Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
der schon während des
Rittes Max’ Fragen geduldig beantwortet hatte. »Es liegt ein Zauber auf ihnen.
Wir Elfen fühlen uns nicht wohl in abgeschlossenen Räumen. So können wir immer
den Himmel und das Blätterdach der Bäume sehen.«
»Praktisch«, befand Max, »man braucht nicht mal
vor die Tür zu gehen. Sogar im Bett kann man sehen, ob man heute einen
Regenschirm braucht oder nicht.«
Es waren mehr als 200 Elfenbehausungen. So
unterschiedlich die Bäume gewachsen waren, so verschieden war die Architektur
des jeweiligen Hauses. Trotzdem bildeten sie eine Einheit mit ihren hellen
Steinmauern und den schlanken Türmchen.
Auf einer Seite des weitläufigen Platzes
erkannte man fernab hinter den Bäumen eine sonnenbeschienene Wiese, die vom
Wald durch einen Bachlauf getrennt wurde. Wilde Narzissen, Blauglöckchen und
Himmelsschlüssel wuchsen dort.
Ihre Ankunft erregte einiges Aufsehen. Zuerst
kamen jüngere Kinder angelaufen, die wohl in der Nähe gespielt hatten. Sie
waren Menschenkindern nicht unähnlich, wie sie neugierig einen Halbkreis um sie
bildeten und sie mit großen Augen musterten, die Schüchternen unter ihnen
hinter den anderen versteckt. Aber sie hatten alle die spitzen Ohren und das
lange seidige Haar ihrer Eltern, und in ihren Gesichtern lag ein Ausdruck von
Weisheit, wie Maya sie bisher bei keinem Kind gesehen hatte.
»Larin!« Eines der Kleinen drängte sich an
seinen Spielgefährten vorbei und stürzte atemlos auf ihn zu.
»Elysander!« Er fing es lachend auf und wirbelte
es im Kreis herum. Der kleine schwarzhaarige Junge quietschte begeistert.
»Wo warst du?« Elysander saß auf Larins Arm,
hatte ihm seine Ärmchen um den Hals geschlungen und strahlte ihn an.
Bevor Larin antworten konnte, kamen weitere
Elfen hinzu, unter anderem eine Frau und ein Mann, die Larin wohl sehr gut
kannte, denn er setzte Elysander ab und lief ihnen entgegen. Sie fielen sich in
die Arme. Maya hörte sie mehrere Minuten lang auf Elfisch miteinander sprechen,
dann drehten sie sich zu Maya, Fiona und Max um und traten auf sie zu.
»Das sind meine Paten«, erklärte Larin mit etwas
belegter Stimme, »Luna und Anais. Sie sind die Eltern von Stelláris und
Elysander. Ich habe ihnen kurz erklärt, wo ich die ganze Zeit über gewesen bin.« Er räusperte sich.
»Und das sind Maya, Fiona und Max, die mir geholfen haben, hierher
zurückzufinden … Entschuldigt, ich, äh … würde gerne ein paar Freunde
begrüßen.« Schnell drehte er sich um und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
Schon kamen andere Elfen und umringten ihn begeistert.
»Willkommen!«, sagte Anais herzlich, und seine
Frau Luna ergänzte: »Wir sind euch unendlich dankbar für eure Hilfe. Wir hatten
uns so sehr um Larin gesorgt. Bitte kommt doch in unser Haus als unsere Gäste
und Freunde. Larin wird in Kürze nachkommen. Er will sich vorher auf den Weg zu
seinen Pflegeeltern machen, die unterhalb dieser Siedlung ihr Haus haben.«
»Da-danke«, stammelte Maya, die sich ganz wirr
im Kopf fühlte. Von Paten und Pflegeeltern hatte sie keine Ahnung gehabt. Fiona
schien es nicht anders zu gehen; sie brachte ein schüchternes Lächeln zustande,
und Max hatte sich entschlossen, einfach nur stumm den Mund aufzuklappen und
ihn offen stehen zu lassen.
Sie liefen gemeinsam über einen der bemoosten
Wege. Maya wurde bewusst, dass sie die ganze Zeit die Elfen anstarrte. Luna
lächelte sie an. ›Wie wunderschön sie aussieht‹, dachte Maya staunend. Auf
Lunas Gesicht schien die Zeit keine Spuren hinterlassen zu haben. Es war glatt
und makellos, obwohl sie sicher nicht mehr ganz jung war. ›Es sind die Augen‹,
wurde Maya klar, ›man erkennt ihr Alter hauptsächlich in den Augen. Sie spiegeln
wider, was sie gesehen haben, das Schöne und das Traurige, das Lustige und den
Schmerz.‹
Lunas große Augen standen wie bei allen Elfen
ein wenig schräg wie die einer Katze und waren dunkel, fast so dunkel wie ihr
glänzendes schwarzes Haar. Anais Augen erinnerten wie die seines Sohnes
Stelláris an das Grün der Wälder, mit goldbraunen Sprenkeln darin, und sein
Haar hatte ebenfalls die Farbe hellen Silbers.
Die Elfen bewegten sich geschmeidig und
leichtfüßig. Maya fiel auf, dass ihre Füße beim Laufen kaum Abdrücke im Boden
hinterließen. Anais’ Kleidung glich der der vier Elfen, mit denen sie
hergeritten waren. Luna trug ein langes grünes Gewand mit rundem Ausschnitt und
tief angesetzter Taille, einem eng anliegenden Oberteil und einem
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