Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
seine ledrige Haut war mit
kleinen und größeren grauen Sprenkeln übersät. Es war schwierig zu erkennen, wo
die Haut aufhörte und die Kleidung begann. Er schien sie nie zu wechseln, sie
wirkte wie mit ihm verwachsen. Zumindest konnte sich Maya nun den beißenden
Geruch nach vergammeltem Sauerkraut und Essig erklären. Maya wunderte sich,
dass die kleine Bank unter dem Gewicht seines unförmigen Körpers nicht
zusammenbrach, jedenfalls schwabbelten die Speckwülste des Trolls über die
Sitzfläche hinaus. Die Bank ächzte, als er sich nach vorne lehnte, um mit
seinen Wurstfingern nach einem der zwanzig Bierkrüge vor ihm zu greifen. Er
legte den viel zu kleinen kahlen Schädel nach hinten und leerte den Krug
geräuschvoll in einem einzigen Zug. Mit einem behaglichen Rülpser sank er in
sich zusammen, wobei sein kurzer Hals vollständig zwischen den Speckringen
verschwand.
Die Wirtin kam mit vier Tellern Eintopf, die sie
souverän balancierte und geräuschvoll vor ihnen ablud. Na, mit Matschpampe in
allen Farben kannte sich Maya bestens aus. Schweigend löffelte sie das Essen in
sich hinein. Sie war erleichtert, als alle aufgegessen hatten und Stelláris
vorschlug aufzubrechen. Larin schien gerade zu beschäftigt zu sein, um auf
solche Gedanken zu kommen. Tiefe Furchen gruben sich auf Mayas Stirn ein. Sie
spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog, und konnte ihre Empfindung nicht klar
einordnen. Stelláris beglich die Rechnung am Tresen und warf sich seinen Mantel
über. Maya tat es ihm nach und folgte ihm rasch nach draußen. Die frische Luft
tat gut. Sie drehte den Kopf, um zu sehen, ob Larin mitkam, aber er schien sich
Zeit zu lassen. Mit einem undefinierbaren Gefühl in der Brustgegend lief Maya
hinter Stelláris her.
»Sie kennen sich aus Eldorin«, erklärte
Stelláris unaufgefordert. »Nicoletta ist vor einem Vierteljahr mit ihren Eltern
fortgezogen, weil sie sich bei uns nie richtig heimisch gefühlt haben. Sie
wollten ursprünglich nach Unduros, aber offensichtlich haben sie sich
entschlossen, dieses Gasthaus in Undil-Ran zu führen. Ich nehme an, sie
verdienen damit ziemlich gut.«
Maya wunderte sich. Wie konnte man freiwillig
aus Eldorin fortgehen?
»Nicht jeder lebt gerne bei uns Elfen«, sagte
Stelláris sanft, als hätte er ihre Gedanken erraten.
Maya fuhr zusammen, als sie hinter sich
schrilles Gekicher vernahm. Sie verdrehte die Augen. Auch das noch! Miss
Godzilla kam mit!
Hyadee wieherte fröhlich zur Begrüßung, als sie
Maya erblickte. Dankbar vergrub Maya ihr Gesicht in der seidigen Mähne der
Stute. »Ich liebe dich auch«, sagte sie leise.
Sie machten ihre Pferde fertig. Maya konnte
nicht anders, als dem Gespräch nebenan zuzuhören, Nicoletta redete einfach zu
laut.
»Wann kommst du mich wieder besuchen? Bald? Oh,
sag doch Ja!«
Larin murmelte etwas, was Maya nicht verstand.
Es war wohl nicht die erwünschte Antwort, denn das Mädchen ließ ein
enttäuschtes »Oooh!« hören.
Maya hatte bis jetzt nicht gewusst, dass sie zu
so einem gemeinen Gefühl wie Schadenfreude fähig war, und schämte sich ein
wenig dafür.
Sie hatte für Nicoletta zum Abschied nur ein
kurzes Grußwort übrig, die jedoch schenkte ihr ein übertrieben zuckersüßes
Lächeln. Maya ritt den anderen ein Stück voraus, um sich die sicherlich
rührende Szene zwischen Larin und diesem grässlichen Mädchen zu ersparen.
Ein paar Häuser weiter, ganz am Ende der Straße,
kam der Rote Fluss bereits in Sicht. Träge wälzte er sich in seinem Bett dahin.
Vom Schiff war nichts zu sehen, aber es konnte nicht mehr lange dauern. Am Ufer
standen über zwei Dutzend Wartende, die entweder mitfahren oder Waren auf- oder
abladen wollten. Nachdenklich hielt Maya ihre Stute an. Warum wohl war dieses
Schiff so wichtig, dass sie es unbedingt erreichen sollten?
Hinter sich hörte sie den Hufschlag zweier
Pferde. Sie wollte sich gerade nach ihren Freunden umdrehen, als sie Stimmen
vernahm. Das klang nicht nach Larin und Stelláris, es waren raue Männerstimmen.
Etwas im Tonfall verursachte Maya Unbehagen. Sie senkte den Kopf und tat, als
wolle sie ihre Zügel ordnen, um ihr Gesicht nicht zeigen zu müssen. Zwei Männer
ritten an ihr vorbei. Sie saßen auf schwarzen Pferden und trugen verstaubte
schwarze Umhänge. Maya erstarrte. Schwarze Reiter! Waren diese hier auf der
Suche nach ihnen? Sie war froh, dass sie ihren Kapuzenmantel angezogen hatte.
Unauffällig wendete sie ihr Pferd und ritt langsam das Stück Weg zurück.
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