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Elchmus (German Edition)

Elchmus (German Edition)

Titel: Elchmus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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lässt es sich munkeln. Singt er in Gedanken, happy und nichts wissend, dass er die 200 Pfund für das Flat nicht einmal im Monat bezahlen muss, sondern einmal in der Woche (per week) und das ein Monat eigentlich immer mehr als vier Wochen hat und es da auch noch die sogenannte Council Tax gibt (eine Art Gemeindesteuer, die man für seine bloße Anwesenheit in dieser Stadt berappt). Aber das weiß er in diesem Moment wie gesagt, alles Gott sei Dank noch nicht.
    Er atmet tief durch. Er hat endlich wieder ein eigenes Heim. Seinen Lebensunterhalt muss er im Moment noch nicht verdienen. Ein Beruf ist aber eine Berufung wie eine Grippe eine Krankheit ist. Gegen Krankheiten gibt es Rezepte. Für Berufe gibt es Jobs. Für Töpfe Deckel, für Kissen Köpfe.
    Holger hat schon immer Schwierigkeiten mit seiner Jobwahl gehabt. Hat rein aus Bequemlichkeit bei Opel vor der Haustür angefangen. Er war im Gegensatz zu vielen anderen Jungs aber nie begeisterter Schrauber. Aber eins nach dem anderen, denkt er trotz dieser miesen Gedanken recht beschwingt. Immerhin hat er zumindest heute das Gefühl, endlich etwas in seinem Leben richtig gemacht zu haben. Das beruhigt ihn, zumindest halbwegs.
    Das Zimmer ist jetzt sein Zuhause und es gibt überhaupt keinen Grund mehr, bei irgendwelchen Tussen zu nächtigen. Theoretisch könnte er die Adresse auch für Bewerbungen nutzen. Praktisch hätte er jetzt die Voraussetzung dafür: eine Adresse für einen Job.
    Als er sich aufs Bett setzt, hätte er gerne ein Bier. Muss sich aber erst eins kaufen. Und rafft sich dazu dann auch auf. Nachbarschafts-Inspektion steht eh noch an. Dass er im Supermarkt ein Zehnerpack Stella in der Hand hat, merkt er erst an der Kasse. Die Nacht wird mal wieder lang, teilt ihm sein müdes Ich beim Bezahlen mit. Zigaretten fehlen und was Essbares wäre auch nicht schlecht. Aber Holger hat keine Lust mehr zurück durch die langen Gänge zu laufen und kauft daher beim Zigarettenstand ein paar Schokoriegel. Und während er sich auf der Straße einen Riegel reinschiebt, um den leeren Bauch zu füllen, beschließt sein persönlicher Gott für ihn, dass es doch noch einen Job für ihn gibt. Aber das weiß er in diesem Moment auch noch nicht.

3 7
    ............ Das teure Hotel hat sich echt nicht gelohnt und war eine Scheiß-Geldverschwendung. Und das im Preis enthaltene Frühstück klingt nach dieser Nacht gar nicht mehr einladend. Die Aussicht auf Schweißtropfen des Kochs auf dem Spiegelei à la „sunny side up“ ist überhaupt nicht verlockend, aber auch gar nicht so abwegig. Polyesterwäscheberge türmen sich auf dem Wagen der Putzfrau im Gang. Aber nichts Falsches soll gegessen werden in dieser schönen Umgebung. Der Sauerstoff vor dem Hotel ist polyesterfrei. Frisch. Feucht dazu. Sie fahren directly weiter über Porthcurno Richtung St. Ives. Wieder lächelnd und immerhin ausgeschlafen. Das Zimmer ist schon wieder vergessen.
    Porthcurno lädt auch heute zum Verweilen und Staunen ein. Hier möchte man lieber Spazieren gehen als Auto fahren. Black Tea mit Krabbensandwiches laden zur wohlverdienten Pause ein und geben Kraft zur Weiterfahrt. Nordseekrabben werden in Marokko gepult und mit viel Diesel angereichert auf ihren langen Leidensweg geschickt. Ihre Autofahrt ist dahingegen Sonderurlaub der Spitzenklasse und der Klang von Freiheit, der auch noch in ein paar Jahren in den Straßen umherfahren wird.
    „Heute wird es noch wärmer als gestern“, sagt Elke. Ralf trägt trotz Sommerhitze das schwarz-gelbe Plastikshirt und fletzt auf dem Sitz mit hochrotem Kopf neben ihr wie eine Honigbiene in Totenstarre. Nein, Ralf sieht nicht aus wie eine tote Biene. Er ist ihre alte schwarz-gelbe Weltspartag-Maus, die sie als Kind für ihr sauer erspartes Taschengeld bekommen hat te. Ralf ist ihre gehegte und geliebte kleine Maus, die ihren Körper seit Jahren im Schlaf kommentarlos bewacht hat und gemeinsam mit ihr in die Jahre kommen wird.
     
    „Anhalter sieht man nicht mehr“, reißt Ralf sie aus ihren Gedanken. Elke bestätigt das „Ja, stimmt. Bei uns in Deutschland aber auch nicht“.
     
    Sie sind auf einer Raststätte kurz vor St. Ives. Wird laut Navi in Meilen nicht mehr lange dauern. Ein Golf hält, ein Mann, ungefähr Anfang 40, tiefe Geheimratsecken, und zu den Spitzen immer dünner werdender dunkelblonder Zopf, steigt aus, und beobachtet die Zapfsäule genauestens. Der Mann wird bestimmt nicht so viel Geld haben, so wie er da steht und die Säule anstarrt.
    „So,

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