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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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als ich in dieser Hütte festsaß. Aber ich habe diesen Schatz jetzt sicher in mir geborgen und beginne so langsam, die Erinnerungen zu meinem Eigentum zu machen. Dabei kommt jetzt manches zutage, das – wie soll ich es sagen – Konsequenzen hat. Weitreichende Konsequenzen.« Sie seufzte. »Ich kann es dir nicht auf die Schnelle erklären, Lieber. Aber Alvydas hat mir etwas bestätigt, was ich schon geahnt habe: Ich habe mit seinen Erinnerungen auch große Verpflichtungen auf mich genommen. Und es war kein Zufall, dass er mich ausgewählt hat. Er sagt, ich hätte eine Aufgabe zu erfüllen.« Sie lachte kurz und zornig auf. »Nicht, dass mir der Gedanke gefällt. Ich glaube nicht, dass ich eingewilligt hätte, hätte er mich vorher gefragt. Aber die Ältesten pflegen nun einmal nicht zu fragen …«
    »Was für eine Aufgabe?«, fragte Olkodan verwirrt.
    Iviidis presste die Lippen zusammen. »Ich muss zuerst einmal für Ordnung sorgen«, sagte sie schließlich. »Was auch immer im Sommerpalast gerade passiert, und wer auch immer dahintersteckt – das muss ein Ende haben. Und deshalb möchte ich jetzt auch bitte weitergehen!«
    Olkodan schwieg und folgte ihr. Sie ging schnell und ohne sich allzu große Mühe damit zu geben, leise zu sein. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto öfter waren Patrouillen zu hören, die nahebei auf dem Hauptweg vorüberritten. Bald hatten sie den Rand des Sommerpalastes erreicht, und Iviidis blieb stehen und hob einen Finger an die Lippen. Sie horchten. Es war tief in der Nacht, kein Lichtschein war zu sehen, aber im Sommerpalast herrschte Unruhe. Hin und wieder erscholl ein Signalhorn, und der Wind trug Stimmen und Geräusche in ihre Richtung.
    »Wir nehmen am besten den Weg am Archiv vorbei«, sagte Iviidis. »Ich möchte nicht durch den Haupteingang ins Haus, das macht mir doch zu viel Aufsehen. Lass uns den Kücheneingang nehmen.«
    »Und die Köchin erschrecken?«, fragte Olkodan.
    Iviidis lachte.
    Die ersten Zeichen der Morgendämmerung standen am Himmel, als sie die Dienerquartiere der Hohen Häuser passierten. Dort waren für diese Tageszeit auffällig wenig Elben unterwegs – normalerweise hätten sie jetzt auf Scharen von Bediensteten auf dem Weg zur Arbeit treffen müssen.
    Wenig später standen sie vor der Rückseite von Glautas’ Wohnsitz. Iviidis ging voraus, durchquerte eilig den Küchengarten und trat durch die Tür zur Vorratskammer ins Haus.
    Olkodan folgte ihr nach einem letzten Blick rundum. »Hast du gesehen?«, flüsterte er ihr zu. Iviidis nickte. »Einige der Häuser haben gebrannt. Ihr Ewigen, was geschieht hier?«
    Im Küchenofen brannte bereits Feuer. Leniita saß am Tisch und trank ihren Morgentee. Sie blickte Iviidis an, und die Worte, die sie auf den Lippen hatte, blieben ungesagt. Sie sprang auf, wobei der Becher umkippte und sein Inhalt über den Tisch floss, und breitete die Arme aus. Iviidis ließ sich umarmen und streichelte den Rücken der alten Köchin, der unverhohlene Tränen übers Gesicht liefen.
    »Kindchen, Kindchen, wo bist du bloß gewesen?«, fragte sie schließlich schniefend und wischte sich mit dem Schürzenzipfel die Augen.
    Olkodan ging stumm zum Herd und füllte drei Becher mit Tee. Dann schnitt er etwas Brot ab, stellte die Becher auf den Tisch, wischte mit einem Lappen die Pfütze auf und schob der Köchin einen Stuhl hin. Die ließ Iviidis los und setzte sich schwerfällig hin.
    »Leniita, ich erzähle dir später alles«, sagte Iviidis und tätschelte der Köchin die Hand. »Jetzt muss ich erst einmal wissen, was hier los ist. Olkodan, könntest du bitte nach Indrekin sehen? Weck ihn auf und sieh zu, dass er angezogen ist, aber bleib auf dem Zimmer mit ihm. Ich komme dann zu euch.«
    Olkodan steckte den Brotkanten in seine Jackentasche, nahm den Becher und ging hinaus, während die leisen Worte der Köchin hinter ihm verklangen: »Es ist alles so schrecklich. Alle haben nach dir gesucht, und dann fingen die ersten Häuser an zu brennen …«
    Das Haus lag in einer betäubten Stille, so als hätte die ganze Nacht Unruhe geherrscht, und nun wären alle gleichzeitig in erschöpften Schlaf gefallen.
    Olkodan begegnete einigen übernächtigt aussehenden Dienern, die ihn flüchtig grüßten. Indrekin lag alleine in seinem Zimmer, das Kindermädchen war nicht da. Olkodan schüttelte zugleich erleichtert und missbilligend den Kopf, dann legte er die Hand auf den Kopf seines Sohnes. »Indrek, wach auf«, sagte er. »Ich habe gute

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