, ohne dass sie zu irgendetwas führten. Aber ausblenden konnte sie sie auch nicht. Sie war froh, dass Hagen nicht fragte, was Oegis ihr gesagt hatte, aber sie überlegte, ob sie sich ihm trotzdem anvertrauen sollte. Schließlich entschied Svenya sich jedoch dagegen. Wie sie ihn inzwischen kannte, würde er sofort eine groß angelegte Untersuchung starten und damit nicht nur die Feier stören, sondern auch ihr gerade neugeborenes Verhältnis zu ihren Freunden und den restlichen Bewohnern Elbenthals. Sie begrüßten sie als Beschützerin – welchen Eindruck würde es da machen, wenn sie gleich zu Beginn als

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