Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
sich schon mal mit der Zähmung ihrer widerspenstigen Haare widmen konnte. Für einen kurzen Moment verging Elea der Appetit, da sie mit Schrecken darüber nachsann, welche kunstvolle, unbequeme Frisur, sich die Erste Hofdame für sie ausgedacht haben mochte. Belana sah Eleas schreckenerfüllte Augen, schob sie aber sanft auf den Stuhl und tätschelte ihr beruhigend auf die Schulter. Ein Blick auf die Leckereien auf dem Tablett ließ sie ihre Panik jedoch schnell vergessen.
Die Vorbereitungen dauerten den halben Vormittag. Elea kam es jedoch wie eine Ewigkeit vor. Sie fühlte sich schon wieder müde, obwohl sie entweder nur saß oder herumstand. Ihr fehlte eindeutig frische Luft und Bewegung. Sie sehnte sich nicht nur nach einem Spaziergang, sondern nach einem schnellen, ausgedehnten Lauf, der ihren Herzschlag in die Höhe und ihre Lungen zu ihrem Äußersten treiben würde.
Endlich war Belana mit ihrem Werk fertig. Sie machte ein zufriedenes Gesicht und bugsierte Elea mal wieder durch das Zimmer vor den überdimensionalen Spiegel, damit sie sich betrachten konnte. Elea stockte der Atem. Sie sah eine fremde Frau. Sie musste sich selbst eingestehen, dass sie wirklich schön war. Bisher hatte sie nie viel darauf gegeben, wenn die anderen sich über ihre Schönheit ausließen. Aber jetzt sah sie es mit ihren eigenen Augen. Sie trug ein schlichtes, hellgrünes Kleid, das mit ihren grünen Augen in Einklang stand. Es war aus einem dicken, samtweichen Stoff geschneidert, der eng an ihrem Oberkörper anlag, sodass sich ihre kleinen Brüste deutlich abhoben. Prima! Genau das wollte ich vermeiden, dass meine Weiblichkeit betont wird! Froh war Elea jedoch über den mit einem goldenen Band versehenen Stehkragen, wodurch wenigstens ihr Dekolleté bedeckt war. Die langen, engen Ärmel wurden zu den Händen hin weiter und liefen auf ihrem Handrücken spitz zu. Der Rock des Kleides war zu ihrer großen Erleichterung nicht weit und faltenreich, sondern umschmeichelte nur leicht ihre Beine. Auf ihrer Hüfte lag locker ein Gürtel, auf den dasselbe goldene Band genäht war wie auf dem Stehkragen. Eleas Staunen nahm noch zu, als sie ihr Haar betrachtete, das Belana zum Teil geflochten und zum Teil ungeflochten hochgesteckt hatte, sodass ihr langer, schlanker Hals, der schon durch den Stehkragen hervorstach, noch mehr zur Geltung kam.
Mit dem Kleid konnte Elea leben, aber nicht mit der Frisur. Überall ziepte es und die vielen Nadeln kratzten auf ihrer Kopfhaut. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich die Nadeln aus den Haaren reißen würde. Jäh erklang Belanas schrille Stimme. „Ich habe völlig die Schuhe vergessen. Was machen wir jetzt?“ Belanas Panik war unüberhörbar. Auch in Elea stieg Panik auf. Die Vorstellung ihre Füße jetzt noch in enge, unbequeme Schuhe zwängen zu müssen, würde ihr den Rest geben. Deshalb ignorierte sie einfach Belanas Frage, nahm ihre Stiefel und schlüpfte hinein. Belana schaute mit angehaltenem Atem und bestürzt dreinblickendem Gesicht dabei zu. Bevor sie lautstark protestieren konnte, stand Elea fertig angezogen vor ihr und sagte in keckem Ton: „Belana, ich weiß gar nicht, was Ihr habt? Kein Mensch, sieht unter dem langen Rock die Stiefel, es sei denn ich muss mich bei König Roghan entkleiden.“ Belana rang nach Fassung. „ Ich weiß es! Das genügt! Aber mir wird nichts anderes übrig bleiben, als mit diesem Wissen zu leben. Auf die Schnelle finde ich jetzt keine passenden Schuhe. Außerdem sind wir schon spät dran. König Roghan ist nicht unbedingt der geduldigste Mann. – Himmel hilf mir! - Also gut. Dann bringe ich Euch jetzt zu ihm. - Bevor ich es vergesse, Ihr sollt den Stein mitbringen, den Ihr ohnehin immer um Euren Hals tragt, und irgendeinen Stab.“ Elea holte den Stab aus ihrem Rucksack und verließ mit Belana ihr Zimmer - zum ersten Mal seit fast zwei Tagen. Zu ihrem Verdruss mussten sie kein einziges Mal einen Fuß nach draußen an die frische Luft setzen. Sie durchschritten wieder unzählige Gänge und stiegen immer wieder Treppen hoch und wieder runter, bis sie endlich an einer mit aufwendigen Schnitzereien verzierten Tür ankamen. Belana war unüberhörbar außer Atem, während Elea nicht die geringste Anstrengung anzumerken war. „Elea, den restlichen Weg müsst Ihr alleine gehen. Ich werde heute nicht die endlos lange Wendeltreppe hinaufsteigen. - Euch macht das Treppensteigen offensichtlich überhaupt nichts aus. – Na ja. Jedenfalls am Ende der Treppe
Weitere Kostenlose Bücher