Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
darauf vernahmen sie das
gedämpfte Geräusch von Pferdehufen im Gras. Maya wollte sofort aufs Pferd
springen und die Verfolgung aufnehmen, doch Stelláris hielt sie zurück. »Er ist
noch nicht weit genug entfernt. Er könnte uns ebenso hören wie wir ihn.«
»Aber es ist noch nicht richtig hell!« Maya
schaute nervös zum Horizont, wo die Sonne ihre blassrosa Vorboten aussandte,
bevor sie sich selbst in ihrem roten Glanz erhob. »Was ist, wenn wir ihn
verlieren, weil wir seine Spur nicht erkennen? Wenn er damit rechnet, dass wir
ihm folgen, und er deshalb nur vortäuscht, einen bestimmten Weg zu reiten?
Vielleicht biegt er plötzlich ab – würdest du das in der Dämmerung
bemerken?«
»Wir Elfen hören besser als ihr Menschen, und
unsere Augen sind besser an die Nacht angepasst. Wir werden ihn nicht
verlieren. Und – ja, er rechnet damit, dass ich ihm folge, und dass er
mich dann nicht abhängen kann. Eben weil er fürchtet, dass der Feind jeden
Moment Eldorin angreift, darf er keine Zeit mit reichlich sinnlosen
Versteckspielen verschwenden und muss riskieren, dass ich ihn einhole.
Allerdings hat er keine Ahnung, dass du dabei bist. Falls er dich zu früh
sieht, ist dein Plan geplatzt, denn er wird dich niemals freiwillig mitlassen.
Genau aus diesem Grund darf er uns erst im allerletzten Moment sehen, wenn es
unmöglich ist, umzukehren. Jetzt komm.«
»Warum hast du mich mitgenommen, nachdem es
nicht so einfach ist, ihm unauffällig zu folgen? Vielleicht hätte ich es gar
nicht geschafft?«, fragte Maya, als sie aufgesessen waren und ihre Pferde in
Trab fallen ließen.
»Glaube mir, Maya«, sie erahnte sein Lächeln in
der Morgendämmerung mehr, als sie es sah, »du hättest es durchaus geschafft,
ihm bis hinter die Grenze zu folgen, aber du hättest dich dabei womöglich
umbringen lassen. Hier bei mir bist du sicherer. Wie hätte ich das sonst Larin
erklären sollen?«
Maya war froh über das Zwielicht, in dem
Stelláris ihr Gesicht nicht so gut sehen konnte, denn ihre Wangen verfärbten
sich rosarot wie die Wolken am Himmel.
Die Sonne war längst aufgegangen, und Stelláris
ritt im gemächlichen Trab vor Maya her, die Augen wiederholt zum Boden
gerichtet, um zu prüfen, ob die Hufspur noch zu sehen war. Sie bewegten sich
nach wie vor in südöstliche Richtung. Larin hatte nicht im Entferntesten daran
gedacht, sie in die Irre zu führen, wohl weil er wusste, dass ihm Stelláris als
Elf hier überlegen war. Ab und zu ließ Stelláris sie anhalten und lauschte, ob
er Larin noch hören konnte. Er wollte den Abstand an der Grenze nicht zu groß
werden lassen, falls sein Freund dort angegriffen werden würde. Unterwegs war
er mit Maya immer wieder die Dinge durchgegangen, die sie bereits mit dem
Zauberstab gelernt hatte. Maya war überrascht, wie viel Ahnung er davon hatte,
obwohl er selbst doch keinen Zauberstab benötigte.
Der Wald stand jetzt weniger dicht und der Boden
wurde sandiger.
»Ist das da vorne schon der Beginn der Ebene?«
Maya wusste, dass dort Eldorins Grenze verlief.
»Ja. Gleich hier vorne endet das Waldelfenreich,
und das weite Grasland fängt an. Zuerst finden sich vereinzelte Baumgruppen und
Gebüsch, später kannst du bis zum Horizont blicken. Der Bewuchs bietet eine
ideale Versteckmöglichkeit. Komm ihm nicht zu nahe, Soldaten des
Schattenfürsten könnten dahinter lauern. Larin wird versuchen, von Anfang an
ein hohes Tempo zu reiten. Stell dich also auf einen schnellen Galopp ein.
Sobald die Verfolger ihn sehen, werden sie alles daran setzen, ihn einzukesseln.
Um das zu verhindern muss er schnell durchbrechen, bevor es zu viele werden. Da
es zu seinem Plan gehört, dass die Feinde ihn sehen, kann er den Fluchtversuch
nur im flachen Land wagen. Der Vorteil daran ist, dass auch er seine Feinde
sieht.«
»Meinst du, dass sie wirklich dort sind?«
Ein Funken Hoffnung glomm in ihr auf, dass es
doch bloß Gerüchte waren, dass der Feind sich ungewöhnlich zahlreich rund um
Eldorin aufhielt. Sie klammerte sich für einen Augenblick an die Vorstellung,
dass sich vielleicht ausgerechnet dort in der Ebene niemand herumtrieb. Tief in
ihrem Inneren wusste sie, dass die Wahrheit anders aussah.
Stelláris’ Antwort fiel eindeutig aus. »Sie sind
da, auch wenn du sie nicht sofort bemerken wirst. Die Frage ist nur, wie viele
von ihnen sich hier im Grasland aufhalten.«
Maya hatte vor Aufregung schweißnasse Hände; sie
hatte Mühe, dass ihr die Zügel nicht entglitten. Die Stute
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