Elchmus (German Edition)
geht hier echt nicht mehr rein. Sie hat Holger auch schon begeistert die immer gleich aussehenden roten Backsteinhäuser mit den mehr oder weniger vielen Schornsteinen gezeigt, in denen sie auch gerne wohnen täte. Vor den Toren der Stadt. Mit Anbau oder ohne. Mit Parkplatz davor oder auch englischem Rasen. Ohne Mitbewohner jeglicher Art. Nur mit ihm. Sie hatte sich auch vorgenommen, wieder mehr Sport zu machen und Holger euphorisch mit angemeldet. Nach dem Motto, uns gibt es ab heute nur noch im Doppelpack. Der Jahresbeitrag war bestimmt drei Mal so teuer wie ein richtig geiles Fahrrad in Deutschland, dachte er. Er würde eh nicht hingehen und als Karteileiche enden und damit beliebtester Kunde werden. Aber die Mitgliedskarte nahm er dennoch dankbar an. Immerhin gab es dort Duschen für ihn. Und die kann er mit Sicherheit bald schon wieder gebrauchen.
Zusammen gingen sie dann nur einmal hin, in die Gym. Danach machten sie ein Picknick am Hampton Court, komplett mit Wein aus Flaschen und Dosenbier aus Dosen - auf einer rotkarierten Picknickdecke. Flaschenbier aus Einliterflaschen suchst du in London vergebens.
Aber die gibt es in Frankreich bei Sandrines Eltern, sagt diese. Offenbar war es ihr mit Holger echt ernst. Aber Holger will sich nicht mit Sandrine zufrieden geben. Da geht noch mehr. Er denkt an Ralf und Elke.
Hampton Court war heute menschenleer. Von wegen London swingt. Die arbeiten alle oder fahren U-Bahn, denkt Holger. Trinken in der Öffentlichkeit ist nicht erlaubt, weiß Sandrine. Und steckt die Dosen in braunes Papier. Nach dem fünften Bier oder so bessert sich seine Laune kurz. Aber nur ganz kurz. Lag wohl am gestiegenen Pegel und nicht weiter benutztem braunem Packpapier. Sandrine schmatzt bereits an seinen Ohren, erst links, dann rechts, erst zärtlich, dann heftig verlangend und dann fordernd.
Nach der zweiten Attacke hat Holger die Nase endgültig voll. Und ist auch echt nicht bei der Sache. Denkt an sein Auto, das noch immer im Parkhaus steht und ihm jetzt schon über eine Woche gehört. Was man findet, darf man behalten. So ist das in England. Nachdem er vorgegeben hat, pissen zu müssen, lässt er ihren Hausschlüssel sanft aus seiner Hosentasche gleiten (feige, aber immerhin höflich), geht in die Büsche und kommt nicht mehr wieder.
Sandrine sitzt schon eine ganze Weile alleine auf ihrer schönen neuen Picknickdecke und wartet auf ihren Schatz. Vermutlich wird sie in ihrem ganzen Leben in diesem Park an dieses Picknick erinnert werden und irgendwie kommt er sich doch ein wenig arschig vor. Zum Ritter wird er dafür von der Queen bestimmt nicht geschlagen.
Männer verarschen Frauen halt manchmal. Und dieses Mal ist Sandrine das Opfer. Auf der Picknickdecke liegen seine leeren Bierdosen, zwei nicht gegessene Sandwiches und daneben ihre Zweitschlüssel.
Als sie diese erspäht riecht es m it einem Mal auf der Wiese auch für sie faul. Und das umso mehr, als Holger auch nach weiteren gefühlten Stunden nicht wieder aus den Büschen kommt. Und Sandrines wohlige Gefühl vom lieblichen Wein ist damit einfach nur vorbei. Sie ist sich sicher, dass Holger sie für immer verlassen hat. Sandrine kann einfach keinen Mann halten. Selbst ihr Kater ist damals weggelaufen.
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............ Während ihrer Reise durch das Rosamunde Pilcher Land gönnen Ralf und Elke sich heute das erste Mal ein Hotel. Zwar eins ohne Kronleuchter, aber im einzigen am Ende des Landes in Land’s End. Kostenpunkt: mindestens ein Ikea-Kronleuchter in deutscher Währung. Weiter geht es nicht mehr auf der Insel. Aus die Maus. Das Hotel liegt mitten in einem touristisch angelegten Themenpark, immerhin gibt es zur Abwechslung mal keinen Pier.
Das Zimmer geht aber gar nicht. Die Rosentapete alleine vielleicht so gerade noch, aber der Ohrensessel! Unglaublich, dass den a) jemand angefertigt und b) auch noch verkauft hat. Außerdem passen die Rosenmotive nicht nur farblich nicht zu denen auf der Tapete. Eine lackierte dunkelbraune Vitrine nimmt sage und schreibe 2/3 der einzigen freien Wand in Beschlag und zwischen dem gepolsterten Ohrensessel und dem riesigen Bett tummeln sich auch noch zwei Beistelltischchen.
Daher muss das Badezimmer jetzt imponieren. Immerhin kostet das Ganze hier. Irgendwie schafft es das auch, hat es doch immerhin keinen Teppich. Und das im Südwesten Englands. Saubere helle Terrakottafliesen verbreiten schon fast Mittelmeeratmosphäre. Nichts liegt oder kräucht und fläucht herum, alles ist
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