Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
machen.
Ich hab mich gewundert, wie der Schattenfürst das so schnell erfahren konnte
und hatte null Erklärung dafür. Es sah so abgesprochen aus, dass uns so viele
Graue Schatten aufgelauert haben.«
»Ja.« Stelláris nickte grimmig. »Das passt zusammen.
Warum habe ich nur nicht daran gedacht?«
»Aber wer aus Eldorin würde dich verraten?«,
fragte Maya. »Ich dachte außerdem, das ginge gar nicht, Eldorin ist doch mit
Zaubern geschützt!«
»Wegen des Schutzes an der Grenze?« Stelláris
schüttelte den Kopf. »Er verwehrt Angreifern den Zutritt nach Eldorin. Mehr
nicht. In unserer Sprache gibt es nicht einmal ein Wort für Verrat. Nein, es
gibt keinen Zauber, um Verräter aufzuspüren. – Ich glaube inzwischen,
dass das alles nur eine Finte des Feindes war. Plötzlich waren da so viele
Soldaten, dann Caiman, der dir erzählte, Eldorin soll angegriffen werden. Ich
habe den Verdacht, dass nichts davon wirklich war. Du solltest fortgelockt
werden, Larin. Es war von Anfang an so geplant.«
»Dann hätte doch Caiman damit zu tun!«, rief
Maya empört. »Oder die Scelestos! Was machen wir denn nun?«
»Ich werde sobald wie möglich eine Taube mit
einer Nachricht nach Eldorin schicken, um ihnen unsere Vermutung mitzuteilen.
Aber jetzt schauen wir uns erstmal um, wie geplant«, sagte Larin vernünftig.
Maya brauchte Zeit, um ihre Gedanken zu
sortieren. Da tat es gut, durch Amadur zu streifen. Allerdings verspürte sie
nach wie vor ein unsicheres Gefühl, als sie nachdenklich durch den verwilderten
Park einen der kleinen, verschlungenen Wege hügelabwärts lief. Der Pfad führte
sie durch ein von Menschen erschaffenes Wäldchen mit den unterschiedlichsten
Bäumen. Zimt- und Schlangenhautahorne wuchsen hier, die wohl wegen ihrer
seltsamen Rinde angepflanzt worden waren. Die meisten anderen Bäume waren Maya
absolut unbekannt. Am Fuße des Hügels ging der Park in den natürlichen Wald
über. Sofort fühlte sich Maya an Eldorin erinnert. Es gab das gleiche grüne
Licht und ähnliche Bäume und Farne. Sogar die gleichen weißen Waldreben und
wilder Efeu erklommen die Bäume. Der Boden war ebenfalls mit Sternmoos bedeckt;
es wuchs hier sehr dicht, und Maya hatte das Gefühl, auf Watte zu laufen. Ihre
Unsicherheit schwand. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass in diesem
friedlichen Wald etwas Böses hausen sollte.
Larin und Stelláris hatten Maya in die Mitte
genommen, und sie merkte, dass Larins rechte Hand manchmal, wenn es im
Unterholz knackte, zu seinem Zauberstab zuckte. Er war auf der Hut. Langsam
drangen sie in das Innere des Waldes vor. Ein Geräusch von fließendem Wasser
hatte sie angezogen. Sie gelangten an einen kristallklaren Bach und folgten
ihm. Er führte sie immer tiefer in den Wald hinein, und das Vorwärtskommen
erwies sich als schwierig, da das Unterholz sehr dicht stand.
Maya erschrak, als Stelláris plötzlich ihren Arm
packte.
»Nicht bewegen! Still!«, flüsterte er. Maya
erstarrte. Sie versuchte, irgendetwas zu erkennen und schaute ratlos die Bäume
an. Sie hörte Larin neben sich die Luft einziehen und bemerkte immer noch nicht
den Grund dafür. Was sahen die beiden, was sie nicht erkennen konnte? Sie
fühlte ihr Herz wild pochen.
Plötzlich entdeckte sie ein Geschöpf weit hinten
zwischen den Bäumen. Es war strahlend weiß, weißer als frisch gefallener
Schnee. Die Pflanzen um es herum schienen intensiver grün zu werden, als es
daran vorbeischritt.
Jetzt stieß auch Maya ein kurzes Keuchen aus,
denn sie hatte das Wesen erkannt.
Es war ein Einhorn, und es kam auf sie zu. Nie
hätte Maya gedacht, einem zu begegnen, auch wenn sie es sich sehr gewünscht hatte.
Sie rief sich die Worte ihrer Lehrerin ins Gedächtnis: »Sie kommen zu dir, wenn
du nicht damit rechnest und du sie am allermeisten brauchst.«
Staunend betrachtete Maya das schöne Geschöpf.
Es sah einem Pferd sehr ähnlich, bis auf das gedrehte schlanke Horn auf seiner
Stirn. Seine Mähne war länger, als die eines Pferdes je sein könnte. Sie floss
in weichen, wilden Locken herab und erinnerte an den Schaum auf bewegten
Meereswogen. Der lange Schweif fiel wie eine Kaskade schäumenden Wassers hinab.
Es trug ihn wie eine Schleppe über den Boden. Seine Hufe waren zierlich und
hatten die Farbe polierten Silbers. Das Einhorn schritt langsam auf das Mädchen
zu. Maya vergaß fast zu atmen. Als es dicht vor ihr stand, senkte es den
prachtvollen Kopf, und die Spitze des Horns berührte ihre Brust an der Stelle
ihres
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