Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
Schritt gewagt zu haben. Den Schritt, die nächsten paar Jahre in Schweden zu verbringen. Ich schüttele mich einmal, um diese Gedanken aus dem Kopf zu kriegen. Denn ich merke, wie sich mein Hals zuschnürt und ich kurz davor bin, hier in Tränen auszubrechen.
Plötzlich stehe ich in einer Traube jubelnder Fußballer, die mir alle auf die Schultern klopfen.
Fragend sehe ich sie an. Lachend wendet sich Simon an mich.
„Guck nicht so erstaunt, Benny. Wir wissen ganz genau, wie viel dir Lucas bedeutet. Ihr seid die besten Freunde. Und wenn er dich nicht hätte, dann würde er wahrscheinlich zu jedem Spiel zu spät kommen. Außerdem haben wir, seid du bei uns zuguckst, nicht ein Spiel verloren. Einige Unentschieden waren dabei, aber keine Niederlage. Deshalb haben wir dich zu unserem Maskottchen auserkoren. Also, sieh zu, dass alles weiterhin so klappt … verstanden?“, grinst er mich an und ich kann nur nicken. Ihr Maskottchen - wie toll, wo ich doch ab morgen gar nicht mehr hier bin. Vielleicht kann ich ja aus dem fernen Schweden ein wachsames Auge auf sie werfen. Aber nein, das werde ich sicher nicht. Wie soll ich denn dabei Abstand gewinnen, wenn ich doch ständig mit Lucas konfrontiert werde? Ich werde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als Simon mir mit der Hand vor dem Gesicht rumfuchtelt.
„Erde an Benny, bist du noch da?“
„Was? … Ja, sicher. Ich bin euer Maskottchen. Solltet ihr euch da nicht lieber jemand anderen aussuchen? Ich meine, vielleicht ein kleines Mädchen oder so? Ich bin schließlich auch nicht immer verfügbar. Morgen fängt die Uni an. Und ich weiß nicht, ob ich immer da sein kann. Und außerdem …“, ich ziehe ihn ein kleines Stück beiseite, so dass uns nicht jeder verstehen kann. „… und außerdem wurde mir vorhin von zwei Seiten unmissverständlich klargemacht, dass ich mich von Lucas fernhalten soll.“
„Wer hat das gesagt?“, fragt er mich mit großen Augen.
„Das ist egal. Aber ich will nicht, dass er meinetwegen Schwierigkeiten bekommt.“
„Dir ist schon klar, dass er die kriegt, wenn du nicht für ihn da bist, oder?“. Mit einem durchdringenden Blick sieht er mich an. Und mir wird schon wieder ganz unwohl.
„Benny, ich glaub, ich weiß, wie du zu Lucas stehst. Und lass dir eins gesagt sein. Die meisten aus der Mannschaft haben kein Problem damit. Lucas ist unser Kumpel. Und wenn er auf Männer steht, dann ist es eben so.“
„Nein, nein … du verstehst da was falsch, Simon. Lucas ist nicht schwul. Er … ich … Scheiße … wie soll ich …“, stammele ich vor mich hin, atme noch einmal tief durch und sehe ihm direkt ins Gesicht. „Ich bin schwul. Und ich liebe Lucas. Für Lucas bin ich nicht mehr als sein bester Freund. Und so soll es auch bleiben. Ich … pass bitte auf ihn auf, ja?“
„Ne, dafür bist du doch zuständig“, grinst Simon.
Mir ist grade so gar nicht zum Lachen zumute.
„Ich kann aber nicht immer für ihn da sein. Versprichst du mir, auf ihn zu achten, wenn ich nicht da bin?“ Ich schlucke schwer und muss ein paar Mal blinzeln. Dann geht es wieder. „Bitte, Simon!“
„Okay“, nickt er langsam, „ich kann es dir zwar nicht versprechen, aber ich werde es auf jeden Fall versuchen. Was ist los, Benny? Was hast du vor?“
Ich bin mir nicht sicher, ob es doch ratsam wäre, wenn ich irgendjemanden in meinen Plan einweihen würde. Aber bevor ich auch nur zu Ende denken kann, klopft mir Lucas auf die Schulter.
„Na, ihr beiden. Habt ihr etwa Geheimnisse vor mir?“, fragt er und in seiner Stimme liegt ein unsicherer Ton.
„Quatsch? Warum sollten wir? Ich hab deinem Freund nur grade gesagt, dass er unser neues Maskottchen ist. Sieh nur, wie er sich freut. Ihm kommen gleich die Tränen.“
Mit einem verunglückten Lachen schiebe ich die beiden wieder zur Mannschaft. „Du bist ein alter Spinner, Simon. Deshalb bist du mir ja auch so sympathisch. Und wäre ich jetzt ein Mädchen, würde ich dir sicher einen Schmatzer auf die Wange drücken.“
„Ach, und nur weil du kein Mädchen bist, bin ich dir etwa nicht gut genug?“, fragt er gespielt beleidigt und schmollt. Blinzelt mir aber zu. Ich glaube, ich weiß, was er vorhat. Also gehe ich auf sein kleines Spielchen ein.
„Aber sicher bist du mir gut genug. Du bist doch fast die erste Wahl“, meine ich feixend und gehe einen Schritt auf ihn zu. Beuge mich zu ihm rüber und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Johlend klatschen die anderen. Und Simon grinst mich breit an.
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