Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
der udanische Krieger gegangen war. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Heerscharen von Ungeheuern, wie sie niemand zuvor gesehen hatte, die scheinbar aus dem Nichts aus den Weißbergen gekommen waren, was mochte das zu bedeuten haben? Das Gebirge war groß und wenig erforscht, und es gab schon seit langem Gerüchte über Ungeheuer, die im ewigen Schnee der Gipfel leben sollten, dem die Berge ihren Namen verdankten. Aber es war schlichtweg undenkbar, dass ein ganzes Heer dieser Größe, von der Nurk Dago gesprochen hatte, unbemerkt schon seit längerer Zeit dort hauste.
»Illurien«, sprach einer der anderen anwesenden Elben aus, was auch ihm selbst durch den Kopf ging. Sie waren alle bei dem Gespräch mit Gelinian dabei gewesen und in die Gefahr eingeweiht. »Die Herrin oder sonst jemand, der unter fremder Kontrolle steht. Niemals würde ein Elb aus freiem Willen ein solches Massaker wie am Grenzwall anrichten.«
Tagarin nickte. Die mysteriösen Ereignisse betrafen allem Anschein nach nicht länger nur das Schattengebirge und den Krieg der Menschen und Zwerge. Ein Heer von Ungeheuern, das sich nur wenige Tagesritte von hier entfernt befand, stellte auch für das goldene Tal eine Gefahr dar.
»Was werdet Ihr nun unternehmen?«, erkundigte sich einer der Elben.
»Genau das, was ich auch Nurk Dago gesagt habe«, erwiderte Tagarin. »Wir müssen mehr darüber erfahren, was genau an den Weißbergen vor sich geht. Ich werde Späher aussenden. Alles Weitere können wir erst entscheiden, wenn wir Genaueres wissen.«
Lhiuvan konnte noch gar nicht richtig fassen, was geschehen war. Er war so sicher gewesen, dass Khraátam sich seiner entledigen würde, sobald er persönlich durch das Tor in diese Zeit gereist wäre, doch stattdessen setzte sich der Albtraum in noch schlimmerer Form fort.
Die allerschlimmste Drohung des Schattenmahrs, ihn den Angriff auf das goldene Tal führen zu lassen, hatte sich glücklicherweise nur als Spott erwiesen. Aber stattfinden würde der Angriff dennoch, und ohne Vorwarnung würde sein Volk diesem kaum etwas entgegenzusetzen haben. Gleichgültig, wer den Angriff führte, das goldene Tal würde fallen.
Khraátam weidete sich an seiner Verzweiflung, doch im Moment bot Lhiuvan ihm wohl wenig Anlass zur Freude. Auch wenn man ihm den Tod verweigerte, war alles in ihm wie abgestorben, während er die Hänge des Doralin in die Ebene hinunterstieg, wo das Heer der Ungeheuer wartete. Khraátam selbst hatte es sich leichter gemacht und war hinabgeflogen.
Plötzlich jedoch spürte Lhiuvan, wie der Schattenmahr in ihm unruhig wurde. Er war von jäher Sorge erfüllt, die sich fast schon zu Furcht steigerte. Irgendetwas lief nicht so, wie von ihm geplant, ganz und gar nicht so.
Ein schrill in den Ohren schmerzender, von unsäglichem Zorn erfüllter Schrei erklang und hallte von den Berghängen wider. Unten in der Ebene begann Khraátam zu toben. Feuerblitze loderten auf und rissen die Erde auf, gruben glühende, tiefe Furchen in den Boden. Wie rasend schleuderte der Schattenmahr sie um sich, achtete nicht einmal darauf, dass auch einige Craal getroffen wurden.
Auch der Teil des Schattenmahrs in Lhiuvan kochte vor Zorn. Ungewollt ließ er den Elb dabei erkennen, was ihn so erregte und seine Pläne gefährdete.
Es ging um Illurien. Das Doppelspiel der Herrin war von den anderen Elben unter Führung ihrer Tochter Gelinian entlarvt worden, und die elbischen Magier hatten offenbar genau gewusst, dass sie unter den Einfluss eines fremden Willens geraten war. Es war ihnen gelungen, sie von dem Bewusstsein des Schattenmahrs zu befreien, ohne dass dieser sie hatte töten können.
Ein Funken Hoffnung …
Damit hatte nicht nur ihr Doppelspiel geendet, sondern da sie in die Pläne des Schattenmahrs eingeweiht war, würde sie den anderen darüber berichten können. Seine Intrigen gediehen nicht länger im Verborgenen – endlich würden sie wissen, mit was für einem Feind sie es zu tun hatten und welche Gefahr ihnen drohte.
Vor allem würde man erfahren, dass nichts von dem, was Lhiuvan getan hatte, freiwillig geschehen war. Wenn es noch eine Zukunft für sein Volk gab, würde er nicht als Verräter in die Geschichte eingehen, den man verfluchte.
Wenngleich er bislang nur den Tod als Ausweg gesehen hatte, war vielleicht ja sogar seine eigene Geschichte noch nicht beendet. Es war gelungen, die Herrin von dem fremden Einfluss zu befreien. Was bei ihr gelang, würde möglicherweise auch bei ihm
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