Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
noch ausharrte. Obwohl er diese Position nie gewollt hatte, hatte man ihn schon häufiger als den heimlichen Herrscher von Zarkhadul bezeichnet. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass er bis zuletzt ausharren und die Mine erst verlassen wollte, wenn es gar keinen anderen Weg mehr gab.
Er war froh, dass Ailin sich entschlossen hatte, mit ihm zusammen hierzubleiben. Ihre Anwesenheit verlieh ihm Trost und Kraft. Keiner von ihnen sprach, doch nach einigen Minuten griff sie nach seiner Hand. Stumm warteten sie.
Warlon blickte in die Tiefe der riesigen Wohnhöhle hinab, wo sich die oberste Ebene der Stadt erstreckte. Mit ungeheurer Energie hatte sein Volk in nur wenigen Jahren Zarkhadul wieder in das Schmuckstück verwandelt, das es schon früher einmal gewesen war.
Er fragte sich, ob es wirklich richtig gewesen war, alle Einwohner nach Elan-Dhor zu evakuieren, selbst den Alten, Kranken, Schwachen und Kindern diese Reise aufzubürden. Wie sie es zugesichert hatten, hätten die Elben und die Menschen ihnen vermutlich wirklich kein Leid zugefügt, wenn es ihnen nur um das Tor ging. Er hätte nur die Krieger zur Stärkung der dortigen Kampfkraft hinschicken, hinter ihnen die Stollen sprengen und sich zusammen mit den anderen der Gnade der Eroberer ausliefern können.
Obwohl ihnen die Niederlage unter anschließender Fremdherrschaft noch schmählicher bewusst geworden wäre, hätte sich für die meisten wahrscheinlich weniger verändert als durch die Evakuierung. Allerdings wären sie dann auch alle zu Geiseln geworden.
Weder die Elben noch die Menschen hatten bislang versucht, die ausgeschickten und in Gefangenschaft geratenen Zwergenkrieger als Druckmittel zu benutzen. Aber es waren eben auch nur Krieger. Für jeden Krieger wäre es eine unerträgliche Schmach, wenn sein Volk Nachteile erleiden müsste, nur damit sein Leben verschont blieb. Jeder einzelne Angehörige der Kriegerkaste würde lieber sterben. Auch ihre Feinde mussten wissen, dass sich Zwerge niemals durch solche Geiseln würden erpressen lassen.
Hier jedoch sähe die Sache anders aus. Warlon war sich nicht sicher, wie Königin Tharlia reagieren würde, wenn ihre Feinde die gesamte zivile Bevölkerung von Zarkhadul als Druckmittel einsetzen würde, darunter Tausende Frauen und Kinder.
Nein, es war schon besser, dass er sie alle hatte evakuieren lassen. Elan-Dhor würde bei diesem immensen Bevölkerungsanstieg aus allen Nähten platzen, aber dies war schließlich eine Notsituation, die hoffentlich nicht lange anhalten würde. Schlimmstenfalls mussten für die Dauer der Evakuierung Behelfsunterkünfte in den tieferen Ebenen der Mine eingerichtet werden.
»Du hast richtig entschieden. Es gab keine andere Möglichkeit«, sagte Ailin.
Er warf ihr von der Seite einen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Manchmal wirst du mir regelrecht unheimlich. In deiner Nähe habe ich nie das Gefühl, allein in meinem Kopf zu sein. Allmählich kommen mir Zweifel, ob du nicht doch heimlich meine Gedanken lesen kannst.«
Ailin lachte, aber angesichts der Umstände klang es nicht sonderlich fröhlich, und sie hörte rasch wieder damit auf.
»Das ist keine große Kunst, mein Lieber, selbst wenn ich dich nicht so lange kennen würde. Jeder an deiner Stelle würde die gleichen Gedanken wälzen. Glaubst du etwa, ich könnte an etwas anderes denken?« Noch einmal schüttelte sie den Kopf. »Es gab keine Alternative zu der Evakuierung. Es ist auf jeden Fall besser, einige Zeit in Elan-Dhor zu leben als in Gefangenschaft.«
»Und wenn auch Elan-Dhor fällt? Dann waren alle Strapazen völlig umsonst.«
Ailin fuhr herum und blickte ihn mit zornig funkelnden Augen an. »Was ist denn plötzlich los mit dir? So kenne ich dich in der Tat noch überhaupt nicht. Im Krieg gegen die Thir-Ailith hast du auch nicht gesagt, dass wir einen Kampf vielleicht gar nicht führen sollten, weil wir ihn ja verlieren könnten und er dann sinnlos wäre. Oder unsere Reise zum goldenen Tal. Unsere Aussichten, es zu finden, standen alles andere als gut, trotzdem haben wir die Mission nicht einfach abgebrochen, weil die Strapazen möglicherweise vergeblich sein könnten. Wir …« Sie unterbrach sich und blickte wieder zum Eingang der Mine hinüber. »Es ist so weit. Ich kann die Magie der Elben bis hierher spüren, sie wird nun durch nichts mehr abgeschirmt.«
Auch Warlon richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Baran-Tahal. Einige Sekunden lang geschah nichts, dann schien der Hammerschlag eines
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