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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Reinigungsaktion bis in die entlegensten Ecken des Hauses zu scheuchen.
    Iviidis war mit den Vorbereitungen für die Archivierung beschäftigt, die in diesem Fall weitaus umfangreicher ausfielen als gewöhnlich. Sie nahm alte Übungen der Konzentration und geistigen Reinigung wieder in ihren Tagesplan auf, um sich auf die Fülle der Erinnerungen vorzubereiten, die nun in ihrem Geist Platz finden mussten, bis sie sie geordnet und endgültig in den Speicherkristall zurückgeben konnte.
    Über all dem hatte sie bisher versäumt, Olkodan zu benachrichtigen, aber ihn in den Sommerpalast zu rufen war ja nichts, was der Eile bedurfte.
    Ihre aufgeschobene Verabredung mit Nekiritan wurde an einem schwülen Tag endlich nachgeholt. Sie hatte sich ein wenig davor gefürchtet, Nekiritan wieder zu begegnen, und als er ihr eröffnete, dass Alvurkan und seine Verlobte sie begleiten wollten und er aus Gründen der Höflichkeit keine andere Möglichkeit gesehen habe, als sie ebenfalls einzuladen, musste sie an sich halten, ihre Erleichterung nicht allzu deutlich zu zeigen.
    Der Ausflug war ein ungetrübtes Vergnügen, und Iviidis war noch erleichterter, als das unvermindert charmante Benehmen Nekiritans ihr zeigte, dass er den Abend, an dem sie versucht hatte, ihn auszuhorchen, nicht übel vermerkt zu haben schien. Wahrscheinlich hatte sie ihn ganz zu Unrecht verdächtigt, in irgendwelche Machenschaften verwickelt zu sein – Machenschaften, von denen sie schließlich noch nicht einmal wusste, ob sie überhaupt existierten.
    Zwei Tage nach dem Ausflug kehrte sie früher als sonst aus dem Archiv zurück. Als sie auf dem Vorplatz von Glautas’ Haus ankam, stand die Sonne noch hoch im Mittag. Die hohen Linden warfen ein wenig Schatten auf den Platz, und der kleine Brunnen plätscherte schläfrig in der Mittagsstille. Auf seinem gemauerten Rand saß ein Hain-Elb mit dem Rücken zu ihr und zog seine Hand durch das kühle Wasser. Seine Kleider waren staubig und zerknittert, neben ihm lehnte ein abgeschabter Rucksack, und in seinem lockigen rotbraunen Haar hingen einige Strohhalme, als hätte er die Nacht in einem Heuhaufen verbracht.
    Iviidis’ Schritt stockte. »Olko?«, sagte sie leise, fast zu sich selbst.
    Der Elb hatte sie dennoch gehört. Er wandte sich um, und sein rundes Gesicht strahlte heller als die Sonne über ihnen. Er sprang auf und breitete die Arme weit aus, und sie flog lachend hinein und bedeckte sein Gesicht und seine moorbraunen Augen mit Küssen.
    »Woher wusstest du, dass ich dich bitten wollte herzukommen?«, fragte sie, als beide wieder zu Atem gekommen waren. Sie standen da, hielten sich umarmt, und Iviidis glaubte, sich nicht sattsehen zu können an ihm. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihn vermisst hatte.
    Olkodan streichelte mit seinen sanften, von der Holzarbeit schwieligen Händen über ihr Gesicht.
    »Ich wusste es nicht«, sagte er. »Und ich hatte Sorge, dass du es mir übel nimmst, wenn ich komme.« Sein freundliches Gesicht bewölkte sich ein wenig. »Ich bin kein Goldener, ich weiß, dass ich nicht recht hierher passe.«
    Sie schloss seine Lippen mit einem Kuss. »Du passt an meine Seite«, flüsterte sie. »Wo ich bin, ist dein Zuhause. Du hast mir gefehlt.«
    Sie schob ihn ein wenig von sich weg und sah ihn an. »Du siehst aus, als wärst du den ganzen Weg zu Fuß gekommen«, neckte sie ihn. Olkodan senkte den Blick.
    Iviidis schlug die Hand vor den Mund. »Nein«, sagte sie atemlos. »Olko, nein! Das hast du nicht wirklich getan!«
    Er nickte verlegen. »Das Pferd«, begann er. »Ich weiß nicht, es hat was gegen mich. Erst ist es mir mit seinen großen Hufen auf den Fuß getreten und hat mir beinahe die Zehen gebrochen, sie sind jetzt noch ganz blau. Es wollte auch nicht von meinem Fuß runter, da habe ich es weggeschoben und mit ihm geschimpft, und als ich ihm dann den Sattel auflegen wollte, hat es mich in die Schulter gebissen …«
    Er unterbrach sich, weil Iviidis in hilfloses Gelächter ausbrach. Sie schluchzte und gluckste und winkte ihm verzweifelt, ihr nicht böse zu sein, während Tränen über ihr Gesicht liefen und sie sich bemühte, ihr Lachen zu unterdrücken, was die Sache nur noch schlimmer machte.
    Olkodan lächelte schief. »Ich habe die Nachbarin gebeten, für alles zu sorgen. Das Pferd und den Garten, meine ich. Und dann hab ich mein Bündel genommen und bin losgelaufen. Obwohl mir der Fuß wirklich wehgetan hat.«
    Iviidis lehnte sich gegen ihn und wischte ihr

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