Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
langsam zurück zu seinem Schreibtisch. Maél musste noch einen Augenblick warten, bis seine Erstarrung weit genug gewichen war, damit er seine Glieder wieder bewegen konnte. Als dieser Punkt erreicht war, stürzte er fast fluchtartig zur Tür. Er wollte gerade seine Hand auf den Türgriff legen, als Darrach nochmals die Stimme erhob. „Und vergiss nicht, Maél! Erst wenn alles zu meiner und des Königs Zufriedenheit verlaufen ist, dann darfst du dich ihren Körpern besitzen.“
Maél verharrte in seiner Bewegung. Er wagte es nicht, Darrach sein Gesicht zuzudrehen. Diesmal würde es ihm nicht gelingen, seinen unendlichen Hass gegenüber dem Zauberer aus seinem Gesicht zu verbannen. Er zwang sich, die Tür langsam zum Ausdruck seiner Gelassenheit zu öffnen. Sobald sie sich jedoch hinter ihm geschlossen hatte, eilte er außer sich vor Wut durch die Gänge. Trotz des Rauschens seines Blutes in den Ohren vernahm er plötzlich eine vertraute Stimme, die von draußen durch die geschlossenen Fenster bis zu ihm vordrang. Er konnte nicht widerstehen, anzuhalten und ein Fenster zu öffnen. Vorsichtig warf er einen Blick in die Dunkelheit hinaus. Vor seinen Augen erstreckte sich der Schlossgarten in fast vollkommener Finsternis – mit einer Ausnahme: Von seinem Standort aus erleuchtete etwa siebzig Schritte links von ihm entfernt eine orangerot leuchtende Lichtkugel die nähere Umgebung. Und in dieser Lichtkugel steckten Elea und Finlay. Sie waren beide außer Atem. Dies war unschwer an den Dampfwölkchen zu erkennen, die stoßartig ihrem Mund entströmten. Finlays Keuchen war zudem für seine Ohren unüberhörbar. Kein einziges Wort der beiden entging ihm. Er schüttelte den Kopf und ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen trotz seiner weißglühenden Wut, die er auf Darrach hatte. Sie hat ihn genauso dazu gebracht, mit ihr durch die Gegend zu rennen wie mich.
Mit einem Mal veränderte sich die lockere Stimmung zwischen den beiden. Finlays Stimme hatte einen ernsten Klang angenommen. Dieser verdammte Mistkerl. Der lässt auch gar keine Gelegenheit aus! Jeder einzelne seiner Muskeln schien sich in Erwartung dessen zu versteifen, was Elea Finlay zu antworten gedachte. Sein Körper entspannte sich aber schon wieder nach nur wenigen Augenblicken. Zwei Dinge erfuhr er, als er Eleas Antwort lauschte. Nein. Eigentlich waren es drei. Erstens liebte sie ihn immer noch. Zweitens mochte sie Finlay. Und drittens hatte sie Finlay noch nicht in ihre Geheimnisse eingeweiht. Ihre zartfühlende Stimme zu hören, wie sie flehend auf Finlay einredete, vertrieb die immer noch in seinen Gliedern steckende Kälte, die Darrach in seinen Körper geschickt hatte. Was macht er da? Verflucht! Jetzt küsst er ihre Hand.
Während die beiden den Schlossgarten verließen, blieb Maél noch einen Augenblick am offenen Fenster stehen und atmete tief die frostige Abendluft ein. Er hatte urplötzlich eine Erinnerung aus seiner Jugendzeit vor Augen, als er sich mit Finlay um ein Mädchen prügelte, die dieser ihm mit seinem umwerfenden Charme abspenstig gemacht hatte. Am liebsten wäre er in den Schlossgarten geeilt, um sich wieder mit ihm zu schlagen.
Nachdem Maél die Geschehnisse des Abends – auf seinem Bett liegend - noch einmal vor seinem inneren Auge vorbeiziehen hatte lassen, kam er zu dem Schluss, dass nicht nur Elea und er Geheimnisse vor Darrach hüteten, sondern dass der Zauberer ihm auch Wissen vorenthielt. Er verfolgte seine eigenen Pläne, sonst wäre er im Gegensatz zu Roghan in Bezug auf Elea nicht so beunruhigt, würde sich nicht die Nächte um die Ohren schlagen und wäre nicht so darauf versessen, mit Elea unter vier Augen eine Unterredung zu führen. Er durfte gar nicht daran denken, was er ihr vielleicht antun würde, wenn er mit ihr allein wäre. Ihm war auch nicht sein seltsames Lächeln entgangen, als sie darauf zu sprechen kamen, dass er sie begehrte.
Irgendetwas führt er im Schilde, da bin ich mir sicher. Nur was?
Etwa zur gleichen Zeit lag auch Elea mit ihrem neuen, für sie passend gemachten Kleid im Bett. Nachdem Finlay sie bis zu ihrem Zimmer geleitet und sich von ihr verabschiedet hatte, entledigte sie sich nur ihres Umhangs und ihrer Stiefel und schlüpfte unter die warme Felldecke, unter der sie sich auf dem Schloss am geborgensten fühlte. Sie wusste jetzt schon, dass Belana sie deswegen am nächsten Morgen tadeln würde, aber das war ihr im Moment vollkommen gleichgültig. Sie war innerlich so
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