Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
unwahrscheinlich stolz auf dich bin. Wie du die Tussi da eben in ihre Schranken verwiesen hast – Respekt! Du bist wirklich erwachsen geworden. Und jetzt habe ich auch überhaupt gar keine Bedenken mehr, dich hier alleine zu lassen. So, wie du die Situation hier eben gemeistert hast, da schaffst du auch alles andere, mein Großer.“
Liebevoll ziehe ich sie in meine Arme.
„Danke, Mama. Das bedeutet mir wirklich viel. Ihr alle bedeutet mir sehr viel“, meine ich und hole Lisa und Sven mit in den Kreis. „Einmal Gruppenknuddeln, bitte“, fordere ich und kuschelnd und lachend stehen wir auf dem Bürgersteig. Wenn uns jetzt einer sieht, denkt der bestimmt, sie haben uns irgendwo rausgelassen. Aber das ist mir so was von egal. Wann haben wir das letzte Mal so zusammen gelacht?
Am Montagmorgen mache ich mich wie gewohnt auf den Weg zur Arbeit. Nachdem ich ein paar Minuten vor dem Reisebüro gewartet habe, kommt meine Chefin lächelnd auf mich zu.
„Guten Morgen, Lucas. Na, hast du ein schönes Wochenende gehabt? Und hast du Lisa wieder sicher zur Bahn gebracht? Ich werde ihn vermissen, den kleinen, blonden Wirbelwind“, stellt sie fest, während sie für uns die Tür öffnet.
„Hallo. Na, ein paar Tage haben wir sie ja noch. Sie fährt erst dieses Wochenende nach Hause.“
„Warum das denn?“
„Weil – also, ich wollte sowieso fragen, ob ich am Mittwoch frei haben kann. Wir haben einen Todesfall in der Familie zu beklagen und da wäre dann die Trauerfeier.“
„Oh. Aber sicher kannst du dir da frei nehmen. Jemand, der dir nahe stand?“, fragt sie weiter und legt nebenbei die neuste Ausgabe vom Tagesblatt auf ihren Schreibtisch. Gleich auf der ersten Seite prangern ein Bericht und außerdem drei Bilder über den Selbstmord von Papa. Und über das, was er noch gemacht hat. Zum Glück sind die Fotos nicht sehr gut. Trotzdem fällt es mir schwer, den Blick davon zu nehmen und mich auf die Frage zu konzentrieren. Deshalb antworte ich auch nur mit einem gedehnten „Hmmm.“
Nachdem sie den Kaffee aufgesetzt und ich die Computer hochgefahren habe, setzt sie sich neben mich und beginnt, die Zeitung zu lesen. Und wie sollte es auch anders sein; der Leitartikel springt ihr sofort ins Gesicht. Sogleich fängt sie an zu schimpfen.
„Wie kann ein Vater so etwas seinen Kindern antun? Hat der denn kein Gewissen? So ein perverses Schwein! Dem müsste man die Eier abschneiden!“
„Er ist doch schon tot“, flüstere ich leise und fühle mich mehr als unwohl. Ihre Worte treffen mich hart und ich würde am liebsten das Weite suchen. Ich spüre ihren Blick auf mir ruhen.
„Lucas, sag jetzt nicht, dass das dein Vater war“, haucht sie und ihre Augen weiten sich entsetzt, als ich nun mit dem Kopf nicke. „Mein Gott, das kann doch nicht wahr sein. Du tust mir so leid. Kann ich irgendetwas für dich tun?“
„Es ist alles in Ordnung. Mama und ihr neuer Freund sind da und bleiben mit Lisa zusammen bis zum Wochenende. Ich werde mich dann auf die Suche nach einer kleineren Wohnung machen. Ich will nicht mit den dreien ins Rheinland ziehen. Mein Zuhause ist hier oben im Norden. Und hier will ich auch bleiben.“
„Da bin ich aber froh. Im erstem Moment dachte ich schon, dass ich meinen besten Mitarbeiter verlieren würde.“
„Nein, keine Angst. Dafür macht es mir viel zu viel Spaß. Ich krieg das schon irgendwie hin“, meine ich und hoffe, dass sie mir glaubt. Eingehend ruht ihr Blick auf mir. Und spätestens jetzt weiß ich, dass sie meinen Worten keinen Glauben schenkt.
Und ganz ehrlich – sie hat ja auch recht!
Und auf einmal bricht alles über mir zusammen.
Meine Wut auf ihn! Der Ekel über das, was er mit mir getan hat!
Die Scham vor mit selber, weil ich ihn habe gewähren lassen!
Meine hoffnungslose Liebe zu Benny, die er durch seinen Hass zerstört hat! Dazwischen schleicht sich allerdings auch ein kleines bisschen Trauer, weil ich jetzt ohne Vater auskommen muss.
Ich weiß nicht, wie lange ich meine Tränen laufen lasse, doch irgendwann finde ich mich in ihren Armen wieder. Tröstend streicht sie mir immer wieder über den Rücken.
„Wein ruhig. Und wenn du magst, dann kannst du mir auch erzählen, was passiert ist.“
Ein bisschen komisch komme ich mir schon vor, mein Leben so vor ihr auszubreiten. Schließlich ist sie meine Chefin. Aber als ich anfange, ihr alles zu erzählen, da ist es doch gut. Als ich mit dem „Fund“ auf dem Dachboden und den Briefen ende, fühle ich mich richtig
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