Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
unserer geduldigen jungen Gäste zu beantworten.«
Alle Gesichter wandten sich ihm gespannt zu.
Gormack fischte kurz mit der Hand in die Luft und holte eine Glimmerfee
herunter, die gerade über ihm vorbeischwebte.
»Ein bisschen mehr Licht dazu wäre nicht
schlecht«, brummte er und schüttelte die Fee, wie man ein Staubtuch
ausschüttelt. Sie versprühte ein paar Funken und wurde dann tatsächlich heller.
Er ließ sie los, und sie trudelte etwas ramponiert davon. Maya und Fiona
starrten verdattert der Glimmerfee nach, die nun sehr hell leuchtend
seelenruhig auf einem Wandregal saß und ihre Flügelchen glättete. Sie schien
keinen Schaden davongetragen zu haben.
Maya merkte, dass Anais sie ansah und meinte,
ein leises Lachen hinter seinen grünen Katzenaugen zu entdecken. »Ihr seid in
unser Land geraten und vieles muss euch sehr fremd erscheinen. Wie uns Larin
vorhin bei seiner Ankunft erzählte, ist er von einem Mann mit einer Narbe im
Gesicht entführt und hinter den Wasserfall verschleppt worden. Der Grund für
diese Entführung liegt in der Vergangenheit. Um die Ereignisse besser erklären
zu können, werde ich ein großes Stück in der Zeit zurückgehen müssen.
Unsere Welt wird von den verschiedensten Wesen
bevölkert. Den meisten gelingt es, in friedlicher Gemeinschaft nebeneinander zu
leben. Aber immer wieder erhebt sich das Böse in den unterschiedlichsten Formen
und zerstört alle Bemühungen um eine solche Existenz.
Hier bei uns lebt ein Volk, dessen Geschichte
weit in die graue Vorzeit zurückreicht. Dennoch ist es nicht so alt wie das
unsrige. In seinen Anfängen wurde ihm von dem Erschaffer der Welten ein Buch
gegeben, in die es alles über die Entstehung unseres Landes Altera schrieb.
Alles Wissen und alle Weisheit sind in ihm gesammelt. In diesem Buch steht eine
Prophezeiung, die über Altera ausgesprochen wurde:
Es wird ein großer König kommen, der unserer
Welt dauerhaften Frieden bringen wird. Sämtliche Völker wird er miteinander
versöhnen und zu einem einzigen Volk machen. Er wird auf dem Thron sitzen, aber
gleichzeitig seinem Volk dienen. Jeder, der zu ihm kommen möchte, wird eine
geöffnete Tür vorfinden. Er wird die Tränen seines Volkes trocknen und das Böse
für immer auslöschen. Sein Friede wird in Ewigkeit bestehen. So steht es
geschrieben.«
Gormack nickte und strich mit der Hand durch den
wild gekringelten Bart. »Die Weissagung gilt auch für mein Volk. Sie gilt für
alle hier in Altera.«
Max klang beinahe zaghaft, als er fragte: »Und
das alles soll ein einzelner König hinkriegen?«
Luna erklärte: »Er ist nicht irgendein König
– er ist der König der Könige. Auf ihn legen wir unsere Hoffnung. Auf
sein Kommen warten wir.«
Herr Ägidius räusperte sich und machte ein sehr
ernstes Gesicht, als er verkündete: »Er wird von unseren Königen abstammen. Er
wird aus unserem Volk geboren werden. Er wird der Sohn eines Menschen sein.«
Anais sprach weiter: »Die Blutlinie der
Könige der Menschen reicht weit zurück. Nie wurde sie unterbrochen. Immer wurde
der Thron an den Sohn oder die Tochter weitergereicht oder an den Bruder oder
den Sohn des Bruders.
Nun rotteten sich die Mächte des Bösen zusammen
und heckten einen Plan aus. Sie wollten den Thron und die Macht für sich haben.
Ihr eigener König sollte herrschen. Ein Herrscher, dessen Herz verdorben und
finster ist, und der danach trachtet, unser Land mit Tod und Verdammnis zu
überziehen.
Ihr Plan war einfach. Wie wäre es nun, diese
Königslinie zu unterbrechen? Dann würde die Prophezeiung nie eintreffen, der
König der Könige würde nie geboren werden, und der Friede würde niemals
kommen.«
»Aber das bedeutet doch …« Maya machte ein
entsetztes Gesicht. »Ja.« Schmerz
und Bitterkeit sprachen aus Anais’ Worten. »Das bedeutet, sie mussten den König
töten und mit ihm seine Frau und seine Kinder, außerdem alle Verwandten, die
irgendeinen Anspruch auf den Thron gehabt hätten.«
Gormack ließ seine Faust so laut auf den Tisch
krachen, dass eine Glimmerfee erschreckt in die Weinschaumcreme kippte, von der
sie gerade genascht hatte. Der Zwerg schniefte laut und einen Moment lang
fürchtete Maya, er könnte sich in das Tischtuch schnäuzen.
Eine Pause entstand. Gormack hatte sein rotweiß
kariertes Taschentuch gefunden und trompetete hinein.
Maya sah, dass Lunas dunkle Augen nass glänzten,
als sie flüsterte:
»Es ereignete sich vor etwa fünfzehn Jahren. Sie
töteten die Freundin
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