Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
Ihre
Hände begannen zu schwitzen. Der Rückweg kam ihr elendig lang vor, aber bereits
nach kurzer Zeit stand Maya wieder vor dem Stall. Es war genau die Stelle, an
der sie die anderen verlassen hatte – doch von ihnen war keine Spur zu
sehen. Maya sah sich erschrocken um. Wo waren Larin und Stelláris? Was war
geschehen? Trieben sich noch mehr Schwarze Reiter in Undil-Ran herum? Waren die
Jungen von ihnen erkannt worden? Oder hatten die beiden lediglich etwas im
Gasthaus vergessen und holten es gerade? Aber dann wären ihre Pferde doch
irgendwo hier draußen gewesen! Sie unterdrückte die aufkeimende Panik und
schaute sich weiterhin suchend um. Oh nein! Maya fühlte, wie sich ihr die
feinen Härchen im Nacken aufstellten. Die Reiter kamen direkt auf sie
zugeritten! Was jetzt? Ruhe bewahren und hoffen, dass sie vorbeiritten?
Fliehen? Das würde, falls die Männer zufällig in ihre Richtung kämen, Maya erst
recht verdächtig machen. Außerdem, wenn sie Undil-Ran verließ, hätte sie keine
Ahnung, wie sie ihre Freunde wiederfinden sollte. Maya zwang sich, ruhig zu
bleiben und lenkte ihr Pferd ohne Hast von der Hauptstrasse fort in eine
schmale Gasse zwischen dem Stall und dem Nachbarhaus. Vielleicht gelang es ihr,
sich unbemerkt zu verdrücken. Ihre Hände zitterten so, dass sie Mühe hatte, die
Zügel in der Hand zu halten. Sie hörte hinter sich eiliges Hufgeklapper.
»He, du!«, brüllte einer der Männer.
Maya überlegte nicht länger. Sie ließ Hyadee
angaloppieren. Die Gasse war eng, aber da Undil-Ran nur ein kleines Dorf war,
würde es nicht lange dauern, bis sie aus dem Häusergewirr heraus war und freies
Gelände erreichte. Dort konnte sie Hyadee richtig rennen lassen und hoffen,
dass die Männer nicht die besten Schützen waren. Zweimal teilte sich das
Sträßchen, sie hatte keine Ahnung, welche Abzweigung sie nehmen sollte, und
verließ sich auf ihr Gefühl. Maya merkte, dass sie Hyadee zu schnell in eine
enge Kurve getrieben hatte, ihre Stute kam ins Straucheln. Sie stolperte, es
gab einen heftigen Ruck, und Maya krallte sich panisch an der Mähne fest, um
nicht heruntergeschleudert zu werden.
Hyadee fing sich und lief weiter, so schnell es
in diesen gewundenen schmalen Gassen eben ging. Maya hatte etwas Abstand zu den
Verfolgern gewonnen, aber sie konnte sie noch deutlich hören.
»Bleib stehen!«, donnerte eine zornige Stimme.
Das war nun so ziemlich das Letzte, was Maya vorgehabt hätte.
Endlich wurde der Weg breiter. Maya dachte
schon, sie hätte es heraus geschafft aus diesem Labyrinth – da erkannte
sie ihren Irrtum: Sie war in einen großen Innenhof geflohen, der von mehreren
aneinander gebauten Häusern und einer Scheune umschlossen war und nur diesen
einen Durchgang hatte. Eine Sackgasse!
Entsetzt hielt sie Hyadee an und starrte auf die
Männer, die sich ihr heimtückisch grinsend näherten. Der eine hatte ein
gekrümmtes Wurfmesser in der Hand und versperrte mit seinem Pferd den Ausgang,
der andere hatte seinen Bogen gespannt und die Pfeilspitze auf Hyadee
gerichtet. »Steig ab, Täubchen, sonst töte ich dein Pferd«, knurrte er
mitleidlos.
Maya hatte keine Wahl. Sie glitt von ihrer Stute
herunter und spürte, wie ihre Knie fast nachgaben. ›Renn weg!‹, schrie ihr
Gefühl. ›Du kommst keinen Meter weit. Rede mit ihnen‹, befahl ihr Verstand.
Maya riss sich zusammen. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, sie fürchtete,
keinen Ton herauszubekommen. Sie schluckte und versuchte, ihrer Stimme einen
festen Klang zu geben. »Was wollen Sie von mir?«
»… dass du ausspuckst, wo sich dieser Larin
aufhält, sonst …!« Der Bogenschütze richtete bedrohlich seinen Pfeil auf
Maya.
›Niemals‹, dachte Maya. »I-ich … kenne keinen
Larin«, brachte sie heraus.
Der Mann lachte hämisch. »Verkauf mich nicht für
dumm! Wir haben eine genaue Beschreibung von euch und euren Gäulen!
Nun …?«
Maya presste entschlossen die Lippen zusammen.
»Dann wird er eben deine Leiche hier finden. Und
wir warten ganz gemütlich auf ihn. Komm schon, deine letzte Chance!«
Verzweifelt zermarterte Maya ihr Gehirn nach
einer glaubwürdigen Geschichte. Sie musste dem Mann weismachen, dass sich Larin
an einem völlig anderen Ort aufhielt. Aber wie?
Der Schwarze Reiter zog die Bogensehne stärker
aus. Mayas Augen weiteten sich vor Entsetzen. TSCHAK. Dieser Pfeil würde nie
sein Ziel erreichen. Es war ein anderer Pfeil, der durch die Luft surrte und
nun den Körper des Mannes durchbohrte. Fassungslos
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