Elchmus (German Edition)
wirklich sexy, bringt aber auch heute so gar keine Gänsehautgefühle. Auch nicht in empfindlichen Körperteilen. „Olger“, strahlt diese übers ganze Gesicht, als sie ihn sieht. Sie hat Schwierigkeiten mit seinem Namen nach einem englischsprechenden Tag. Gesichtsmuskelkater nennt man das auch. Holger ist sprachlos. Da fehlt ein H. Holger hat seinen Namen schon mal für einen Engländer aufgeschrieben. Das hatte aber auch nicht geholfen. Kein Wunder. Im englischen Lexikon gibt es diese Buchstaben-Abfolge auch nicht. Holey Holiday. Holger wäre dazwischen und dazwischen gibt es keinen Eintrag. Heiliger Urlaub. Schöne Scheiße. Kein Wunder, dass er immer dumme Gedanken hat.
Den nächsten Satz von Sandrine hört er dann wieder. Sie möchte offenbar unbedingt sofort nach Hause. Eine höfliche Anfrage nach Sex. Damit hat Holger wiederum keine Schwierigkeiten. Er muss sich einfach ein paar Tage zusammenreißen.
An jeder Haltestelle schieben sich neue Leute rein und einige wenige auch raus. Sandrine hört auch heute nicht auf zu reden. Er versucht ihr mitzuteilen, dass er nichts versteht, weil es so laut rumpelt. Aber Sandrine begreift es nicht. Sie redet ununterbrochen - eine dreiviertel Stunde lang. Er ahnt ansatzweise, wie ein Leben mit ihr aussehen würde. Und ist sich sicher, dass er das nicht kann mit ihr.
So langsam wird er verrückt. Und das schon beim zweiten Treffen. Die Einkaufsliste für morgen (Tag 3) wird gerade geplant. (Falsche Planung und falsches Timing). Was das Fernsehprogramm heute Abend wohl bringt? (Grüße an ein altes Ehepaar mit Langeweile). Magst du Robbie Williams (Nein, Mann). Sollen wir nach Möbeln gucken gehen? Da hat ein neuer Antiquitätenladen bei mir um die Ecke aufgemacht (Grüße an Eiche rustikal im Elternhaus). Aber Halt. Das war keine Frage und daher gibt es auch keine Notwendigkeit zu antworten. Oder nimmt er das nur an?
Sie rollen auf jeden Fall i n diesem Moment Regent Park an. Sein Kopf schreit nach Luft. Noch heftiger als gestern Abend. Die Ringstraße oben ist schweinelaut. Dahinter liegt irgendwo der Queen Mary’s Rose Garden. Es kann nicht schlimmer kommen. „Lass uns frische Luft schnappen“, sagt Holger, obwohl er spazieren gehen hasst.
Sandrine plappert unbeirrt weiter. Im Rose Garden gibt es eine Freilichtbühne inmitten der Wiesenlandschaft, einen Musikpavillon und unzählige Spielplätze und Freizeitseen, auf denen man rudern kann oder die Reiher bewundern kann. Am Ende des Parks einen Zoo.
Aber n irgends hat er seine Ruhe. Sie durchqueren den Park und endlich fährt Sandrine ihr Geplapper runter, zumindest einen Gang. Sie lacht ihn an. „Ansonsten höre ich Musik, wenn ich hier spazieren gehe... Ist sonst so ruhig hier“.
Holger drückt im Geiste auf ihre Aus-Taste, aber Sandrine kann man nicht leise stellen. Sie ist weiter laut und deutlich zu hören. „Spielst du eigentlich Theater?“. Auf der open-air Bühne gibt es zurzeit eine Aufführung. „Nein, …“. Holger bricht mitten im Satz einfach ab. Hört nicht mehr zu. Er sollte aufhören, Antworten zu geben.
„Ich hab e Hunger“, sagt er stattdessen. Sandrine lächelt ihn an. „Ich koch uns was Schönes“. Gute Menschen haben gute Seelen. Böse Menschen haben nicht immer böse Absichten. Böse Menschen hätten Sandrine jetzt und hier stehen lassen. Vielleicht wird er das morgen tun. Dann wird sie ihn mit anderen Augen sehen und ihre Hand nicht mehr in seine legen.
„Da hinten bei der Moschee gibt es auch einen Ausgang“ , sagt Sandrine weiter ganz lieb. Sie weiß ja nichts von seinen Gedanken und Holger sagt auch heute besser noch nichts. Seine Beine tragen ihn automatisch. Er hofft, dass ihm das Essen gut schmecken wird und sagt laut „Okay, gehen wir nach Hause“, hat aber nach diesem Satz das Gefühl schon wieder falsche Hoffnung geweckt zu haben.
Denn echte Freude sieht so aus wie Sandrines lachendes Gesicht!
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............ In Polperro darf man nicht Auto fahren. Und das ist auch gut so. Sie laufen durch die kleinen Gassen. Es herrscht allgemeines Schweigen. Denn es wabbelt irgendwie noch immer im Magen (seit der Grillaktion). Die Sonne sieht heute aus wie heller Rum. Haben die Piraten damals mitgebracht. Illegal. Heute ist er für Elke und Ralf definitiv verboten.
Sie laufen den Küstenpfad entlang, der hoch über dem Meer schwebt. Polperro samt malerischen Hafen und dicht gedrängten Häusern liegt bald hinter ihnen. Sie sind in Richtung Talland Bay unterwegs. Küstenpfad.
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