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Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Titel: Eldorin – Das verborgene Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Wohlrab
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gestrige Nachmittag hatte nicht ausgereicht, zu viert die
riesigen Mengen Laub einzusammeln und auf den Komposthaufen zu werfen. Larin
hatte ganz selbstverständlich mitgeschuftet. Er schien gerne mit ihnen
zusammenzusein und taute in ihrer Gegenwart richtig auf. Allerdings gab es
Momente, wo er sich völlig in sich zurückzuziehen schien und tieftraurig
wirkte.
    Nachdem sie den Kampf gegen das Laub gewonnen
hatten, trafen sich Maya, Fiona und Max mit Larin in der Dachkammer. Sie hatten
diesen Ort gewählt, weil sie mit Larin Dinge besprechen wollten, bei denen sie
wirklich absolut ungestört sein wollten. Es war heute nicht schwierig gewesen,
sich Zugang zu verschaffen, da sowieso jeder im Freien rumhing. Das Haus wirkte
wie ausgestorben. Lediglich auf Frau Säuerlich und die Pralinenschachtel musste
geachtet werden, aber das konnte man gut in den Griff kriegen.  
    »Ich habe also etwas von einem Wasserfall
geträumt«, wiederholte Larin Mayas Schilderung.
»Seltsam, ich kann mich nicht mal an meine Träume richtig erinnern.« Er ging nachdenklich im
Zimmer auf und ab. Im Sonnenlicht, das durch die schmalen Dachgauben
hereinströmte, tanzte der Staub. Max lümmelte auf der Rückenlehne des riesigen
Ohrensessels herum und brachte wild gestikulierend eine abenteuerliche
Erklärung nach der anderen für Larins Erlebnis vor. Auf der weichen Sitzfläche
des Ohrensessels hatte es sich Fiona bequem gemacht. Sie versuchte, Max am
Herumzappeln zu hindern, denn ab und zu verlor er den Halt, kullerte
versehentlich die Lehne herunter und landete ihr wie ein Sack Kartoffeln im
Genick.
    Maya saß im Schneidersitz am Boden und grübelte
vor sich hin. »Wenn wir herausfinden wollen, was das alles zu bedeuten hat, ist
es wohl am vernünftigsten, im Gebirge die Stelle zu suchen, wo deine Erinnerung
abreißt. Vielleicht kann man dort irgendeinen Hinweis entdecken. Wenn du Glück
hast, kommt das Gedächtnis ja komplett zurück.«
    »Ja, genau das habe ich mir auch überlegt«,
erwiderte Larin.
    Max rutschte Fiona in den Nacken, und sie pikste
ihn mit dem Finger in die Seite, um ihn wieder nach oben zu scheuchen. »Und wie
stellt ihr euch das vor? Wir können nicht einfach mal so für ein bis zwei Tage
oder länger verschwinden, wer weiß, wie lange wir suchen müssten.«
    »Ich … hab nicht unbedingt von uns allen geredet«, bekannte Maya leise.
»Mir ist klar, dass man nicht einfach so zum Suchen losziehen kann und dann
wieder auftaucht, als sei nichts gewesen. Wir würden hier bis ans Ende unserer
Tage Laub kehren und Fenster putzen. Ich fürchte, sobald wir gegangen sind,
gibt es kein Zurück. Aber ich will es auch gar nicht. Ich kann diese Frau nicht
mehr sehen. – Ich verschwinde von hier. Endgültig.«
    Fiona setzte sich kerzengerade im Sessel auf.
Max plumpste ihr schwungvoll in den Rücken.
    »Nein, Maya! Das ist jetzt nicht dein Ernst!« Fiona
riss entsetzt die Augen auf.  
    »Ich denke doch«, entgegnete Maya mit belegter
Stimme. »Seit die widerliche Säuerlich hier ist, ist es sowieso nicht mehr zum
Aushalten. Ich würde mir so arg wünschen, dass ihr auch mitkommt. Wir haben
schon oft über eine Flucht nachgedacht und jede Menge Pläne geschmiedet!«
    »Ja, aber doch nicht ernsthaft! Und die
Säuerlich bleibt sicherlich nicht ewig da! Maya, das geht doch nicht! Du darfst
uns nicht verlassen!« Fiona war fassungslos. »Schau, im Dorf haben sie erzählt,
dass die Cousine von Frau Meisner aus dem Lebensmittelladen sich um die
Stellung als neue Leiterin bemüht hat, und die soll ganz nett sein.«
    »Bis dahin«, versicherte Maya düster, »hab ich
die Säuerlich erwürgt.«

 
    Eine Zeitlang versanken sie in dumpfes Brüten.
Maya musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass Larin sie nachdenklich musterte.
Max war auf die Rückenlehne zurückgerobbt und starrte ungewöhnlich regungslos
auf eine kleine gelbe Spinne, die begonnen hatte, einen Faden vom zerbrochenen
Glasschirm der altersschwachen Stehlampe bis zu Fionas Ohr zu ziehen.
Angestrengt legte er die Stirn in Falten. Man sah ihm an, dass in seinem Kopf
die Gedanken Karussell fuhren.
    Maya räusperte sich, um den Frosch im Hals
loszuwerden. »Das, was ich vorhin gesagt habe, meine ich wirklich so. Ich halte
es echt nicht länger aus, und Larin bleibt sowieso nichts anderes übrig, als zu
gehen. Von daher ist jetzt einfach der richtige Zeitpunkt. Ich helfe ihm beim
Suchen, und dann sehen wir weiter.«
    »Bitte nicht!«, flehte Fiona. »Überleg dir das
doch noch mal!«

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